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Mit einem Veranstaltungsmarathon erinnern Osnabrück und Münster an den vor 375 Jahren verkündeten Westfälischen Frieden
Der Dreißigjährige Krieg hatte 1618 als Religionskrieg begonnen, sich aber bald zum Kampf um Land und Macht ausgeweitet. Um ihn zu beenden, strebte man einen Universalfrieden an. Denn es ging um vier miteinander verzahnte militärische Auseinandersetzungen, die nicht nur konfessionelle Hintergründe hatten. Erstens kämpften die Nördlichen Niederlande seit 1568 gegen Spanien um ihre Eigenständigkeit. Zweitens ging es um den Konflikt zwischen dem Kaiser, den deutschen Fürsten und Schweden (seit 1630) sowie drittens um den Krieg zwischen dem Kaiser, den deutschen Fürsten und Frankreich (seit 1635). Viertens sollte der seit 1635 ausgetragene Spanisch-Französische Krieg beendet werden.
Nach über zwei Jahrzehnten Kampf, Verwüstung, Brandschatzung, Plünderung, Mord und Vertreibung waren alle Parteien kriegsmüde. Die Zeit für Verhandlungen war reif. Rang- und Titelstreitigkeiten verhinderten jedoch den schnellen Beginn. Hinzu musste das Protokoll völlig neu geregelt werden. Doch für alle Probleme fand sich eine Lösung, sodass ab 1643 der Friedenskongress beginnen konnte.
Mehr als vier Jahre wurde in Münster und Osnabrück verhandelt. Schon die Wahl dieser beiden Orte war ein Kompromiss. Frankreich und der Papst hatten einen katholischen, Schweden einen protestantischen Verhandlungsort zur Bedingung gemacht. In Münster verhandelten der Kaiser, die katholischen Reichsstände, Frankreich, Spanien und die Niederlande, ebenso Abgesandte der Schweiz.
In Osnabrück verhandelten die Kaiserlichen mit den protestantischen Schweden und den Abgesandten der evangelischen Reichsstände. Den Informationsaustausch zwischen den 60 Kilometer voneinander entfernten Orten besorgten Postreiter.
Um den „Kongress der Superlative“ zu meistern, standen die beiden neutralisierten Friedensstädte vor großen Herausforderungen. Insgesamt 109 zum Teil zahlreiche Personen umfassende diplomatische Gesandtschaften vertraten 16 europäische Staaten, 140 deutsche Fürsten und Städte sowie 38 weitere Mächte. Dabei wurden die Quartiere zu Orten intensiver Beratung.
Zur Verhandlungsstrategie gehörte auch, mit Pracht und Prunk zu beeindrucken. Besonders Johann Oxenstierna, Sohn des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna, sparte nicht am Pomp. Doch gerade in seinem Quartier auf der Großen Domfreiheit brachte am 6. August 1648 der Osnabrücker Friedensvertrag den Durchbruch.
Mit Rücksicht auf die Franzosen in Münster wurde der Vertrag nicht vor Ort unterzeichnet, sondern durch Handschlag besiegelt. Der angereiste französische Gesandte nutzte die Gunst der Stunde und handelte in Osnabrück gleich noch die Endfassung des Vertrages zwischen Frankreich und dem Kaiser aus.
Auf Wunsch des Kaisers wurden beide Verträge am 24. Oktober 1648 in Münster unterzeichnet. Einen Tag später wurde der Friedensschluss von der Treppe des Osnabrücker Rathauses öffentlich verkündet. Schon damals wurde das unter fortgesetzter Kriegsführung entstandene Abkommen, das so extrem unterschiedliche Interessen vereinte, als wahres „Weltwunder“ bezeichnet.
Frieden in einer multipolaren Welt
Zuvor war bereits am 15. Mai 1648 der Frieden zwischen Spanien und den Nördlichen Niederlanden geschlossen worden, der als Geburtsstunde der heutigen Niederlande gilt. Der Spanisch-Französische Krieg dauerte noch bis 1659 und wurde erst durch den Pyrenäenfrieden beendet.
2023 feiern Münster und Osnabrück das 375. Jahresjubiläum des Friedensschlusses. Die historischen Jahrestage, der 24. und 25. Oktober, sind die Höhepunkte des Festjahres. Sie werden öffentlich mit Podiumsdiskussionen, Freiluft-Inszenierungen und Friedenssingen begangen – und der Hoffnung, dem Frieden in der Welt vielleicht ein Stück näher zu kommen.
In Münster findet am 24. Oktober im Großen Haus des Theaters der „Westphalian Peace Summit“ („Westfälischer Friedensgipfel“) statt, zu dem als Ehrengäste alle Botschafter der Nationen, die 1648 am Friedensschluss beteiligt waren – von Finnland bis Spanien –, eingeladen sind. Unter der Schirmherrschaft des CDU-Politikers Hans-Gert Pöttering, ehemals EU-Parlamentspräsident, diskutiert Georg Restle, Moderator der ARD-Sendung „Monitor“, mit internationalen Gästen. Als Prolog diskutieren am selben Tag im Kleinen Haus des Theaters bei „Let's Talk: Peace beyond Borders“ Studenten der Initiative „Münster University International Model United Nations“ über den Frieden in einer multipolaren Welt.
Schon traditionell ist die ökumenische Friedensvesper, die am 24. Oktober um
18 Uhr in der Münsteraner Apostelkirche beginnt. Die eigens für das Friedensjubiläum inszenierte frei zugängliche Licht- und Tonshow auf dem Prinzipalmarkt soll an diesem Abend die Sehnsucht nach Frieden auf emotionale Weise in den Mittelpunkt stellen.
Osnabrück feiert am 25. Oktober die Freude über den Friedensschluss musikalisch. Schon vor 375 Jahren haben die Menschen vor Erleichterung über den Frieden spontan zu Singen begonnen. Nun wird es den ganzen Tag über in der Innenstadt Konzerte geben, bei denen Chöre zusammen singen, die sonst nicht aufeinandertreffen. Um 16.30 Uhr finden sich unter der Schirmherrschaft von Altbundespräsident Christian Wulff in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Chorverbands die verschiedenen Gruppen vor dem Rathaus zu einem riesigen Chor zusammen.
Nach einem Gottesdienst im Dom endet der Tag in Osnabrück mit dem Demokratie-Forum im Felix-Nussbaum-Haus intellektuell. In einer Gemeinschaftsproduktion holen NDR und SWR das Format nach Osnabrück. Moderator ist der Publizist und Talkmaster Michel Friedman.
Als gemeinsame Aktion liegt im jeweiligen Historischen Rathaus am 24. Oktober in Münster und am 25. Oktober in Osnabrück das „Book of Peace“ aus. Es ist nicht den Ehrengästen der Stadt vorbehalten, sondern für alle Bürger bestimmt, die den Wunsch nach Frieden durch ihre Unterschrift bekräftigen wollen. Transportiert wird das Friedensbuch allerdings nicht mehr per Postreiter, sondern mit dem Auto.
Veranstaltungen in Münster: www.stadt-muenster.de/frieden, in Osnabrück: friedensstadt.osnabrueck.de
Kersti Wolnow am 12.10.23, 09:53 Uhr
Ich kann sagen, warum eine solche einigung heute nicht möglich ist:
Damals hatten die Länder eigene Interessen, man mußte Kompromisse schließen
Heute gibt es nur ein Interesse in der westlichen Welt: Es gilt das Interesse Washingtons, dem sich alle anderen unterzuordnen haben, ansonsten drohen Kriege oder Embargen.
Die bRD ist seit 1945 sowieso nicht handlungsfähig.
Vielleicht können die BRICS das verkrustete Politfeld aufbrechen, aber dann müßte Moskau seine Kriegslügen begraben. Und so scheint alles heute auswegslos.