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Emil Körner

Der Preuße an der Spitze der chilenischen Armee

Die von Generalissimus Emil Körner initiierte „Prussianisierung“ der Streitkräfte des Andenstaates wirkt bis heute nach

Manuel Ruoff
21.03.2020

Das Blau des Waffenrocks ist zwar heller, aber ansonsten ähnelt die Uniform der chilenischen Präsidentengarde auffallend jener der preußischen Dragoner. Und auch sonst scheinen die chilenischen Streitkräfte sich viel von den Preußen beziehungsweise dem Deutschen Reich abgeschaut zu haben. So gehört zur grauen Paradeuniform der regulären Heereseinheiten der Wehrmachtsstandardstahlhelm 35. Diese und diverse Anleihen bei Preußen und Deutschen sind kein Zufall. 

1879 bis 1884 fand an der Pazifikküste Südamerikas der sogenannte Salpeterkrieg statt. Chile konnte sich zwar in dieser bewaffneten Auseinandersetzung gegen Peru und Bolivien durchsetzen, doch sahen die Verantwortlichen des Andenstaates trotzdem Entwicklungsbedarf. Bei der Suche nach Vorbildern fiel die Wahl auf Kontinentaleuropas stärkste Militärmacht Preußen-Deutschland. Preußen hatte sich in den Einigungskriegen als siegreich erwiesen. Der gemeinsame Sieg der Preußen mit den Österreichern über den Kleinstaat Dänemark war zwar weniger beeindruckend, doch vor allem die Geschwindigkeit mit der Preußen im Deutschen Krieg die militärische Entscheidung gegen die andere, ältere deutsche Großmacht herbeiführen konnte, war es schon. Das Meisterstück war dann 1870/71 der Sieg über Frankreich, das seit Russlands Niederlage im Krimkrieg als stärkste Macht Kontinentaleuropas gegolten hatte. Zudem hatte die Wahl Preußens als Vorbild in der deutschen Gemeinde in Chile einen Fürsprecher. 

Vor diesem Hintergrund bat die chilenische Regierung Preußen um die Abstellung eines Militärinstrukteurs. Preußens Generalstabschef Helmuth von Moltke schlug den Chilenen seinen keine 40 Jahre alten, aus Wegwitz bei Merseburg stammenden Mitarbeiter Emil Körner vor. Dafür hatte der Graf gute Gründe. Zum einen hielt er Körner für fähig, und zum anderen wusste er, dass dessen Karrieremöglichkeiten aufgrund seiner Bürgerlichkeit im preußischen Königreich unverdient beschränkt waren, in der chilenischen Republik hingegen nicht. Die Chilenen folgten Moltkes Rat und boten dem preußischen Hauptmann eine Einstellung als Oberstleutnant unter Überspringung des Ranges eines Majors einschließlich einer Verdoppelung seines Solds an. Auch für die Überfahrt waren sie bereit aufzukommen. Körner erkannte seine Chance und griff beherzt zu. 

Entsprechend seinem Auftrag machte er sich an seiner neuen Wirkungsstätte an die sogenannte Prussianisierung (prusianización) der chilenischen Streitkräfte. Ein Jahr nach seiner 1885 erfolgten Ankunft in Chile wurde dort eine Kriegsakademie nach preußisch-deutschem Vorbild errichtet. Im darauffolgenden Jahr folgte eine erste Unteroffiziersschule. 1892 erhielt Chile einen Generalstab. 1894/95 reiste Körner zurück nach Europa, um unter seinen Landsleuten 26 weitere Militärinstrukteure anzuwerben. Umgekehrt entsandte Chiles Präsident auf Körners Empfehlung 30 Ausbildungsoffiziere zur Fortbildung nach Deutschland. 

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts erklomm Körner die letzte Stufe der militärischen Karriereleiter. 1900 wurde der Preuße Oberbefehlshaber und Generalinspekteur des chilenischen Heeres. Und die Prussianisierung ging entsprechend weiter. 1901 übernahm Chile von Preußen-Deutschland Wehrpflicht, Uniformen und Dienstreglement. Auch die Bewaffnung kam nun zu großen Teilen aus Körners alter Heimat. 

Im Jahre 1910 schied Körner aus dem aktiven Dienst aus und kehrte nach Preußen zurück, wo er sich in Berlin niederließ. Im Ersten Weltkrieg tat er das Seinige, dass Chile neutral blieb. Nach Körners Tod vor 100 Jahren, am 25. März 1920, wurde sein Leichnam von Berlin nach Chile überführt und auf dem Friedhof von Santiago in einem eigens für ihn errichteten Mausoleum beigesetzt.


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