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Mit der Ausrufung ihres Kanzlerkandidaten lösen CDU und CSU eine wichtige Personalfrage. Was fehlt, ist eine glaubwürdige Emanzipation von der Ära Merkel
„Wir wollen Deutschland wieder in Ordnung bringen und den Ampel-Schaden reparieren.“ Mit diesen Worten verkündete der Vorsitzende der CSU und bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag die Kanzlerkandidatur des Vorsitzenden der Schwesterpartei CDU, Friedrich Merz, für die nächste Bundestagswahl.
Zweifellos hat die Union damit ein deutlich professionelleres Prozedere gewählt als vor der Wahl von 2021, als keine der beiden Schwesterparteien der anderen den Vortritt lassen wollte, es zum offenen Streit um die Spitzenkandidatur kam und der letztlich nominierte Armin Laschet nach erfolgter Aufstellung wiederholt das Ziel von Feuer aus den eigenen Reihen wurde. Er selbst leistete dann freilich im Rahmen der Flutkatastrophe des Sommers 2021 einen eigenen erheblichen Beitrag für das Scheitern bei der Bundestagswahl.
Dass CDU und CSU diesmal frühzeitig geklärt haben, wer die Union führt, dürfte ihre Chancen für das nächste Jahr (oder auch früher) erheblich steigern. Immerhin können sie nun beizeiten ihre Kraft auf die Auseinandersetzung mit den politischen Wettbewerbern und vor allem den Berg an Problemen richten, vor dem eine künftige Bundesregierung stehen wird.
Zu diesem Berg gehören derzeit unter anderem das seit 2015 bestehende Dauerproblem der ungesteuerten Zuwanderung, die Folgen der Energiewende, die zu weltweit höchsten Strom- und Heizungskosten geführt sowie zahlreiche Unternehmen ins Ausland oder gleich in die Insolvenz getrieben haben und auch die sicherheitspolitischen Herausforderungen infolge des Ukrainekriegs.
Zwar hat sich die CDU unter Merz und dem jungen Generalsekretär Carsten Linnemann auf diesen Feldern inhaltlich mit einem neuen Grundsatzprogramm längst neu aufgestellt, doch gibt es im harten Oppositionsalltag immer wieder gut platzierte Querschüsse von Anhängern der vormaligen Kanzlerin Angela Merkel, die trotz einer anhand von Wahlergebnissen eindeutig feststellbaren fatalen Bilanz noch immer – getrieben von Journalisten, die noch nie etwas mit der Union am Hut hatten – vor jeder Kurskorrektur warnen und stattdessen lieber an der Seite der Grünen den weiteren Weg bergab gehen wollen.
Allein hier die Koordinaten zurechtzurücken und nicht nur der eigenen Partei, sondern dem gesamten Politik- und Medienbetrieb wieder klarzumachen, wo die Mehrheiten in diesem Lande liegen – nämlich nicht in den edlen Altbauquartieren der Großstädte, sondern in den Mittel- und Kleinstädten sowie auf dem Lande, wo zusammen rund 70 Prozent der Deutschen leben –, ist für CDU und CSU gleichermaßen eine Mammutaufgabe. Eine weitere, vermutlich ungleich schwierigere ist es, jene Wähler zurückzugewinnen, die der Union in den letzten zehn Jahren den Rücken gekehrt und damit wesentlich den Aufstieg der AfD ermöglicht haben.
Die Wahrheit liegt in den Wahlurnen
Wie schwierig der Weg sein wird, haben gerade erst die Wahlen in Sachsen und Thüringen gezeigt. Konnte die CDU nach der Einheit von 1990 die Geschicke beider mitteldeutschen Länder lange Zeit klar bestimmen und mitunter sogar absolute Mehrheiten erringen, so kam sie im Sommer 2024 in Sachsen zum wiederholten Male nur noch auf knapp über 30 Prozentpunkte und in Thüringen auf nur noch 23 Prozentpunkte.
Am kommenden Sonntag steht in Brandenburg abermals eine Landtagswahl im Osten der Republik an. Laut letzten Umfragen kann die CDU hier nur mit rund 15 Prozent rechnen. Dass es weitaus mehr Stimmen sein könnten, zeigen nicht nur Umfragen von vor etwa anderthalb Jahren, als CDU, SPD und AfD in Brandenburg etwa gleichauf lagen, sondern vor allem die jüngsten Werte für die AfD, die nach Thüringen zum zweiten Mal stärkste Kraft bei einer Landtagswahl werden könnte.
Wer sich an den Wahlständen danach umhört, was die Menschen zwischen Oder und Elbe, zwischen mecklenburgischer Seenplatte und Spreewald bewegt, hört fast immer die gleichen Stichworte: die ungesteuerte Migration und deren Folgen (vor allem die tägliche Messergewalt), die Ungerechtigkeiten beim Einkommen (vor allem bei Geringverdienern und im Vergleich zum Bürgergeld), das vielerorts unbezahlbar gewordene Wohnen, der Gender-Irrsinn sowie die Sorge, dass sich der Ukrainekrieg zu einem großen europäischen Konflikt ausweiten könnte.
Dass die AfD auf diesen und anderen Feldern nicht nur klare Unterschiede zu Sozialdemokraten und Grünen markiert, sondern auch zur jahrelangen Linie der CDU unter Merkel, und dass sie damit im einst sicher roten Brandenburg nun sogar stärkste Kraft werden könnte, zeigt, welch Potential die Union durchaus haben könnte, wenn sie den Weg der Erneuerung konsequenter gehen und sich insbesondere wieder daran orientieren würde, was die Menschen draußen im Lande wollen, und nicht an dem, was ihnen selbsternannte Experten in den Großstädten einreden.
Als 1998 nicht nur die 16-jährige Kanzlerschaft Helmut Kohls zu Ende ging, sondern auch der 25-jährige Vorsitz des Pfälzers in der CDU, zögerte die bis dahin allenfalls in der zweiten Reihe der Parteiführung stehende Angela Merkel nicht, wenige Monate später in einem Zeitungsartikel zu fordern, dass sich die Union von ihrem langjährigen Übervater emanzipieren müsse. Mit diesem Affront gegen ihren langjährigen Förderer gelang es Merkel freilich nicht nur, selbst nach der Führung der CDU zu greifen, sondern auch, die Partei von einem unerfreulichen Erbe der Ära Kohl zu befreien – der Parteispendenaffäre.
Es wird spannend sein zu sehen, ob Friedrich Merz nun als unbestrittener gemeinsamer Frontmann von CDU und CSU einen ähnlichen Mut aufbringt, die Union von der langjährigen „Übermutti“ Merkel und deren Hinterlassenschaften, die heute wie 1998/99 das Erbe Kohls wie Blei an der Partei hängen, zu befreien.
Annegret Kümpel am 20.09.24, 19:34 Uhr
Merkel konnte in der 16jährigen Regentschaft ihre Macht ausbauen und manifestieren. Ich denke, daß sie immer noch die Fäden in der Hand hält mit bisher (?) unbekannten Mächten.