17.01.2025

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Gesundheitspolitik

Der Patient wird immer gläserner

Mit Risiken und Nebenwirkungen: Diesen Monat wird die elektronische Patientenakte eingeführt

Christiane Rinser-Schrut
03.01.2025

Ab dem 15. Januar wird für alle Bundesbürger die elektronische Patientenakte (ePA) angelegt. Bislang konnte die ePA aktiv angefordert werden. Doch nun muss jeder, der sie oder einige ihrer Funktionen nicht nutzen möchte, aktiv widersprechen, und zwar in den meisten Fällen direkt bei seiner Krankenkasse.

Heilberufler wie Ärzte und Psychotherapeuten sind zukünftig verpflichtet, medizinische Dokumente aus der Behandlung wie Arztbriefe und Befundberichte in die ePA einzustellen. Diese sind überall, wo die elektronische Gesundheitskarte eingesteckt wird, für 90 Tage, in Apotheken für drei Tage, einsehbar. Da solche Akten der lebenslangen Dokumentation dienen, werden sie und die enthaltenen Daten nicht automatisch gelöscht.

Eine Medikationsliste soll, eng verknüpft mit dem E-Rezept, zu mehr Schutz vor Wechselwirkungen führen. Patienten haben mit der ePA ihre medizinischen Daten direkt dabei und können sie über eine App einsehen. Wer kein digitales Endgerät besitzt oder benutzen kann, der kann nach vorheriger Authentifizierung Vertreter benennen, die so Zugriff auf die ePA erhalten.

Jugendliche erhalten nach ihrem vollendeten 15. Lebensjahr Zugriff auf ihre Daten, vorher werden sie von den Sorgeberechtigten verwaltet. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte warnte gegenüber dem „Ärzteblatt“ vor ungelösten Problemen. Ärzte seien verpflichtet, auch dann hochsensible Daten, die zu Stigmatisierung oder Diskriminierung führen können, in die Akte zu laden, wenn dies nach Einschätzung der Ärzte nicht dem Wohle des Patienten dient. Auch sei unklar, was bei unterschiedlichen Aussagen der Sorgeberechtigten eines Kindes geschehen soll.

Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren haben außerdem keine Möglichkeit, ihre Daten vor ihren Sorgeberechtigten zu schützen. Gibt es eine Verhütungsberatung oder die Verordnung eines Verhütungsmittels, hat einzig der Sorgeberechtigte Einsicht.

Erpressern Tür und Tor geöffnet
Krankenkassen haben sogenannte Schreiberechte. Dabei werden Abrechnungen oder eingereichte Berichte genauso einsehbar sein wie die Ergebnisse der letzten Blutuntersuchung, und zwar von allen, die Zugriffsrechte auf die ePA besitzen. Ärzte und andere Heilberufler können diese Schreib- und Leserechte delegieren, zum Beispiel an die Arzthelferin.

Der Deutsche Pflegerat kritisiert jedoch, dass Pflegefachpersonen keine Schreiberechte haben. Ab Juli sollen alle Daten – sofern der Patient oder ein Vertreter nicht widerspricht – pseudonymisiert dem Forschungsdatenzentrum Gesundheit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Forschung übermittelt werden, das die Daten dann auf Anfrage für Dritte bereitstellt.

Ob die sensiblen Daten wirklich so sicher sind, wie das Bundesgesundheitsministerium und die Firma „gematik“, die nach dem fünften Sozialgesetzbuch die Gesamtverantwortung für die Telematikinfrastruktur (TI) im deutschen Gesundheitswesen trägt, betonen, stellt nicht nur der Chaos-Computer-Club infrage. Auch ein Blick nach Großbritannien oder Schweden sollte zu denken geben. 2021 lagen laut „ComputerSweden“ 2,7 Millionen Anrufe, die von einem Gesundheitsdienstleister entgegengenommen wurden, als ungeschützte Audiodatei frei zugänglich auf einem Server.

Im vergangenen Sommer haben Hacker in Großbritannien Patientendaten mit Namen, Geburtsdatum, Krankenversicherungsnummer und Blut-Test-Ergebnis ins Darknet gestellt. Die Hacker hatten Lösegeld gefordert, wie der Deutschlandfunk berichtete. Anfang 2024 wurde solches in einem anderen Gesundheitsdatenhack gezahlt.


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