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Von Anhängern gefeiert, von Feinden gehasst – der mächtige und zwielichtige Gewerkschaftsführer wurde vor 50 Jahren das letzte Mal lebend gesehen
Jimmy Hoffa war wohl eine der schillerndsten und zugleich umstrittensten Figuren der amerikanischen Arbeiterbewegung des vergangenen 20. Jahrhunderts. Sein Aufstieg vom einfachen Lagerarbeiter zum mächtigen Präsidenten der Teamsters-Gewerkschaft, seine engen Verbindungen zur Mafia und sein mysteriöses Verschwinden 1975 haben ihn zu einer Legende gemacht, deren Geschichte bis heute fasziniert.
James Riddle Hoffa wurde am 14. Februar 1913 in Brazil, Indiana, geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters zog die Familie nach Detroit, wo Hoffa die Schule verließ und verschiedene Jobs annahm. Seine erste Begegnung mit der Arbeitswelt prägte ihn nachhaltig: Als Lagerarbeiter bei der Kroger Food Company organisierte er 1932 einen erfolgreichen Streik, der eine Lohnerhöhung zur Folge hatte. Dieser Erfolg markierte den Beginn seiner Karriere als Gewerkschafter. Denn plötzlich hatte Hoffa vom süßen Nektar des Erfolgs gekostet.
Hoffa trat der International Brotherhood of Teamsters (IBT) bei und stieg schnell in den Reihen auf. 1957 wurde er zum Präsidenten dieser einflussreichen Gewerkschaft gewählt, die unter seiner Führung über die Jahre hinweg zur größten in den Vereinigten Staaten wurde – immerhin mit über 2,3 Millionen Mitgliedern. Er war bekannt für seine charismatische Art und seine Fähigkeit, die Interessen der Arbeiter energisch zu vertreten.
Verbindungen zur Mafia
Hoffas Aufstieg war jedoch nicht frei von Gerüchten, heimlichen Anschuldigungen und Kontroversen. Denn er pflegte offenkundig enge Beziehungen zur Mafia, insbesondere zur Cosa Nostra, und nutzte diese Verbindungen, um die Macht der Teamsters zu festigen. Der von ihm mitgegründete Central States Pension Fund wurde genutzt, um Mafia-Projekte wie den Bau von Casinos in Las Vegas zu finanzieren.
Die gute Verbindung Hoffas zur Cosa Nostra war durch einen Zufall zustande gekommen: Seine Ex-Freundin Sylvia Pigano, mit der er vier Jahre lang zusammengelebt hatte, heiratete einen kleinen Mafioso und wurde schließlich, nachdem die Liebe erloschen war, die Freundin von Frank Coppola.
Dieser gute Kontakt war für Hoffa deshalb wiederum so wichtig, weil die Mobster sich bisher immer klar auf die Seite der Unternehmen geschlagen hatten. Die Schlägereien in New York – beispielsweise die sogenannten Labor Slugger Wars – sind bis heute legendär. Hoffa konnte nun 1937 Coppola und damit die Mafia davon überzeugen, sich bei den Arbeitskämpfen herauszuhalten. Hoffa und die IBT gewannen ihren Streik und die Gewerkschaft konnte durch diesen Erfolg etwa 4000 neue Mitglieder gewinnen.
Griff in die Gewerkschaftskasse
Um Präsident der IBT zu werden, akzeptierte Hoffa eine Reihe sogenannter paper locals. Das waren schlichte Niederlassungen der Gewerkschaft, die aber von der Mafia kontrolliert wurden. Hierfür war Johnny Dioguardi zuständig, ein Mitglied der Lucchese-Familie aus New York. Darüber hinaus übten in anderen Filialen häufig verschiedene Schläger oder sonstige Angehörige der Mafia die eigentliche Kontrolle aus oder waren in sogenannten no-show jobs untergebracht; das bedeutet, sie standen auf der Lohnliste der jeweiligen Niederlassung, aber waren zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form persönlich vor Ort oder leisteten echte, ehrliche Gewerkschaftsarbeit. Außerdem ließ zum Beispiel Anthony „Tony Ducks“ Corallo, Boss der Lucchese-Familie, im „local 239“ in New York City Beschäftigte abrechnen, die nur auf dem Papier existierten. So wurden dort monatlich rund 69.000 US-Dollar aus der Gewerkschaftskasse abgeschöpft.
James Squillante, der zu den Killern von Albert Anastasia gehörte, war als „King of the garbage collection racket“ (König des Abfallwirtschaftsverbrechen) bekannt. Die Infiltration der Müllwerker durch die Mafia in New York City verlief parallel zu der Entwicklung bei der Teamsters-Gewerkschaft insgesamt – zu der die Müllwerker gehörten – und begann bereits 1955, als sich die Müllwerker über das „Local 813“ der Gewerkschaft organisierten, das ab den 1960er Jahren dann von James Failla aus der Gambino-Familie beherrscht wurde.
All diese Verbindungen brachten Hoffa immer schärfer ins Visier der Justiz. Bis 1964 die Handschellen klickten und er in zwei separaten Prozessen wegen Bestechung, Verschwörung und Betrugs verurteilt wurde. Hoffa trat 1967 eine 13-jährige Haftstrafe an. Doch trotz seiner Inhaftierung blieb er Präsident der mächtigen Teamsters und erhielt weiterhin ein hohes Gehalt sowie großzügige Unterstützung bei seinen Anwaltskosten.
Im Jahr 1971 wurde Hoffa vom damaligen US-Präsident Richard Nixon begnadigt – unter der Bedingung, dass er sich bis 1980 nicht mehr weiter gewerkschaftlich betätigen würde. Hoffa ignorierte diese Auflage und versuchte, seine Position bei den Teamsters zurückzugewinnen, was zu einem erbitterten Machtkampf mit den damaligen IBT-Köpfen führte. Der Konflikt eskalierte, wobei Gewalt und Einschüchterung übliche Mittel waren.
Von der Leiche zu Filmruhm
Am 30. Juli 1975 verschwand Hoffa spurlos. Er hatte sich mit dem Mafiaboss Anthony Giacalone und dem Gewerkschaftskollegen Anthony Provenzano im Restaurant Machus Red Fox in Bloomfield Hills, Michigan, verabredet. Beide bestritten später, ein Treffen geplant zu haben, und präsentierten Alibis. Hoffas Auto wurde unverschlossen auf dem Parkplatz des Restaurants gefunden, von ihm selbst aber fehlte jede Spur.
Augenzeugen berichteten, dass Hoffa in ein anderes Fahrzeug eingestiegen sei. Später entdeckte das FBI Hoffas DNA in einem Auto, das von seinem Vertrauten Charles „Chuckie“ O'Brien genutzt wurde. Trotz intensiver Ermittlungen und zahlreicher Theorien über seinen Verbleib wurde Hoffa oder seine Leiche nie gefunden. Erst sieben Jahre später, im Jahr 1982, wurde der „Herr der Lastwagen“ offiziell für tot erklärt.
Das Verschwinden von Jimmy Hoffa hat zahlreiche Theorien hervorgebracht. Einige glauben, er sei von der Mafia ermordet und seine Leiche in einer Schrottpresse entsorgt worden. Andere vermuten, er sei in einem Stahlfass vergraben oder in einem Stadion einbetoniert worden. Trotz diverser Suchaktionen, darunter Ausgrabungen auf Farmen und Müllhalden, blieb jede Spur erfolglos.
Hoffas Leben wurde mehrfach verfilmt, darunter „Hoffa“ mit Jack Nicholson oder „The Irishman“ mit Al Pacino. Diese Darstellungen haben dazu beigetragen, Hoffas Legende als charismatischer, aber umstrittener Führer zu festigen.
Faszination einer zwielichtigen Person
Jimmy Hoffa bleibt eine faszinierende Figur der amerikanischen Geschichte. Sein Engagement für die Rechte der Arbeiter, seine Verbindungen zur organisierten Kriminalität und sein ungeklärtes Verschwinden machen ihn zu einem Symbol für die Komplexität der Machtstrukturen in der Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts. Seine Geschichte ist ein Spiegelbild der Spannungen zwischen Idealismus und Korruption, Loyalität und Verrat.