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Corona-Bonds

Das Virus als Schuldenfresser

Ein altes Schreckgespenst taucht wieder auf: die gemeinschaftliche Schuldenhaftung für Italien und Spanien

Peter Entinger
14.04.2020

Als Komiker kann man in Italien politische Karriere machen. Beppe Grillo, Gründer der Fünf Sterne-Bewegung, ist das beste Beispiel. Seine Partei stellt derzeit mit Guiseppe Conte den Ministerpräsidenten. Das Land ist von der Corona-Pandemie besonders betroffen. Viele Probleme sind dabei hausgemacht. Doch die Zeche sollen andere bezahlen, am besten die Deutschen.

Während Conte eher diplomatisch um europäische Solidarität kämpft, packte ein anderer schwere Geschütze aus. Der in Italien sehr prominente Komiker und Schauspieler Tullio Solenghi beschimpft in einem Video die EU und Deutschland. Der 72-Jährige wirft den Deutschen vor, „arrogant“ und „kaltherzig“ zu handeln, indem sie Italien in der Corona-Krise im Stich ließen. Er erwähnt die NS-Geschichte Deutschlands – und zeigt vor diesem Hintergrund kein Verständnis für die Haltung Berlins. Das Video wurde mehrere hunderttausend Mal angeklickt.

Und auch Giorgia Meloni, Vorsitzende der Rechtspartei Brüder Italiens, legte nach. Deutschland treibe Italien absichtlich in den Ruin, um die wertvollen italienischen Unternehmen entern zu können. Die EU sei ein Projekt, dass Deutschland zur Alleinherrschaft auf dem Kontinent verhelfen solle.

Schon zu Zeiten der Euro-Krise wurde vor allem von den Südländern eine Vergemeinschaftung der europäischen Schulden gefordert. Eurobonds nannte man die geplanten Anleihen damals. Heute werden sie euphemistisch Coronabonds genannt. Sie kämen den südeuropäischen Ländern zugute, deren Schulden bedrohlich wachsen. Die Bundesrepublik würde ihre momentane Stabilität an Länder wie Spanien und Italien verleihen, die damit wieder billiger an neue Kredite kämen.

Derzeit bereitet die EU-Kommission zusammen mit anderen Institutionen wie der Europäischen Zentralbank einen „Aktionsplan für eine umfassende wirtschaftliche Erholung und beispiellose Investitionen“ vor. „Da soll ein alter Zombie wiederbelebt werden, er hieß früher Euro-bonds“, kritisiert Markus Ferber, Finanzexperte der CSU im EU-Parlament gegenüber dem „Focus“. Dabei betont er, dass jeder Entscheidung in Richtung Euro-Bonds der Bundestag und andere Nationalparlamente zustimmen müssten. Daher ist es fraglich, ob die Coronabonds kommen, da auch andere Länder Vorbehalte hegen.

Da sich die Staats- und Regierungschefs der EU bislang nicht einigen konnten, sollen die Finanzminister der 19 Euro-Länder Vorschläge erarbeiten. Der Druck auf die sparsameren EU-Länder wächst dabei. Neben der Bundesrepublik sperren sich bislang vor allem Österreich, Finnland und die Niederlande gegen die Corona-Bonds. Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra räumte indes zuletzt Fehler in der Debatte über Corona-Hilfen ein. Einige seiner Bemerkungen hätten eine „zu geringe Anteilnahme“ für die besonders betroffenen Länder gezeigt, sagte er.

Zuvor hatte Hoekstra erklärt, seine Regierung sehe keine Notwendigkeit, Staaten, die schlecht gewirtschaftet hätten, aus der Klemme zu helfen. In Italien haben mehrere Bürgermeister nun Zeitungsanzeigen geschaltet und darauf hingewiesen, dass Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Schulden in Milliarden-Höhe erlassen worden seien.

Ähnliche Stimmen sind aus Spanien zu hören. Und auch in der Bundesrepublik gibt es Sympathien für gemeinschaftliche Schuldenhaftung. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans ist einer der Wortführer. „Ich bin sehr dafür“, sagte er im Deutschlandfunk. „Dass die Corona-Bonds am Ende aus meiner persönlichen Sicht und vieler anderer auch gerade in der Sozialdemokratie der richtigere Weg wären, bleibt unbestritten.“

Ähnliche Wortmeldungen kamen aus den Reihen der Grünen. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz widersprachen prompt. Doch auch ihr Widerstand könnte bröckeln, sollte der Druck noch größer werden.


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