21.12.2025

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Weihnachten einst in Pommern: Knecht Ruprecht mit Bär, Storch, Schimmelreiter und Schnabbuck – und links: der „Weihnachtsmann aus dem Karton“
Bilder: Archiv – Weihnachtsmann – Seegert,Weihnachten einst in Pommern: Knecht Ruprecht mit Bär, Storch, Schimmelreiter und Schnabbuck – und links: der „Weihnachtsmann aus dem Karton“

Das Weihnachtsgeheimnis

Traditionen werden in der Familie von Generation zu Generation weitergegeben

Torsten Seegert
21.12.2025

Draußen fegte wieder mal ein eisiger Wind um die Häuser. Er wirbelte einige der Flocken über den leichten Deckschnee, der bereits am Nachmittag gefallen war und dessen Oberfläche im Abendlicht leicht glitzerte. Wohl dem, der nun nicht mehr unterwegs sein musste, an diesem Weihnachtsabend.

Die Kohlen im Ofen ruckten, das gerade eingelegte Holz knackte deutlich hörbar. Ab und zu knisterten auch ein paar der Nadeln, die vom geschlagenen und nun bereits geschmückten Tannenbaum stammten und ebenfalls ihren Weg ins Feuerloch gefunden hatten.

Im großen Zimmer lag der Duft von Bratäpfeln in der Luft, die bis gerade eben in der Ofenröhre geschmort hatten. Und wir Kinder? Wir warteten gespannt auf das, was jetzt passieren würde. Schließlich war Heiligabend! Dann schließlich durchbrach ein lautes dumpfes Klopfen diese angespannte Stille.

Während Mutter zur Tür lief, um sie zu öffnen, duckten wir uns lieber und zogen vorsichtig den Kopf in den Nacken. Über den alten Steinfußboden des Flures zogen sich, polternd unter den Stiefeln, lange schwere Schritte. Die Zimmertür öffnete sich mit einem Ruck, und da stand er nun, von großer Gestalt: Der Weihnachtsmann.

Irgendwie wirkte er unheimlich mit seinem langen Bart und dem roten Gewand, in das er sich gehüllt hatte. Wir Kinder hatten vorsichtshalber unter dem Tisch ein sicheres Versteck gesucht, krochen jetzt aber unter diesem hervor – erst etwas zaghaft, aber auch neugierig, was denn der Mann wohl für uns mitgebracht haben könnte.

Trotz seiner angenehmen Stimme blieb die Spannung und Ehrfurcht erhalten. Schließlich hatte er ja noch eine Rute dabei. Sie diente ihm zum Unterstreichen der Forderungen, etwas vorzutragen

– denn ohne dem wäre der Sack wohl kaum geöffnet worden. Doch mit den Jahren verschwand bei uns Kindern auch die Angst vor dem Weihnachtsmann. Unsere Aufmerksamkeit galt damit am Heiligabend mehr und mehr den Details. So bemerkten wir beispielsweise, dass der Weihnachtsmann Vaters alte Stiefel, seine geliebten „Knobelbecher“, trug. Außerdem verpasste Vater jedes Jahr den Weihnachtsmann – bis uns letztlich klar wurde, das konnte unmöglich ein Zufall sein.

Die Jahre zogen dahin, wir kamen ins Jugendalter. Angesprochen auf Weihnachten und warum der Weihnachtsmann nicht mehr kam – stattdessen die Geschenke nun immer bereits unterm Baum liegen würden, meinte Vater schließlich, dass wir für einen Weihnachtsmann ja eigentlich auch schon zu alt geworden wären. Obwohl, dafür ist man eigentlich nie zu alt.

Weitere Jahre vergingen. Mein Sohn wurde geboren. Aus Eltern waren Großeltern geworden. Als nun wieder die Adventszeit begann, kam es zu einer großen Überraschung. Vater drückte mir einen alten grauen Karton in die Hand, der fein säuberlich mit einem Band verschnürt war. Die aufgeleimte Postleitzahl „2353“ verriet, dass es sich dabei um ein altes Relikt handeln musste. Gespannt öffnete ich das Paket. Nun offenbarte sich mir ein längst vermutetes und lange gehütetes Geheimnis: Eine alte Weihnachtsmann-Larve mit langem grauem Bart, ein langer roter Mantel und ein Hüftstrick bedurften keiner weiteren Erklärung.

Dieses Weihnachtsfest wird wohl wieder der Weihnachtsmann kommen. Er wird wieder laut und kräftig an die Tür pochen. Und wieder werden Kinderaugen gebannt und ehrfürchtig auf den Weihnachtsmann schauen – in freudiger Erwartung auf die eine oder andere Überraschung, die er aus seinem Jutesack zaubern wird.

Die Sache hat allerdings nur einen Haken: Ich werde wohl ab jetzt Jahr für Jahr den Weihnachtsmann verpassen. Eigentlich schade! Aber irgendwann werden die Kinder wieder zu groß für den Weihnachtsmann sein und dann wird dieser alte Karton erneut den Besitzer wechseln – so, wie es in der Familie gelebte Tradition ist.


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