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Wie es doch wieder bürokratisch wird, und was unsere Freunde (auch) von uns wollen könnten
Die guten Ideen sprudeln nur so aus der Flasche. Wie wir Putin lahmlegen und zur Aufgabe zwingen, wie wir unsere Energieversorgung unabhängiger machen oder wie wir die leidenden Autofahrer und Fuhrunternehmer entlasten. Zu allem taucht etwas auf. Allerdings müssen wir uns wohl darauf gefasst machen, dass das meiste davon auch so endet wie das Gesprudel aus der geschüttelten Brauseflasche – als Fleck auf der Tischdecke.
Norbert Röttgen fordert wie viele den sofortigen Stopp der Gasimporte aus Russland. Bis zum Herbst hätten wir ja noch die Restreserven in unseren Gasspeichern. Und bis die alle sind, in acht Monaten oder so, hätten wir ja Zeit, die ganze deutsche Energiepolitik umzukrempeln.
In acht Monaten also. Zur Erinnerung: Seit etwa einem Vierteljahrhundert bastelt Deutschland an einer Energiewende herum. Das Muster hieß: Wir stellen die alten, atomaren und fossilen Quellen erst ab, und dann sehen wir mal, wie es weitergeht. Die immer größere Energielücke wurde gefüllt mit Phrasen und russischem Gas. Wenn das Gas weg ist, bleiben nur noch die Phrasen.
Solche etwa: Luisa Neubauer von „Fridays for Future“ stellt euphorisch fest, Sonnen- und Windenergie seien die einzigen Energien, die nicht teurer geworden seien durch den Krieg. Ganz im Sinne von Christian Lindners Spruch von der „Freiheitsenergie“ heiße es nun, erst recht auf Sonne und Wind umzustellen.
Da kommt selbst Robert Habeck ins Schwitzen. Wieso? Vermutlich hat er sich die Zahlen seines eigenen Ministeriums kommen lassen und daraufhin einen leichten Schwächeanfall erlitten. Danach haben Wind- und Solaranlagen im vergangenen Jahre gerade einmal fünf Prozent des Primärenergieverbrauchs gedeckt (Wind 3,6 und Sonne 1,6). Daher sprechen die Wind- und Sonne-Lobbyisten ja auch viel lieber von den großen Fortschritten bei der „installierten Leistung“. Die Wortschöpfung ist an sich schon Mogelei. Ein Windrad, das stillsteht, und eine Solaranlage bei Nacht bleiben zwar weiterhin „installiert“ – sie „leisten“ aber nichts.
Und dann sei noch mal an das Zeitfenster erinnert: acht Monate. Wie viel kann man in der kurzen Frist installieren? Also werden wir andere Gas-, Öl- und Kohlelieferanten finden müssen, um Russland zu ersetzen. Und so hat Röttgen das sicherlich auch gemeint. Folgen wir also seinem Vorschlag, klemmen wir das Russengas ab und suchen uns neue Verkäufer. Ob wir die überhaupt finden? Och, da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Die werden uns sogar euphorisch entgegenstürmen. Warum?
Weil sie alle wissen werden, dass spätestens im Herbst, also zum Beginn der Hauptsaison in Sachen Energiehunger, der letzte Gasfurz aus unseren Speichern entwichen sein wird und wir (buchstäblich) um jeden Preis kaufen müssen. Die Gasexporteure werden uns hilfsbereit lächelnd das Fell über die Ohren ziehen, ohne dass wir das Geringste dagegen tun können.
Übrigens: Einige unserer guten Freunde und Partner, die uns vorwurfsvoll zum Verzicht auf das vermaledeite Russengas gemahnt haben, sitzen selber auf recht stattlichen Erdgasvorkommen. Ein Schelm, der dabei denkt, dass die sich schon auf das viele Geld freuen, dass sie mit der deutschen Energiekrise verdienen könnten. Und deutsche Industriebetriebe, die wegen der untragbar hoch geschraubten deutschen Energiepreise das Land verlassen müssen, die werden sie mit offenen Armen empfangen.
Volle Packung für die Mittelschicht
Was soll's. Im Augenblick haben wir ganz andere, viel akutere Probleme zu stemmen. Erste Speditionen machen schon schlapp wegen der astronomischen Spritpreise, und der Auto-Normalverbraucher traut seinen Augen nicht mehr. Zunächst beim Blick auf die Preistafel an der Tanke, danach bei dem in sein Portemonnaie.
Zu unserer Erleichterung wurde schnelle und unbürokratische Hilfe versprochen. Schnell und unbürokratisch – das klingt immer toll. Es sei denn, diese schönen Worte quellen aus dem Munde eines Politikers. Dann hören wir das Bürokratiemonster schon fauchen, das sich hinter der netten Parole mal wieder warmläuft.
Manchmal dauert es ein Weilchen, bis es seine Krallen ausfährt, doch diesmal ging alles ganz schnell. Als Finanzminister Lindner von einem „Tank-Rabatt“ zu reden anfing, durften wir nur ein paar Sekunden lang hoffen, dass er es so machen will wie die anderen Länder in der Nachbarschaft: Dort hat man einfach die Steuern auf Kraftstoff gesenkt, und fertig war's.
Nicht so bei uns, wo das Monster schließlich was zu fressen fordert. Also gebar der FDP-Chef die Idee mit einem Rabatt, den die Tankstellen-Betreiber den Kunden auszahlen, um die Summe später beim Finanzamt geltend machen zu können. Die Auszahlung durch die Ämter dürfte ein Weilchen dauern, schließlich müssen die Beamten die Rechtmäßigkeit der Ansprüche in jedem Einzelfall „schnell und unbürokratisch“ prüfen. Bis zur Auszahlung haben die Tankstellen-Betreiber auf Befehl des Staates also einen zinslosen Kredit ausgegeben.
Lindners Koalitionspartnern war das aber noch nicht genug. Auch solle der Rabatt „sozial“ und „ökologisch“ ausgestaltet werden. Das Monster schnauft vor Vergnügen. „Sozial“ heißt, dass nur Geringverdiener und Grundsicherungsempfänger entlastet werden sollten.
Das übliche Muster also: Während die Armen entlastet werden und die sehr Wohlhabenden unter den höheren Preisen ohnehin weniger leiden, bekommt die breite Mittelschicht mal wieder die volle Packung ab. Später werden linke Sozialforscher Alarm schlagen, dass „die Mitte schrumpft“ und dafür den Kapitalismus verantwortlich machen – nicht den Staat. Was „ökologisch“ in dem Zusammenhang bedeutet, hat uns Katrin Göring-Eckardt erklärt: Lindners Vorschlag mit dem Sprit-Rabatt sei „die denkbar schlechteste Antwort auf die Preise“ und bedeute „mehr Fossilistan statt Entlastung mit Zukunft“.
Als diese Zeilen geschrieben werden, war noch nicht erkennbar, was wohl übrig bleiben würde von der Rabatt-Idee. Also warten wir es einfach ab und ... Moment mal! Was hat Göring-Eckardt da gerade geunkt? „Fossilistan“? Soll das etwa heißen, dass die grüne Vize-Bundestagspräsidentin alle Länder, deren Namen auf „stan“ endet, pauschal für rückständig erklärt? Wie nennt man das?
Oh, da fällt uns eine ganze Menge ein: Rassismus, westlicher Überlegenheitsdünkel und auf jeden Fall ziemlich viel „alte weiße Frau“. Dass der Lapsus niemandem aufgefallen ist! Gerade in jenen Kreisen, in denen Aussagen schon lange nicht mehr nach ihrem Gehalt beurteilt werden, sondern danach, ob auch alles politisch korrekt formuliert und gegendert ist. Selbst bei Naturkatastrophen steht das Gendern im Vordergrund und nicht die Katastrophenabwehr, wie wir seit dem Ahrtal-Desaster wissen.
sitra achra am 25.03.22, 13:15 Uhr
Ich mag den Tagträumer aus Großenwiehe auch nicht leiden. Aber hier tut er das einzig Richtige und erfüllt seinen Amtseid. Er versucht, den Energienotstand, der uns erwartet, größtmöglichst zu vermeiden. Und da ist es nun mal notwendig, in aller Welt Klinken zu putzen.
Wer will schon das Kriegsverbrechergas aus Iwanistan kaufen? Anständige Menschen sicher nicht.
Micha . am 19.03.22, 21:49 Uhr
Na wenn das kein Trost ist: Bis irgendwann, aber sicher der Blackout kommt, sind wir nächstes Jahr um diese Zeit längst erfroren.
Ich hoffe sehr, daß sich dann wenigstens die Überlebenden daran erinnern, daß nicht Putin, sondern unsere EIGENE Regierung uns die Energie abgedreht hat...
Michael Mechtel am 19.03.22, 20:45 Uhr
Unser Energieminister ist gerade am Klinkenputzen bei den Autokraten dieser Welt, um von deren ach so sauberem Gas noch was abzubekommen. Hauptsache, nichts vom "bösen" Putin. Haben ihm sicher unsere amerikanischen "Freunde" eingeschärft.
Damit haben wir dann auch wirklich alle Abhängigkeiten hinter uns gelassen. Und das Verschiffen von Flüssiggas über die Ozeane ist auch so unglaublich umweltfreundlich und CO2-neutral! Warum sind die Grünen da nicht schon viel früher drauf gekommen?
Und dass wir noch gar keine Anlandeterminals haben - halb so schlimm. Fürs Klima u n d gegen Putin frieren zu dürfen, das macht doch gleich doppelt Spaß!
Chris Benthe am 19.03.22, 16:04 Uhr
Eigentlich hat es ja überhaupt keinen Sinn mehr, sich an diesem politischen Personal abzuarbeiten. Wenn da nicht die Hoffnung wäre, dass es dem einen oder anderen endlich dämmert. Die ausbleibenden Lichtreflexe, die immer so hübsch verblendet hatten, müssten, angesichts geplatzter Komfort-Seifenblasen, eigentlich aufrütteln. Der Normalverbraucher müsste sich jetzt die Fragen stellen, denen er bis vor kurzem immer noch ausweichen zu können glaubte. Der eklatant hohe Benzinpreis bedroht die kleinen Raserfluchten am Wochenende, und im Supermarkt mehren sich die Lücken in den Regalen. Die Weltabgewandtheit auf dem TV-Sofa will nicht mehr so recht funktionieren, die Einschläge kommen näher. Und die großen Redenschwinger der politischen Bühne stehen nackt da. Man darf gespannt sein, ob es vom Raunen zum kollektiven Aufschrei kommt : "Aber sie haben ja nichts an". Noch erträgt der Michel alles, nimmt alle Zumutungen hin. Je länger er wartet, desto schlimmer wird es am Ende werden. Und das kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.
Danke für den Artikel. Man fühlt sich nicht so allein.
Waffenstudent Franz am 19.03.22, 09:53 Uhr
Auch, wenn es den meisten nicht paßt, so muß dennoch gesagt werden, daß die Deutschen anno 1944 mit überragenden Kenntnissen und Erfahrungen im Bereich Energiegewinnung wuchern konnten. Denn der ganze Krieg wurde praktisch nur mit "Alternativen Energien" geführt.
Bis in die Achtziger des letzten Jahrhundert wurde offen darüber geredet, der Gewinnung von Öl aus galizischen Löwenzahnwurzeln oder der Ölgewinnung aus bester "Schwarzerde". Aber dann wurden diese Seiten von "Deutschem Denken und Schaffen" politisch korrekt geschreddert.
Ach ja, dann gab es noch die kriegsbedingte archaische Energiegewinnung per Muskelkraft. Die Sieger über den NS-Staat konnten es nicht glauben, als sie erbrachte Energie von Motoren mit denen von Handarbeitern verglichen.
Heute steht in fast jeder Klitsche ein Gabelstapler, der nur stundenweise benutzt wird. Zu meiner Zeit kamen unter die Paletten lange Bohlen. Acht Männer, bei Bedarf auch mehr, packten die Bohlen und hoben mit ihrer Hilfe die Palette auf eine Ladefläche. Ebenso wurde abgeladen.
Mit etwa 80 Prozent machen die Personalkosten den Löwenanteil an den Gesamtkosten aus. Sie werden etwa herangezogen, um für die innerbetriebliche Kostenrechnung einen Stundensatz für den Staplereinsatz zu kalkulieren. Dabei werden die relevanten Personalkosten durch die erwarteten Leistungsstunden eines Jahres geteilt, ohne zu berücksichtigen, welche Leistung pro Stunde abgerufen wird.
Man sieht, Anschaffung, Unterhalt, Verwaltung, Wartung und die steuerrechtliche Behandlung eines Gabelstaplers entwickeln sich zu einer teuren Kostenstelle.
Wenn der Gabelstapler zukünftig wegen gähnend leerer Firmenkasse nicht einsatzbereit ist, wird man wieder mit der Nachkriegsmethode arbeiten müssen.