Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Eine weitere Perle in der Kette der pommerschen Seebäder – wieder fast so beliebt wie einst
Misdroy wurde Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt. In dem kleinen Wolliner Dorf lebten die Bauern Schmedt und Tepelke sowie der Krüger Bolz mit ihren Familien. Sie waren dem Pommernherzog Untertan. Unweit des Dorfes befand sich der „Alte Krug“, der sich im Besitz der Dompropstei Cammin befand. Dem Camminer Propst unterstanden: Der Dorfschulze Hans Rossow, Görges Schröder, Hanns Moller, Jacob Moller, Görg Schwetes und Peter Schwantes.
Im Krug, auf halbem Wege zwischen den pommerschen Städten Wolgast und Cammin gelegen, konnten Reisende ihre Pferde ausspannen und übernachten. Der Strand diente als Straße, die Swine und die Peene überquerten sie mit der Fähre. Um den Krug rankten sich gruselige Geschichten von verschollenen begüterten Logiergästen und im Wald gefundenen gebleichten Gebeinen. Wilhelm Hauff hätte also das Wirtshaus seiner Novelle nicht unbedingt im Spessart ansiedeln müssen. Ein Gemälde des Wolliner Inselmalers Martin Gscheidel aus dem Jahre 1886 zeigt den „Alten Krug“, der zweimal vom Dünensand begraben und zweimal weiter landeinwärts neu errichtet wurde. Ende des 19. Jahrhunderts hatte das Gebäude endgültig ausgedient.
In einem im Krug verfassten Reisebericht aus dem Jahre 1795 charakterisiert der bekannte Berliner Propst Johann Friedrich Zöllner Misdroy als ein sehr kleines Dörfchen dicht am Rande der Ostsee. Und er berichtet von Meer und Wald, von gefährlichen Dünen, einem großen Wildbestand, der unberechenbaren Ostsee mit gestrandeten Schiffen, von Bernsteinfunden und vom Fischräuchern.
Der nahe der „lieben Seele“ gelegene Krug – heute würde er sich im Ort Misdroy befinden – kann als Ursprung Misdroys angesehen werden. Die Ortsbezeichnung Liebeseele steht für die früher vom Wasser des Lipa-Sees überflutete Niederung zwischen Pritter und Misdroy.
Als in den 1820er Jahren die in Sichtweite liegenden Orte Swinemünde und Heringsdorf schon gut besuchte Ostseebäder waren, befand sich Misdroy noch im Dornröschenschlaf. Man hatte sich Zeit gelassen mit der Einführung des Badebetriebes.
Erste Gäste kamen von Usedom
Die ersten Gäste kamen recht unerwartet. Sie kamen von den Usedomer Bädern und wurden angelockt von den im Osten unmittelbar über dem Strand steil aufragenden weißen Höhen mit ihren „blauen Wäldern“. Eben dieses Kliff hatte Lyonel Feininger zu seinem Aquarell „Dampfer nach Misdroy“ inspiriert. Aber auch der schöne, recht breite und kilometerlange Sandstrand, herrliche ausgedehnte Buchenwälder sowie der sagenumwobene Jordansee, den Theodor Fontane den vielleicht schönsten See dieser Art im nördlichen Deutschland nannte, machten den Reiz des Ortes aus.
Da es anfangs weder Pensionen noch Hotels gab, überließen die Bewohner, motiviert durch die Aussicht auf ein paar zusätzliche Silbergroschen, ihre Häuser in den Sommermonaten den Gästen und schliefen auf dem Heuboden. Das freie Baden kam selbstverständlich im gesitteten, ja prüden Preußen nicht in Betracht. Es wurde erst ein Jahrhundert später erlaubt. Man errichtete also notgedrungen ein Damenbad und in der angemessenen Entfernung von 400 Metern ein Bad für die Herren.
Als die Zahl der Gäste zunahm, konnten die wenig komfortablen Häuser der Einwohner den Ansprüchen nicht mehr genügen. Im Jahre 1842 ließ daher der Bürgermeister Pust ein Gesellschaftshaus mit 16 Gästezimmern erbauen. Seinem Beispiel folgten weitere Investoren aus Stettin und Berlin und schließlich auch aus Misdroy selbst. Zu den ältesten der in den 1850er und 1860er Jahren am Strand erbauten Häuser gehörte die Kaiserhalle mit dem Warmbad. Eigentümer war der erste Misdroyer Badearzt, Sanitätsrat Dr. Oswald aus Berlin. Unmittelbar westlich davon hatte Arnold Lejeune um 1857 seine Villa errichtet. Etwa zur gleichen Zeit entstanden das „Strandhotel“, das Haus „Seeblick“ sowie weitere am Fuße der Königshöhe (Bergstraße), in der Stettiner Straße und am Freundschaftsberg erbaute „Berliner Häuser“. Fast alle Gebäude boten einen Blick aufs Meer.
Seit 1835 Seebad
Die westliche Promenade dominierten die im Stile der Bäderarchitektur erbauten Häuser „Seeblick“ und „Seestern“, die Villen „Waterkant“ und „Rudnow“, das Haus der Familie Frank, das Haus „Meereswarte“, das Haus „Randow“ und die Villa „Sedina“ (auch „Undine“). Ihre Kirche errichteten die Misdroyer im Jahre 1862 auf der Königshöhe. König Friedrich Wilhelm IV., nach dessen Ideen die Baupläne des Gotteshauses entstanden waren, steuerte aus seiner Schatulle zwei Drittel der Baukosten und die Kosten für den Turmbau bei. Das Dorf Misdroy war bis zu diesem Zeitpunkt nach Lebbin und der „Alte Krug“ nach Pritter eingepfarrt gewesen.
Wenige Jahrzehnte später war Misdroy (seit 1835 Seebad) zu einem ernsthaften Konkurrenten der Usedomer Bäder geworden. Im Jahre 1874 hatte Misdroy gar Swinemünde und Heringsdorf – nimmt man die Gästezahl als Maßstab – hinter sich gelassen. Und das mondäne Ostseebad strahlte auch nach Schleswig-Holstein aus: Die heutige Patengemeinde von Misdroy [Międzyzdroje], Timmendorfer Strand, seit 1880 Ostseebad, hatte im Jahre 1930 die Badeordnung Misdroys übernommen.
Franz Lischka am 03.12.22, 22:18 Uhr
Ursprung von MISDROY ,die " Wurzeln" gab es noch früher
in längst vergessenem Ort Capenz ,ungefähr da wo sich heute die Bahnlinie befindet, also "oberhalb" vom Misdroy.
Vom Capenz aus, siedelten sich die Leute langsam näher Strand an.
Franz Lischka am 13.08.22, 13:50 Uhr
Der alte Krug war frührer " Mittelpunkt " und Standesamt in einem in früherem Misdroy, ständig ,beginnend von der Stelle ungefähr -heutiges Rathaus in Miedzyzdroje - Richtung Liebeseele , verschob man das Haus ,da es ständig von Sandmassen ;Ostsee heimgesucht war...später war das Hotel " Seeblick" die Top-Adresse von Misdroy, heute ist der alte Krug in Misdroy / Miedzyzdroje völlig in Vergessenheit geraten...