26.12.2025

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Jakob Fugger der Reiche: „Tüchlein-Malerei“ auf ungrundierter Leinwand von Albrecht Dürer
Bild: Staatsgalerie Altdeutsche Meister/ WikimediaJakob Fugger der Reiche: „Tüchlein-Malerei“ auf ungrundierter Leinwand von Albrecht Dürer

Jakob Fugger von der Lilie

„Der reichste Mann der Weltgeschichte“

Vor einem halben Jahrtausend starb der damals bedeutendste Kaufherr, Montanunternehmer und Bankier Europas

Veit-Mario Thiede
26.12.2025

In der Nacht zum Sonnabend fiel der an einem Unterleibsgeschwür leidende Jakob Fugger in einen tiefen Schlaf, wachte noch einmal auf und bat eine Magd, ihn auf die andere Seite zu drehen. „Danach schlummerte er wieder ein und verschied still und leise in den frühen Morgenstunden des 30. Dezember 1525.“ So beschreibt die freie Autorin Karin Schneider-Ferber das Ende des europaweit tätigen Montanunternehmers und Großbankiers in ihrer „Jakob Fugger der Reiche. Kaufmann, Bankier, Kaisermacher“, die dieses Jahr in Regensburg erschienen ist. Der am 6. März 1459 geborene Augsburger erhielt wegen des enormen Geschäftserfolgs des von ihm geführten Familienkonzerns den Beinamen „der Reiche“. Sein Reichtum ermöglichte es ihm, in seiner Heimatstadt drei bis heute lebendige Stiftungen ins Leben zu rufen.

An die 220.000 Besucher begrüßt alljährlich die Fuggerei. Mit dem Bau der ältesten noch bestehenden Sozialsiedlung der Welt begann Fugger 1516. Auf den lateinischen Stiftertafeln über ihren Toren steht, dass die Brüder Ulrich, Georg und Jakob Fugger sich verpflichtet fühlen, „den überaus großen Reichtum, den Gott uns geschenkt hat, gerade diesem wiederzugeben. Deshalb haben wir aus Frömmigkeit und Freigebigkeit, damit diese zum Vorbild diene, unseren wackeren, aber armen Mitbürgern 106 Häuser übergeben und gewidmet.“ Heutzutage bekommt jeder Bewohner beim Einzug ein Porträt Jakob Fuggers geschenkt. Dessen Vorlage ist das von Albrecht Dürer 1518 ausgeführte Bildnis, das ihn mit einer venezianischen Goldhaube präsentiert. Dieses Modeaccessoire scheint obligatorisch für alle Bildnisse Fuggers zu sein.

Der von Fugger 1521 auch im Namen seiner bereits verstorbenen Brüder ausgestellte Stiftungsbrief gilt der Fuggerei und zwei weiteren Stiftungen. Die Prädikaturstiftung geht zurück auf die von Fugger beim Papst erwirkte Erlaubnis, einen Prediger der Moritzkirche zu bestimmen.

Ulrich und Georg sind wie Jakob und zwei seiner Neffen in der bis heute katholischen Fuggerkapelle der seit 1548 evangelischen Annakirche bestattet. Für die prachtvolle Kapelle, die als erster Renaissancebau Deutschlands gilt, lieferte Dürer erste Skizzen. An Jakob Fugger erinnern zwei Epitaphe. Sie weisen das von antiken Kriegern präsentierte, mit zwei Lilien ausgestattete Wappen der Fuggerlinie „von der Lilie“ auf. Was aber die gefesselten Gefangenen und erbeuteten Kriegswaffen auf den Gedächtnismalen für einen Unternehmer zu bedeuten haben, ist ein Rätsel. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass er Kriege mitfinanziert hat. Zum Beispiel gab er in seinem Todesjahr 10.000 Gulden an Georg Truchsess von Waldburg, den Feldherrn des Schwäbischen Bundes, zur Mitfinanzierung der Niederschlagung der Bauernaufstände.

Die Sozialsiedlung Fuggerei
Enge Darlehensbeziehungen pflegte der Familienkonzern zu den Habsburgern. Die Kredite ließen sich die Fugger durch Überschreibungen absichern. So fielen ihnen etwa in Tirol und der heutigen Slowakei Abbau- und Verkaufsrechte für Kupfer und Silber, in Spanien solche für Quecksilber und Zinnober zu. Obendrein verkaufte der stets klamme Kaiser Maximilian I. an Jakob 1507 die Grafschaft Kirchberg sowie weitere Herrschaften und erhob ihn in den Adelsstand. Karl V., Maximilians Enkel und Nachfolger als Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches, verhalf er auf den Thron, indem er ihm 543.585 Gulden lieh. Mit diesem Geld und dem weiterer Darlehensgeber bewog Karl die sieben Kurfürsten 1519, ihn zu wählen.

Beste Beziehungen pflegten die Fugger auch zu den Päpsten. Ulrich und Jakob liehen Julius II. das Geld zur Rekrutierung der Schweizergarde. Auch die Erlöse aus dem Ablass zur Finanzierung des Neubaus des Petersdoms transferierten die Fugger nach Rom. Dieser Petersablass veranlasste bekanntlich Martin Luther zur Veröffentlichung seiner 95 Thesen, welche die Reformation nach sich zogen. Darüber hinaus war Luther ein erklärter Gegner von Darlehenszinsen. Er verurteilte sie als unchristlich und verkündete, man müsse dem Fugger und den anderen großen Handelsgesellschaften „einen Zaum ins Maul legen“. Fugger aber war sich keiner Schuld bewusst. An den altgläubigen Herzog Georg von Sachsen schrieb er: „Viele sind mir feind. Sagen, ich sei reich, und ich bin reich von Gottes Gnaden, jedermann ohn Schad.“

Vernetzt mit Kaiser und Papst
Reich geworden ist der Enkel eines Leinenwebers und Tuchhändlers im Familienverband. Mit seinen Brüdern Ulrich und Georg schloss er 1494 einen Gesellschaftsvertrag. Die Brüder waren gleichberechtigte Teilhaber der Firma „Ulrich Fugger und gebrüder von Augsburg“. Nach dem Tod Georgs 1506 und Ulrichs 1510 war Jakob Alleinherrscher im Familienunternehmen. Seine Vorrangstellung ließ er sich 1512 im Vertrag mit seinen Neffen Ulrich, Hieronymus, Raymund und Anton bestätigen. Der Name des mit Erzabbau, Hüttenwesen, Kreditvergabe und Bankgeschäften befassten Unternehmens lautete: „Jacob Fugger und seiner gebrueder süne“.

Der US-amerikanische Journalist Greg Steinmetz berichtet in seiner 2016 in München erschienenen Biografie „Der reichste Mann der Weltgeschichte. Leben und Werk des Jakob Fugger“, dass der 28. Dezember 1525 sein letzter Arbeitstag gewesen sei: „Mit seiner letzten Geschäftsentscheidung lehnte er ein Darlehensgesuch des Herzogs Albrecht von Preußen ab.“ Sechs Tage zuvor hatte er sein Testament gemacht. Als Alleinerben setzte der kinderlos gebliebene seine drei noch lebenden Neffen und Geschäftspartner ein. Seine Ehefrau Sibylla geborene Artzt, die anderen weiblichen Familienmitglieder und enge Mitarbeiter bedachte er mit Zuwendungen. Rund 6000 Gulden ließ er an Bedürftige verteilen.

War er „der reichste Mann der Weltgeschichte“, wie Steinmetz reißerisch behauptet? Die von den heutigen Nachkommen seines Bruders Georg geführte Fuggerstiftung beurteilt Jakob Fugger zurückhaltender als einen der reichsten Männer seiner Zeit. Umgerechnet in unsere Zeit würde sein anteiliges Vermögen am Familienunternehmen bis zu mehrere hundert Milliarden Euro wert sein.


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