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Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung wird die deutsche Wirtschaft jedes Jahr 1,4 Milliarden Euro kosten
Wenn ein Politiker ein neues Amt antritt, dann eilen ihm nicht selten Vorschusslorbeeren voraus. Beim FDP-Politiker Marco Buschmann war das nicht anders. Als Fachkraft in der Fraktion hatte er sich durchaus einen Namen gemacht, als Justizminister galt er daher als Wunschlösung der Liberalen. Doch vieles bei der Ampel-Regierung blieb Stückwerk, und bei Buschmann, der bei Amtsantritt von sich selbst sagte, er wolle zum Entbürokratisierungsminister werden, ist das nicht anders.
Mit Beginn dieses Monats ist ein Gesetz in Kraft getreten, das vor allem Wirtschaftsvertreter auf die Palme bringt. Ampel-Vertreter, allen voran die freidemokratischen, beeilten sich in den vergangenen Monaten stets zu versichern, dass es sich nur um die Umsetzung einer Vorgabe aus Brüssel handele. Das stimmt zwar formal, doch der Vorgabe, dass alle Firmen künftig einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen müssen, haben die Ampel-Vertreter im EU-Parlament vor gut zwei Jahren zugestimmt. Als die Umsetzung der EU-Verordnung in die heiße Phase ging, musste das liberal geführte Justizressort Farbe bekennen. Denn die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung (CSRD) kommt die deutsche Wirtschaft mit einem finanziellen Aufwand von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr teuer zu stehen. In einem ersten Schritt werden 750 Millionen Euro fällig. Fast kleinlaut räumte Buschmann ein, dass es sich dabei ausschließlich um Bürokratiekosten handeln werde. „Es ist kein Geheimnis, dass ich über diese Regelungen unglücklich bin“, sagte Buschmann Ende Juni. Denn die neuen Regelungen würden vor allem Mehrbelastungen für die deutsche Wirtschaft bedeuten. „Das hätte es so nicht gebraucht“, sagte Buschmann.
Seit dem 1. Juli in Kraft
Mehr als 13.000 deutsche Kapitalgesellschaften sind ab sofort verpflichtet, einmal pro Jahr einen Bericht über ihre ökologischen und sozialen Ziele vorzulegen. Die Berichte sollen der Finanzbranche Empfehlungen für Investitionen geben. Das Ganze ist Bestandteil des sogenannten Green Deals, einem Lieblingsprojekt der EU. Die Ampel – wohlgemerkt vor nicht einmal drei Jahren auf der Seite der Befürworter – kann sich derzeit gar nicht schnell genug von dem eigenen Projekt distanzieren. „Seit Aufzeichnungsbeginn der Bürokratiekosten im Jahr 2006 hat kein Gesetz Kosten in dieser Größenordnung verursacht“, räumte Lutz Göbel, Chef des Normenkontrollrats der Bundesregierung, ein. Das Ansinnen der EU war ursprünglich, ein nachhaltiges und inklusives Wachstum dadurch zu erreichen, dass Finanzströme auf ökologisch korrekte Projekte umgeleitet werden.
Die Pflichten des CSRD umfassen die Veröffentlichung von Informationen zu verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit. Unter anderem müssen die Unternehmen darlegen, wie ihre Ausrichtung mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und dem Erreichen des 1,5-Grad-Ziels vereinbar ist.
Keiner will's gewesen sein
Neben dem bürokratischen Aufwand und finanziellen Belastungen kommt ein weiteres Problem hinzu. Berichtspflichtige Unternehmen wollen offenbar Fragen zu ihrer Lieferkette an kleinere Betriebe weitergeben, die nach den Gesetzesvorgaben eigentlich nicht zur Abgabe von Daten verpflichtet werden sollten. Dies sollte nämlich erst ab einer Betriebsgröße von 250 Mitarbeitern der Fall sein. Nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft planen dennoch 36 Prozent dieser kleineren Unternehmen, Berichte abzugeben. Teilweise sollen dafür Mitarbeiter geschult oder neues Personal eingestellt werden. Teilweise sollen sogar externe Dienstleister verpflichtet werden. Eine regelrechte Geldverbrennungsmaschine dürfte entstehen.
Die Forscher vom Institut der Deutschen Wirtschaft berichten von einer großen Unsicherheit bei der Frage, wer eigentlich abgabepflichtig sei oder wer nicht. Der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats im Finanzministerium, bringt es dem „Spiegel“ gegenüber auf den Punkt: „Dieses Gesetz hat in der Wirtschaft für ein großes Durcheinander gesorgt.“ Viele Finanzvorstände hätten wichtige Bestandteile der Berichte als weitgehend irrelevant eingestuft. Der Datenaufwand sei zudem enorm. Kaum jemand blicke noch durch. Justizminister Buschmann hatte gefordert, den „Bürokratie-Burn-Out“ der Unternehmen zu beenden. Das hört sich witzig an, ist aber bitterernst. „Diese Richtlinie ist ein neues Negativbeispiel für maßlosen Verwaltungsaufwand“, kritisierte Rainer Kirchendörfer, Vorstandssprecher der Stiftung Familienunternehmer und Politik.
Matthias Höppner am 09.07.24, 17:53 Uhr
Sie schreiben: "Das Ganze ist Bestandteil des sogenannten Green Deals, einem Lieblingsprojekt der EU."
Leider sind auch Sie da dem grassierenden Dativismus-Virus erlegen.
Lieblingsprojekt ist hier eine Apposition zu Green Deal. Appositionen stehen im selben Kasus wie ihr Beziehungswort. Das Beziehungswort (Green Deal) steht im Genitiv. Es müsste also "eines Lieblingsprojekts" heissen.
Wahrscheinlich ist Ihnen die unbewusste Assoziation zu "von dem ... Green Deal" im Dativ in die Quere gekommen. Eine Erklärung, für einen sprachbewussten Journalisten aber keine Entschuldigung.
Ich wünsche gute Verbesserung.
M. Höppner