25.04.2025

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Ausgrabungen in Schaprode: In einem Acker auf Rügen stießen Hobby-Archäologen auf einen wertvollen skandinavisch dominierten Silberschatz aus dem späten 10. Jahrhundert und damit aus der Umbruchsepoche von der Wikingerzeit zum Christentum
Bild: picture alliance/Stefan Sauer/dpaAusgrabungen in Schaprode: In einem Acker auf Rügen stießen Hobby-Archäologen auf einen wertvollen skandinavisch dominierten Silberschatz aus dem späten 10. Jahrhundert und damit aus der Umbruchsepoche von der Wikingerzeit zum Christentum

Hobby-Archäologie I

Der Erdboden als Tresor

Vergrabene Hinterlassenschaften – Gäbe es die Sondengänger nicht, würden viele archäologische Schätze unentdeckt bleiben

Stephanie Sieckmann
25.04.2025

Der Mensch hat es geschafft, den Luftraum zu erobern. Er fliegt mit dem Hubschrauber zu Geschäftsterminen, bucht einen Linienflug in weit entfernte Regionen wie Neuseeland oder Hawaii und kann sogar bei passendem Portemonnaie in einer Rakete die Schwerelosigkeit erleben. Große Herausforderungen und Abenteuer gibt es in der Luft kaum noch.

Was bleibt, ist mit der Hände Arbeit Schätze zu heben, die vor Tausenden von Jahren in der Erde vergraben worden sind. Oder die im Laufe der Zeit tiefer und tiefer im Boden verschwunden sind. Archäologie erfreut sich als Hobby zunehmend großer Begeisterung. Und die Funde, die zu Tage gefördert werden, sind teilweise spektakulär.

Meldungen wie „Der Schatz im Spargelfeld“ sind keineswegs reißerisch aufgemachte Schlagzeilen. Dahinter steckt oft tatsächlich eine kleine archäologische Sensation. Bei dem Schatz, der im November 2015 auf einem Spargelfeld bei Beelitz gefunden wurde, handelte es sich um 70 Silbermünzen, die aus dem 16. Jahrhundert stammen. Ein Zufallsfund? Ja und nein. Der Mann, der sich mit einem Metalldetektor auf dem Spargelacker auf die Suche machte, ist ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger mit dem Interessenschwerpunkt Mittelalter.

Seine Suche war keineswegs einer spontanen Laune geschuldet, sondern mit den zuständigen Behörden abgesprochen. An der Stelle, wo heute in akkuraten Reihen Gemüse wächst, stand im Mittelalter ein Dorf. Da ist sich der Hobby-Archäologe sicher. Die Münzen, die dicht beieinander gefunden wurden, können als Beleg dafür gesehen werden. Der Schatz wurde an das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege übergeben. So wie es die Regeln vorsehen.

Noch beeindruckender war der Fund, der 2018 in Schaprode auf der Insel Rügen ans Tageslicht gebracht wurde – Silberreifen, Fibeln und Münzen, die dem Wikingerführer und Dänenkönig Harald Blauzahn und damit der Zeit um 970 bis 990
n. Chr. zugeordnet werden konnten. Die Ausgrabung wurde zwar vom Team der Landesarchäologie Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen. Doch die ersten Funde hatten zwei Hobby-Archäologen entdeckt und damit das Interesse an der späteren Ausgrabungsstelle geweckt.

Ähnlich lief es auch im Jahr 2021 in Großbritannien. Ein Hobbyforscher entdeckte einige Gegenstände, die in der Grafschaft North Yorkshire in zwei Gräben lagen. Die Untersuchung des zuständigen archäologischen Amtes ergab: Es handelte sich um rund 800 Gegenstände aus der Eisenzeit. Die zeremoniellen Speere, Teile von Wagen und Kessel sind damit rund 2000 Jahre alt.

Ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger gibt es vielerorts. Vom hohen Norden in Schleswig-Holstein bis nach Bayern. Genaue Angaben zu der Zahl der helfenden Hände sind jedoch schwer zu ermitteln. Auch was die Chancen auf Funde angeht, gibt es keine zuverlässigen Details. Ohne eine gewisse Portion Idealismus macht dieses Hobby wohl aber nicht auf Dauer glücklich. Wer durchhält und hin und wieder ein Erfolgserlebnis verbuchen kann, sich dabei auch über kleinste Funde freuen kann, der profitiert. Schließlich sind frische Luft und Bewegung gesund.

Beschädigung durch Landwirtschaft
Genau dieser Grund gab den Ausschlag für einen echten Zufallsfund in Norwegen. Vor zwei Jahren befolgte ein Mann den Rat seines Arztes, sich mehr an der frischen Luft zu bewegen, kaufte sich einen Metalldetektor und unternahm damit lange Spaziergänge. Mit Erfolg. Er entdeckte mehrere goldene Kettenanhänger, Goldperlen und Goldringe, die um die Zeit von 600 n. Chr. zu einem Halsschmuck gehörten. Das zuständige Archäologische Museum in Stavanger veröffentlichte die Meldung über den Fund mit der Überschrift „Der Goldfund des Jahrhunderts in Norwegen“.

Hier und da ist zu lesen, dass in Deutschland auf 15 Quadratkilometern ein Schatz zu finden sei. Der Grund ist, dass es früher keine Tresore gab. Und da es nicht einmal Banken gab, hortete man die eigenen Schätze zu Hause oder vergrub sie an sicheren Plätzen. Der eine oder andere Schatz ist über Jahrhunderte hinweg in seinem Versteck verblieben. Wer in der Freizeit mit einer Metallsonde auf Schatzsuche geht, sollte sich erkundigen welche Regeln in seinem Bundesland gelten. Mal braucht man eine Ausbildung, mal reicht eine Genehmigung.

Mit ihrem Einsatz sind die ehrenamtlichen Helfer eine wertvolle Unterstützung für Archäologen und Landesämter. Nicht immer sind die Funde spektakulär, nicht immer sind sie gut erhalten. Münzen und Schmuckstücke, die auf Feldern entdeckt werden, sind oftmals durch landwirtschaftliches Gerät oder Düngemittel beschädigt worden.

Besser erhalten sind Objekte, die im Moor versenkt wurden. Oder solche, die in einem Ton- oder Keramikgefäß in der Erde vergraben waren. So wie der etwa 1000 Jahre alte Silberschatz mit rund 6000 Münzen, der 2023 von einem Ehrenamtlichen auf Rügen entdeckt wurde. Das Silbergewicht des Fundes in Lancken-Granitz betrug 6,7 Kilogramm. Im selben Jahr wurden in Mirow sieben Bronzeschwerter gefunden, die sogar 3000 Jahre alt sein sollen. Keine Frage, 2023 war für Mecklenburg ein erfolgreiches Jahr im Hinblick auf besondere Funde.

Uralte Gegenstände, die aus Silber oder Bronze hergestellt wurden, sind aufgrund ihres Metallwerts bereits faszinierend. Bei Schmuck oder Werkzeugen ist es oft die Art der Verarbeitung, die Forscher begeistert. Doch darüber hinaus geben diese Funde oft Aufschluss über viel größere Zusammenhänge. Zum Beispiel darüber, wie die Menschen damals gelebt haben, wie sie gereist sind, wie sie gekämpft haben, welche Rituale sie bei Todesfällen vorgenommen haben.

Antworten auf diese Fragen können wir heute teilweise herleiten, weil Fundstücke genau darüber Aufschluss geben. So ist eines der Bronzeschwerter vom Fund in Mirow anders gearbeitet und dem Main-Mündungsgebiet als Herkunftsort zuzuordnen. Ob es eine Kriegstrophäe oder ein Geschenk war, ist – zumindest bis jetzt – nicht sicher zu sagen.

Fest steht aber: Ohne die Unterstützung der Hobby-Archäologen, die ehrenamtlich mit ihren Metalldetektoren unterwegs sind, wären viele der Schätze noch nicht geborgen worden.


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