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Berlin-Wahl im September

CDU und FDP schonen Giffey – aus Kalkül?

Die beiden Oppositionsparteien spekulieren offenbar auf Rot-Schwarz-Gelb als neue Landeskoalition

Norman Hanert
15.06.2021

Der Rücktritt eines Ministers, noch dazu wenige Monate vor Wahlen, stellt für die politische Konkurrenz normalerweise ein gefundenes Fressen dar. Im Fall der am 19. Mai als Bundesfamilienministerin abgetretenen Franziska Giffey ist in der Berliner Landespolitik derzeit jedoch eine verblüffende Entwicklung zu beobachten: Die Oppositionsparteien CDU und FDP halten sich auffällig zurück, die Causa Giffey für den Wahlkampf zu nutzten.

Nur AfD geht Ex-Ministerin hart an

Anlass böte nicht allein der Rücktritt Giffeys nach Plagiatsvorwürfen bei ihrer Doktorarbeit. Obwohl die Berliner SPD-Chefin ihren Ministerposten im Bundeskabinett aufgibt, will sie weiterhin als Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Abgeordnetenhauswahl im September antreten, um Nachfolger des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) zu werden. Aufgegriffen hat die unveränderte Zukunftsplanung Giffeys bislang nur die AfD. Deren Berliner Landesvorsitzende Kristin Brinker forderte Giffey auf, auch auf ihre Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl zu verzichten: „Sie ist nicht nur als Ministerin, sondern auch und erst recht als Regierende Bürgermeisterin von Berlin ungeeignet.“ Brinker weiter: „Die deutsche Hauptstadt ist zu wichtig, um als Resterampe für gescheiterte Politikerexistenzen zu dienen.“

Der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, hatte im Mai den Rücktritt Giffeys wesentlich zurückhaltender kommentiert. Er sprach lediglich davon, der Schritt sei „im Ergebnis unumgänglich“ gewesen. Mit ihrem Rücktritt erspare Giffey dem Land „eine quälende Diskussion“, so der CDU-Politiker. „Es ist klar, dass man nach einem Vorgang wie dem absehbaren Entzug des Doktortitels ein bedeutendes politisches Spitzenamt wie das der Bundesfamilienministerin nicht einfach weiter bekleiden kann.“

Triumph der Grünen verhindern

Kai Wegner, Spitzenkandidat der Berliner CDU, verzichtet sogar gänzlich darauf, Giffeys Festhalten an der Spitzenkandidatur zu kommentieren. Aus der Bundestagsfraktion der FDP sind interne Kommentare bekannt geworden. Der Tenor dabei: „Kein Nachtreten“ in der Causa Giffey. Ein Kommentar zeigt auf die möglichen Hintergründe des schonenden Umgangs mit Giffey. Da hieß es: „Wenn die SPD-Berlin weiter implodiert, gingen die Grünen noch weiter durch die Decke. Das ist nicht in unserem Interesse.“ Tatsächlich deutet sich mit dem Höhenflug der FDP und dem Wiedererstarken der CDU in Umfragen die Möglichkeit für ein Berliner Koalitionsmodell an, das bislang eher selten beachtet wurde.

Sollte die Stärke der FDP bis in den Herbst anhalten, dann könnte ein rot-schwarz-gelbes Regierungsbündnis möglich werden. Aus Sicht der Sozialdemokraten könnte ein derartiges Bündnis einen ganz entscheidenden Vorteil bringen. Umfragen zur Abgeordnetenhauswahl sehen die SPD zwar bei rund 20 Prozent, aber doch deutlich hinter den Grünen auf Platz zwei. Die SPD muss sich somit darauf einrichten, nur Juniorpartner der Grünen zu werden. In einem Bund mit CDU und FDP wären aller Wahrscheinlichkeit nach die Sozialdemokraten der stärkste Partner. Giffey könnte so tatsächlich die Nachfolge von Müller im Amt des Regierenden Bürgermeisters antreten.


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Kommentare

sitra achra am 15.06.21, 11:00 Uhr

Das charakterlose, verlogene Gift-Ei wird die zerstörerische Politik in Berlin mit freundlicher Unterstützung der ehemals bürgerlichen Parteien konsequent fortführen. Was für ein Gewinn für das dermaßen verwöhnte Klientel!

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