27.07.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Politik

Der Gipfel der Politikverweigerung

Anstatt sich den Gründen des Erfolgs der AfD zu widmen, schüren Vertreter der etablierten Parteien Ängste und führen eine aussichtslose Verbotsdiskussion

Werner J. Patzelt
14.06.2023

Anders als vom Ehepartner kann man sich von einer ungeliebten Partei nicht scheiden lassen. Doch man hofft auf einen Schiedsrichter, der sie vom Spielfeld weist. Wenn das nicht die Bürger- und Wählerschaft tut, ja einer ungemochten Partei gar Höhenflüge beschert, dann hofft man aufs Verfassungsgericht.

Die Rede ist natürlich von der AfD sowie von medial weithin aufgegriffenen Anregungen, der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung möge ein Verbotsverfahren gegen die Partei starten. Die Argumente wurden unlängst vom – parteipolitisch nicht sonderlich ausgewogenen – „Deutschen Institut für Menschenrechte“ frei Haus geliefert. Der schöne Traum manch eines Politikers der etablierten Parteien ist, dass unser Parteienstaat möglichst schon vor den kommenden Wahlgängen ziemlich AfD-frei wäre. Zwar wird das entlang vernünftiger Verfahrensregeln und rechtsstaatlicher Prinzipien nicht so kommen. Doch der Traum ist da und geht weiter. Offenbar gärt da vielerlei unter der Oberfläche des politischen Tagesgeschäfts.

Gewünscht wird ein Stopp des Machtzuwachses der AfD und die Abschwächung von Ausbreitungsprozessen ihres Gedankenguts. Den Nachweis der Verfassungswidrigkeit dieser Partei führt man dahingehend, dass die AfD zwischen Deutschen unterscheide, welche die deutsche Kultur trügen, und solchen, die sich dem verschlössen – etwa als ihrer Herkunftsidentität bewusste Passdeutsche. Weil aber die Leitidee unseres Staates die Achtung und der Schutz der Menschenwürde ist, diese aber – so formuliert 2017 im NPD-Verbotsverfahren 2017 – „egalitär“ sei, wäre die AfD evident verfassungswidrig. Ausdrücklich widersetze sie sich – so ihr thüringischer Landesvorsitzender Björn Höcke im Jahr 2018 – einer „Afrikanisierung und Orientalisierung“ Deutschlands.

Verwegene Kabarettisten könnten zwar fragen, ob das nicht aus identitätspolitischen Gründen doch noch zulässig werden dürfte, sobald biodeutsche „Weißbrote“, wie fortschrittlicherseits in Aussicht gestellt, zur schützenswerten Minderheit geworden wären. Aber jenseits von allem Sarkasmus wiegt viel schwerer die aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgebot abgeleitete Aussage des Bundesverfassungsgerichts im NPD-Urteil, Voraussetzung eines Parteiverbotes wäre, dass das Erreichen verfassungsfeindlicher Ziele nicht völlig aussichtslos sein dürfe. Doch nicht einmal als eine Wahlperiode lang stärkste Oppositionspartei im Bundestag hat die AfD unsere Verfassung aus den Angeln zu heben vermocht. Und an die Regierungsmacht wird sie vor dem – ganz unwahrscheinlichen – Erreichen absoluter Parlamentsmehrheiten im nächsten Jahrzehnt ohnehin nicht gelangen.

Maßstäbe für ein Parteienverbot

Den Schlüssel zur Einordnung des ganzen Vorgangs lieferte das Bundesverfassungsgericht schon 1956, als es die KPD auflöste. Damals wurde betont, ein Parteiverbot dürfe kein „bloßes Weltanschauungs- oder Gesinnungsverbot sein“. Mit der Gesinnung des Drittels „harter“ AfD-Anhänger und mit den Weltanschauungen derer, die bei der Sonntagsfrage und am Wahltag die AfD zu einer inzwischen sehr ins Gewicht fallenden Partei machen, kann man sich aber jederzeit auseinandersetzen. Es wird wohl noch nie ein öffentlicher Vortrag deshalb abgesagt worden sein, weil er eine Kritik an der AfD-Programmatik oder AfD-Sprache ankündigte. Wenn also trotz der Möglichkeit, der AfD entschieden entgegenzutreten, diese Partei in Diskursen und in Parlamenten immer mehr Raum gewann, wird wohl etwas am jahrelangen Umgang mit der AfD falsch gewesen sein.

Gerade so ist es auch. Im Grunde wurde ihr gegenüber Politikverweigerung betrieben. Statt zu ergründen, ob diese Partei womöglich aufgrund realer Probleme in unserem Land so viel Zuspruch errang, und statt sich ans Beheben solcher Probleme zu machen (etwa durch Reformen unserer Eurozonen-, Migrations-, Energie- und Sicherheitspolitik), wurde ein Großteil politischer Energie darauf verschwendet, Phobien und Phantasmagorien, Polemikpathos und sprachlich-historische Fehlgriffe von AfD-Anhängern, AfD-Mitgliedern und AfD-Politikern aufzuspießen sowie mit Empörungskanonaden zu erwidern.

Geschenkt, dass derlei eben auch zum politischen Streit gehört. Doch besser wäre es gewesen, die Kritik am in so manchen AfD-Reden rhetorisch Überschießenden und moralisch Unterirdischen einzubetten in ein allgemein nachvollziehbares Ernstnehmen jener politischen Gestaltungsaufgaben, zu denen sich AfDler auf ihre Weise positionieren – und, etwa, die Grünen auf eine ziemlich andere Weise. Dann hätte ein politischer Diskurs entstehen können, in dem man mit Tatsachenbehauptungen, Zusammenhangsaussagen und Prognosen vernünftig umgegangen wäre – und nicht, samt selbstschützender Heuchelei, ausgrenzend mit Andersdenkenden. So aber muss niemand mehr AfD-Positionen wirklich kennen, sondern kann je nach Laune, Gemüt oder innerer Haltung sich unserer politischen Inquisition anschließen oder widersetzen. Letzteres tun inzwischen viele, was die Inquisitoren ängstigt.

Das jetzige Verlangen nach einem AfD-Verbot ist also vor allem die Fortsetzung des Versuchs, der AfD anders als durch politische Mittel beizukommen. Was als diskursive und menschliche Ausgrenzung begann, soll nun als staats- und strafrechtliche Ausgrenzung weitergeführt werden. Das anzustreben, obwohl kein Erfolg in Aussicht steht, ist eine weitere, freiwillig begangene politische Dummheit. Unfreiwillig werden sich der jene Anti-AfD-Allparteienregierungen oder Anti-AfD-Minderheitsregierungen zugesellen, die zumindest in Ostdeutschland ins Haus stehen. Politisch alternativlos, wird von ihnen die AfD profitieren. Wie dumm, dass alle Chancen verpasst wurden, die AfD-Realos zulasten der Fundis durch Aussicht auf die Integration einer – und nur einer – klar verfassungstragenden AfD zu stärken.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

Karl-Heinz Terpelle am 27.06.23, 08:20 Uhr

Sehr geehrter Herr Professor Patzel. Wieder einmal eine wie gewohnt schneidende Kritik an den untauglichen Verfahrensweisen zum Machterhalt des Parteienkartells. Aber ohne die von Ihnen erwartbare stringente Schlussfolgerung. Ich möchte meine Meinung an wenigen Zitaten ihres im Ganzen sehr guten Artikels erläutern.
Zitat: “Doch nicht einmal als eine Wahlperiode lang stärkste Oppositionspartei im Bundestag hat die AfD unsere Verfassung aus den Angeln zu heben vermocht.“ Hier stünde Ihnen gut an zu gestehen, daß die AfD auch garnicht die Verfassung aus den Angeln heben will, oder wenigstens angeben wo sie, die AfD, es denn wollen würde.
Zitat: „Wenn also trotz der Möglichkeit, der AfD entschieden entgegenzutreten, diese Partei in Diskursen und in Parlamenten immer mehr Raum gewann, wird wohl etwas am jahrelangen Umgang mit der AfD falsch gewesen sein.“
Warum wohl scheut das Parteienkartell den Diskurs mit der AfD wie der Teufel das Weihwasser? Es würde - zum Schaden der Altparteien - offenbar, daß große Teile der Politik der Altparteien gegen das Land gerichtet ist. Daß dies aber vom Wähler bemerkt wurde scheint dem Autor nicht in den Sinn zu kommen.
Zitat: „wurde ein Großteil politischer Energie darauf verschwendet, Phobien und Phantasmagorien, Polemikpathos und sprachlich-historische Fehlgriffe von AfD-Anhängern, AfD-Mitgliedern und AfD-Politikern aufzuspießen sowie mit Empörungskanonaden zu erwidern.“…“ Doch besser wäre es gewesen, die Kritik am in so manchen AfD-Reden rhetorisch Überschießenden und moralisch Unterirdischen“
Dies mag sein. Aber diese sprachlichen Entgleisungen sind nicht häufiger als bei anderen Parteien zu verzeichnen. Der Unterschied ist, diese Ausrutscher wurden von den hörigen Medien zu politisch-moralischen Todesurteilen nach Volksgerichtshofmanier umgearbeitet. Was aber wiegt schwerer politisches Versagen im Amt, das Herbeiführen von schwersten Schäden für die Volkswirtschaft, Clan- und Mafiastrukturen, die völlige Zerstörung der öffentlichen Sicherheit (21 000 Messergewalttaten pro Jahr, von Badeanstalten-Gewalt ganz zu schweigen, kein normales Leben mehr f d Bürger), oder rhetorische Ausrutscher?
Herr Professor Patzelt lesen Sie einmal bei Achgut: „AfD-Erfolg: die 10 dümmsten Reaktionen“ zur Landratswahl in Sonneberg aus dem Regierungslager dann wissen Sie wer die übelsten Demokratie feindlichsten Sprüche öffentlich von sich gibt, und die brauchen nicht einmal aus dem Zusammenhang gerissen werden. Sprüche die zumindest ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie, wenn nicht gar einen totalitären Impetus derer die diese verfasst haben, erkennen lassen.

Klaus Müller am 25.06.23, 18:12 Uhr

Das Bild ist ein weiterer Beweis für Habecks Kindergartenniveau.

Frank Schleicher am 18.06.23, 17:28 Uhr

Ich habe mich schon immer über die USA mit deren Zweiparteiensystem gewundert, muss aber für Deutschland das gleiche feststellen:
Es gibt die mehr oder weniger gleichen Altparteien mit ihrer Agenda des Ökosozialismus mit Ihrer angeblichen alternativlosen Politik und es gibt die Alternative für Deutschland.
Offensichtlich soll dieser politische Wettbewerb durch die Kartellparteien mit allen Mitteln verhindert werden. Dafür wird auch der dem Innenministerium unterstellte Verfassungsschutz
instrumentalisiert, was durch den Austausch des CDU-nahen Leiters ja bestens vorbereitet wurde.

Nicht das bald nach einer demokratischen Wahl mal jemand wieder ruft: „Die Wahl muss rückgängig gemacht werden .“
Ich glaube, wir Bürger haben da eine etwas andere Vorstellung von Demokratie. Das schließt Volksentscheide auf Bundesebene nach Schweizer Vorbild ein, wie sie ausschließlich bei der AfD im Grundsatzprogramm steht.
Viel Bürger erkennen zunehmend:
Die AfD wurde nicht gegründet, um eine andere Republik zu bekommen, sondern um KEINE andere Republik zu bekommen.

Fal Bala am 18.06.23, 16:12 Uhr

Es gibt für jeden Aufgeklärten ein schlagendes Argument dafür, die Blauen zu wählen, und dass ist der allgemeine Bildungsstand seiner überall verunglimpfen Repräsentanten. Die mehrheitlichen Studienabbrecher, Ausbildungsfernen, Noch-nie-in-freier-Wirtschaft-tätig-Gewesenen, erfolglosen Kinderbuchautoren und Partei- Karrieristen (Kreißsaal- 32 Semester Hörsaal-Plenarsaal) der Blockparteien haben natürlich Schiss, von ihren unverdienten Trögen gejagt zu werden,denn sie wissen um ihr Unvermögen "da draußen". Ich will von solchen Leuten nicht regiert werden, Punkt! Oder würden Sie zu einem Metzger gehen, wenn Sie ein neues Knie eingesetzt bekommen müssen?! Lassen Sie Ihr global agierenden Unternehmen beraten von einem Kinderbuchautor?! Lassen Sie sich die Haare schneiden von einem völlig Ungelernten?! Würden Sie Ihre Kinder von einer stark adipösen pädagogisch unqualifizierten Person betreuen lassen?! Lassen Sie sich psychologisch therapieren von einem Callcenter-Mitarbeiter mit zwei Jahren Berufserfahrung?! Nein?!
Weshalb lassen Sie sich dann sogar regieren von mehrheitlich fachfremden bzw komplett ungelernten Menschen?!
Der Anspruch einer Gesellschaft sollte sein, von den Fähigsten
und Wohlwollendsten regiert zu werden. Letzteres ist beim deutschen Politpersonal auch nicht mehr gemäß Amtseid gegeben, die singen noch nicht mal mehr die Nationalhymne mit geschweige lassen sich mit indigenen blonden Kindern fotografieren,siehe Merkel...ich empfinde unfassbare Wut qua Geburt zu diesem Volk gehören zu müssen, dass immer wieder die halbe Welt mit seinem dummen Wesen zwangsgenesen lassen will.

Michael Holz am 14.06.23, 21:46 Uhr

Lieber Herr Werner J. Patzelt, was dem Verfassungsgericht 1956 noch gelang und vor Jahren der NPD nutzte, war ein tatsächlich unabhängiges Verfassungsgericht. Sehen Sie sich die auf die Richterstühle gebrachten Rotgewandeten genauer an: Es sind alles Systemjuristen mit Parteibüchern linksgrüner Parteien, da kann man kein Urteil auf der Grundlage des GG erwarten. Freisler und Benjamin lassen grüßen.

Sven Rothe am 14.06.23, 12:27 Uhr

Die katholische Kirche und die ihr hörigen weltlichen Mächte schickten Abweichler über lange Zeit nur zu gerne auf den Scheiterhaufen. Die Erde war schließlich eine Scheiben Punkt. Genausowenig wie damals sind die heute Herrschenden nebst ihrer medialen Inquisitionstruppen bereit, sich mit den Abweichlern / Andersdenkenden / Kritikern / den sich außerhalb des genehmen Meinungskorridors Befindlichen u. a. auf der Sachebene auseinanderzusetzen. Wer nicht an die Botschaft der heiligen Greta, den Seegen der Wärmepumpe, das Glück der ungebremsten Zuwanderung in die Sozialsysteme u. ä. glaubt, ist des Teufels. Als Ketzer gehört er vernichtet. Der CDU als Partei des Bewahrens käme die Rolle zu, jenen vermeintlich Ungläubigen eine politische Heimat zu geben und ihre Interessen zu vertreten. Aber sie will dies gar nicht , denn auch sie ist angefixt von der allgegenwärtigen Grünen Droge.

sitra achra am 14.06.23, 12:10 Uhr

Die "Leitidee" dieses Staatsunwesens lässt sich auf die zwei Maximen reduzieren, wie plündere ich den erarbeiteten Lohn der staatlichen Knechte und zweige den größten Teil davon, selbstverständlich höchst legal, weil wir ja die Gesetze machen, in die eigenen Taschen und die meiner Blase ab, und zweitens, wie schaffe ich es, meine wirren ideologischen Hirngespinste auf totalitäre Weise in die Hirne der mir ausgelieferten Schafsköpfe zu pressen, damit ich auf ewig die Macht über sie etabliere.
Ich liebe Verschwörungstheorien. Ohne Theorien keine Erkenntnis und folgerichtig keine bitternotwendige Remedur unerträglicher Zustände.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS