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Bundestagswahl

Der „Kümmerer“ von der CDU

Ex-Senator Mario Czaja hat der Linkspartei den Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf abgejagt – aber wie?

Norman Hanert
15.10.2021

Mit nicht einmal 16 Prozent lag die CDU bei der Bundestagswahl in Berlin noch unter dem historisch schlechten Wahlergebnis von 24,1 Prozent auf der Bundesebene. Vor diesem Hintergrund sticht ein Erfolg der Union im Osten der deutschen Hauptstadt besonders heraus. Die CDU hat erstmals im östlichen Teil der Stadt ein Direktmandat für den Bundestag gewonnen. Obendrein gelang der Wahlerfolg auch noch in Marzahn-Hellersdorf.

Der Wahlkreis galt seit 1990 als Hochburg und sogar als „Herzkammer“ von PDS und Linkspartei. Hier holte Gregor Gysi, später dann Petra Pau mit Regelmäßigkeit Direktmandate. Nachdem die bisherige Bundestagsvizepräsidentin Pau für Marzahn-Hellersdorf fünf Mal in Folge in den Bundestag eingezogen war, scheiterte sie dieses Jahr allerdings an dem CDU-Kandidaten Mario Czaja. Der Christdemokrat gewann mit 29,4 Prozent der Erststimmen mit deutlichem Vorsprung vor Pau, die in Marzahn-Hellersdorf nur 21,9 Prozent holte. Den Wiedereinzug in den Bundestag verdankt Pau lediglich ihrem Listenplatz.

Hier siegten einst Gysi und Pau
Im starken Kontrast zum fulminanten Wahlsieg Czajas steht seine Amtszeit als Senator für Gesundheit und Soziales von 2011 bis 2016. Deren Bilanz gilt vielen Berlinern eher als durchwachsen. Als Erfolg anrechnen kann sich der Katholik Czaja, dass in seiner Amtszeit erstmals für Obdachlose genügend Kältehilfeplätze bereitstanden. Im Umgang mit der Asylsucherwelle des Jahres 2015 agierte der CDU-Politiker allerdings aus Sicht vieler Beobachter zögerlich und wenig durchsetzungsstark. Ein Stadtmagazin kürte Czaja seinerzeit zum „Gesicht des Behördenversagens“. In der Berliner SPD-Spitze soll es 2015 sogar Überlegungen gegeben haben, aus Unzufriedenheit mit dem Sozialsenator vom damaligen Koalitionspartner CDU Czajas Ablösung zu verlangen.

Als große Stärke des CDU-Politikers gilt dagegen die Arbeit im Wahlkreis. Hier zeigt der gelernte Versicherungskaufmann keine Zögerlichkeit, sondern eine so starke Präsenz und so großes Engagement für die Angelegenheiten seines Bezirks, dass sein Name nahezu jedem Wähler bekannt ist. Czaja tritt zudem in einem Gebiet an, in dem er verwurzelt und bestens vernetzt ist. Dabei wirbt er auch immer wieder ganz offensiv mit einer Ost-Identität.

Mit seiner starken Fokussierung auf den heimatlichen Wahlkreis war es dem CDU-Politiker schon 2016 gelungen, in Mahlsdorf/Kaulsdorf ein Direktmandat für das Berliner Abgeordnetenhaus zu holen. Mit 47,2 Prozent der Erstimmen erzielte Czaja dabei das beste Ergebnis aller Direktkandidaten in Berlin. Seine Popularität im Wahlkreis half der CDU, bei den Berlin-Wahlen in den Jahren 2011 und 2016 in Mahlsdorf und Kaulsdorf durchweg Ergebnisse einzufahren, die deutlich über 40 Prozent lagen.

Dabei war Czajas Agieren innerhalb der Spree-CDU immer wieder stark umstritten. Noch als Bezirksverordneter in Hellersdorf sorgte er für Aufsehen, als er sich für eine stärkere Zusammenarbeit mit der PDS einsetzte. Folge war ein Parteiausschlussverfahren, das 1999 eingestellt wurde. Auch im Duell im diesjährigen Bundestagswahlkampf gegen Pau scheute sich Czaja nicht, in einem Video darauf zu verweisen, dass die Schließung des Krankenhauses Kaulsdorf nicht zuletzt durch „ungewöhnliche Partnerschaften“ verhindert werden konnte. Eingeblendet wurde dazu ein Bild von Gysi.

„Linken-Hochburg ist Geschichte“
Als die Berliner CDU im Frühjahr ihre Landesliste für die Bundestagswahl aufstellte, verweigerten die Delegierten des Landesparteitags Czaja einen aussichtsreichen Listenplatz. Czaja selbst hatte auf dem Parteitag mit Blick auf seine Kandidatur in Marzahn-Hellersdorf selbstbewusst angekündigt: „Die Berliner Linken-Hochburg könnte in 160 Tagen Geschichte sein.“

Nachdem er nun den Wahlsieg tatsächlich auch errungen hat, übt der frühere Senator scharfe Kritik am Wahlkampf seiner Berliner CDU. Aus Sicht Czajas hat es die Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner versäumt, den Wählern klar zu sagen, was sie beispielsweise in der Bildungs-, Wirtschafts- oder Verkehrspolitik eigentlich wolle. „Wenn man das nicht klar sagt und nur sagt, wir sind gegen Rot-Rot-Grün, ist das aus meiner Sicht zu wenig“, so der CDU-Politiker. Mario Czaja forderte zudem, künftig die Kreisverbände im Ostteil Berlins stärker einzubinden. Der Christdemokrat wies darauf hin, dass der Zuwachs an Zweitstimmen für die Berliner CDU weitgehend aus dem Ostteil der Stadt gekommen ist: „Es wäre, glaube ich, gut, wenn wir noch stärker da hingucken, wo kommen die Erfolge her“, so Czaja.


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