Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Vielfältige Vereinigungen führten zum Beginn der Inneren Mission in Pommern
Wir schreiben das Jahr 1848. Es ist nicht nur das Jahr der Revolution, gespeist aus wirtschaftlicher Not, sozialen Spannungen in der Gesellschaft sowie Forderungen nach Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, sondern auch der Zeitpunkt als kirchliche Kräfte sich in Wittenberg trafen und der Hamburger Johann Hinrich Wichern sie zur Inneren Mission aufrief. Er verband damit die Zielstellung, sich nicht nur um die Probleme der Welt, sondern sich auch endlich den sozialen Notlagen im eigenen Land zuzuwenden.
Wichern, den seit 1843 selbst sechs seiner Reisen nach Pommern – unter anderem nach Vorpommern mit Stralsund, Greifswald und Stettin sowie Lebbin auf der Insel Wollin – führten, fand mit seinen Worten in diesem Land am Meer, besonders in christlich erweckten Kreisen, einen Widerhall. Zu jener Zeit gab es bereits Aktivitäten von Missionsvereinen, welche die Missionierung in Afrika und Asien – die „äußere Mission“ – förderten und nun für die „innere Mission“ – also die in der Heimat – aufgeschlossen waren.
Dabei konnte sich die „innere Mission“ auf bereits bestehende Vereine stützen, wie dem vielleicht 1. deutschen Frauenverein, der 1817 in Barth von Margaretha Friederika Antoinette von Lilienström begründet wurde, oder den Mäßigkeitsvereinen auf der Insel Rügen und in Stralsund. Zudem gab es zu jener Zeit bereits Rettungshäuser für verwahrloste Kinder und Jugendliche, die hier in christlichem Sinne erzogen und durch Haus- und Feldarbeit ihren Platz im Leben finden sollten.
Fürsorge ist das Motiv
Eben in jenem Landesteil, der als letzter wieder mit Pommern nach 1815 vereinigt wurde, gab es die erste Reaktion zu Wicherns Aufruf zur Inneren Mission. Es wurde der „Verein für Freunde der Inneren Mission in Neuvorpommern und Rügen“ gegründet, der zu den drei Mitgliedern des ins Leben gerufenen Central-Ausschusses gehören sollte. Nach einer flammenden Rede Wicherns in der Stettiner Elisabeth-Schule vor über 400 Besuchern, erfolgte am Folgetag des 1. März 1849 die Gründung des Pommerschen Provinzialvereins.
Neben der Bestimmung der Züllchower Anstalten als Dienstsitz, der Begründung einer Diakonenanstalt wurden diese ersten Schritte zur Inneren Mission durch Erweckungs- und Rettungspredigten (18. März) von pommerschen Kanzeln und durch die Schriftenmission, dem „Züllchower Boten“, flankiert, sowie der Beitritt zum Central-Ausschuss beschlossen.
Der 1. März 1849 gilt heute als das „nachhaltigste Datum der Pommerschen Evangelischen Kirche im 19. Jahrhundert“, wie Friedrich Bartels festhält. Bartels, ein Pastor, der sich intensiv mit den „Missionsreisen“ des „Apostels“ Wichern durch Pommern beschäftigte, und als Vorstand sowie im späteren Ruhestand zur pommerschen Diakoniegeschichte forschte, hat seine Ergebnisse in dem Beitrag „Johann Wichern und Pommern“ anschaulich und leicht verständlich dargestellt. Er ergänzt damit eine Festschrift, die 1928 zum 50. Jubiläum unter dem Titel „Die Innere Mission in Pommern“ veröffentlicht wurde. Dass sich diese wiederum auf das Jahr 1878 bezieht, erklärt sich aus dem schwierigen Beginn der Inneren Mission. Schlossen sich dieser die Vereine von Zanow (1849), an der Plöne (1850), an der Ihna (1851) und in Stargard an, so weitete sich zunächst auch die Betätigung auf die Missionsarbeit mit entlassenen Sträflingen aus. Dazu hatte ein Verein, der vom Rittergutsbesitzer Andrae auf Roman geführt wurde, 600 Morgen Land von seinem Gutsbesitz ausgegründet, um den ehemaligen Sträflingen eine Perspektive zu geben.
Diakonie und Johanniter
Der gut gemeinten Zuflucht mangelte es aber schon bald an Insassen, sodass mit königlichem Erlass Sträflinge aus Naugard, die einen Großteil der Strafe bereits verbüßt hatten, hier eine Begnadigung bei guter Führung in Aussicht gestellt bekamen. Doch 1856 fehlte es an Geld. Wurde dieses zunächst durch die „Pommersche Asyl- und Gefängnisgesellschaft“ aufgebracht, musste die Anstalt jedoch 1866 aufgelöst werden.
Ebenfalls in diese Zeit fiel die Gründung der Stettiner Stadtmission. Diese Anfänge der Inneren Mission, obgleich sie zunächst schwierig und zum Teil auch zum Scheitern verurteilt waren, hatten allerdings langfristige Wirkung für das christliche Sozialwerk in Pommern. So wurde der Pommersche Provinzialverband der Inneren Mission 1878 neu gegründet, und dem Gedanken Verbundene – wie Carl Reinhold Graf von Krassow auf Gut Pansevitz – wirkten auch an dem Aufbau anderer sozialer Verbände für Pommern mit.
Krassow wurde beispielsweise erster Kommendator der Pommerschen Provinzial-Genossenschaft des 1853 neu gegründeten Johanniterordens. Die Nachhaltigkeit der Wirkung der Inneren Mission hält bis zum heutigen Tage an. Sowohl der darauf fußende Pommersche Diakonieverein Züssow e.V. als auch die Pommersche Genossenschaft des Johanniterordens, deren Ritterbrüder oft familiäre Wurzeln in Pommern haben, wirken bis heute – wie mit der Aktion „Pommernhilfe“ – vor Ort, um soziale Not zu lindern. Unter dem Motto „Den Schwachen hilf“ sind sie in Hinterpommern tätig. Es werden zahlreiche deutschstämmige Familien mit großem Engagement betreut, auch durch ambulante Pflege und betreutes Wohnen.