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Verkehr

„Das kann so nicht weitergehen“

Politik greift bei der Berliner S-Bahn-Krise durch und droht der Bahn sogar mit Mittelentzug

Hermann Müller
28.08.2025

Schon 2009 hatten Einsparungen bei der Wartung von Zügen zu einem ausgewachsenen Desaster bei der Berliner S-Bahn geführt. Nun steckt die Bahn-Tochter erneut in der Krise. Defekte Stellwerke und Signalstörungen brachten in Berlin immer wieder den Betrieb der S-Bahn zum stehen. Vor allem auf der wichtigen Innenstadtstrecke der sogenannten Stadtbahn, die das Zentrum Berlins von Ost nach West durchquert, ist es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Störungen gekommen.

Den vorläufigen Tiefpunkt mussten Berliner und Hauptstadtbesucher am 18. August, einem Montag, verkraften. Ein defektes Stellwerk in Bellevue und defekte Signale legten im morgendlichen Berufsverkehr einen großen Teil des S-Bahnnetzes komplett lahm. Betroffen waren zwölf der insgesamt 16 Linien. Am darauffolgenden Dienstag kam es erneut zu Verzögerungen und Ausfällen – betroffen waren diesmal vor allem die Linien S1, S5, S7 und S8 sowie mehrere Verbindungen der Ringbahn.

Appell zum Krisengespräch
Zusammen mit den fast täglichen Störungen in Stellwerken und Signalausfällen der vergangenen Wochen war dies für Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) Anlass, Vertreter der Bahn zu einem Krisengespräch zu bitten. Verbunden war dies mit einer klaren Ankündigung der Senatorin: „Das kann so nicht weitergehen.“ Vonseiten des Bahn-Konzerns waren zum Krisengespräch am 20. August der DB-Bevollmächtigte in der Region, Alexander Kaczmarek, S-Bahn-Chef Peter Buchner sowie zwei Vertreter von DB InfraGo erschienen.

Die Bahnmanager machten deutlich, dass sie inzwischen einen konkreten Verdacht hätten, wie es immer wieder zu den Signalstörungen komme. Laut Bahnrecherchen ist es Staub, aber auch Abfall auf den Gleisen, die den Sensoren zur Gleisfreimeldung zu schaffen machen. Die gestörte Technik lasse die Signale aus Sicherheitsgründen dann auf Rot springen.

Auf den betroffenen Streckenabschnitten müsse jede einzelne Zugfahrt von Bahnmitarbeitern freigegeben werden. Probeweise hat die Bahn einen Abschnitt am Hackeschen Markt öfter als sonst üblich reinigen lassen – mit Erfolg: „Seit Juni gibt es auf diesem Abschnitt keinen Ärger mehr.“ Zur Stabilisierung des S-Bahn-Verkehrs will die Bahn nun offenbar auch andere Gleisabschnitte öfter säubern lassen.

Auf eine grundlegende Erneuerung der Technik werden die Berliner S-Bahnnutzer möglicherweise noch zehn Jahre warten müssen. Die in den 1990er Jahren verbaute Technik soll nach den bisherigen Bahnplänen erst Mitte der 2030er Jahre ersetzt werden. Wie im Zusammenhang mit dem Krisengipfel gemeldet wurde, prüft die Bahn inzwischen, zumindest die Grunderneuerung der rund drei Jahrzehnte alten Technik im Bereich der extrem wichtigen Stadtbahn vorzuziehen.

Wartet die Bahn allerdings zu lange, bekommt sie das auch finanziell zu spüren. Wie Bonde betont hat, werde der Senat dem Betreiber die Gelder kürzen, wenn Leistungen nicht erbracht würden. Nach Senatsangaben hat das Land Berlin im ersten Halbjahr bereits Zahlungen über 12,8 Millionen Euro an die S-Bahn Berlin GmbH einbehalten.

Weiter mit veralteter Technik
Im Zusammenhang mit den Problemen bei der Berliner S-Bahn kritisierte Martin Pogatzki, Vorstand des Fahrgastverbandes Pro Bahn vom Landesverband Berlin-Brandenburg, das Kernproblem der Bahn sei, dass in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig in die Infrastruktur investiert worden sei. Der Bund habe stattdessen nur auf den Gewinn geachtet: „Von daher wurde gespart, wo es irgendwo ging, sowohl am Personal wie auch an der Technik.“ Die Folge ist laut Pro Bahn nun ein Netz, das auf Verschleiß gefahren wird.

Bereits Anfang August hat die Bahn mit der Sanierung der 280 Kilometer langen Strecke zwischen Hamburg und Berlin begonnen. Zu dem Zweck haben die Verantwortlichen die Strecke für neun Monate komplett gesperrt. Für täglich zehntausende Fahrgäste bedeutet dies massive Umwege oder längere Fahrtzeiten mit Ersatzbussen. Im Gegenzug zu diesen Belastungen der Reisenden haben die bisherige Bahnführung und auch die vorige Bundesregierung eine rundum erneuerte Hochleistungsstrecke in Aussicht gestellt, auf der nach Fertigstellung jahrelang keine Bauarbeiten mehr nötig seien.

Allerdings hat ein Bauleiter eines involvierten Bahnbauunternehmens inzwischen aufgedeckt, dass die angekündigte Generalsanierung in Wirklichkeit zu einer erweiterten Instandhaltung zusammengeschrumpft sei. Bereits im Mai war bekannt geworden, dass die Bahntochter DB InfraGo während der Generalsanierung doch noch kein digitales Zugsicherungssystem verbauen wird. Auf das moderne und leistungsfähigere System umrüsten will die Bahn erst in den frühen 2030er Jahren. Bis dahin will DB InfraGo auf der Strecke weiterhin die bisherigen Zugsicherungssysteme nutzen.


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