Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
In Havelberg erinnern Bronzefiguren an ein historisches Treffen
Vom 23. bis 28. November 1716 fand in der Propstei von Havelberg ein Treffen zwischen Zar Peter I. von Russland und dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. statt. Anlass war der Abschluss der Konvention von Havelberg, in der die Bündnispartner unter anderem gemeinsame Maßnahmen im Großen Nordischen Krieg gegen das Schwedische Reich entschieden.
In dem Krieg von 1700 bis 1721 stritt in Nord-, Mittel- und Osteuropa eine Allianz aus dem russischen Zarenreich, Preußen und Dänemark sowie den Bündnissen Sachsen-Polen und England-Hannover unerbittlich mit dem Schwedischen Reich um die Vorherrschaft im Ostseeraum.
Wie bei derartigen Treffen üblich, tauschte man Gastgeschenke aus. Zar Peter I., auch der Große genannt, erhielt von Friedrich Wilhelm I. neben einer Staatsjacht das legendäre Bernsteinzimmer, das dessen Vater Friedrich I. hatte anfertigen lassen. Peter I. hatte es 1712 bei einem Besuch im Berliner Stadtschloss schon bewundert. Friedrich Wilhelm I. konnte also sicher sein, den Geschmack des Zaren zu treffen. Da er sich selber bekanntlich wenig aus Pomp machte, fiel ihm der Verlust wohl kaum schwer.
Eine größere Einbuße dürfte, rein finanziell, die 1704 in den Niederlanden gebaute Luxusjacht gewesen sein. Sie hatte 100.000 Taler gekostet, das Bernsteinzimmer hingegen nur 30.000 Taler. In 18 Kisten verpackt, transportierte das Luxusschiff die kostbaren Wandpaneele von Havelberg nach Russland. Ob und in welchen Kisten sie heute schlummern, beflügelt noch immer Schatzsucher, zuletzt die Taucher zum Wrack der „Karlsruhe“ (die PAZ berichtete). Die Staatsjacht dagegen hat längst das Zeitliche gesegnet.
Im Gegenzug befahl der Zar umgehend, 200 „Lange Kerls“ in Russland zu rekrutieren. Bereits 1713 hatte er als Gastgeschenk 80 dieser großgewachsenen Soldaten nach Berlin mitgebracht. Der König liebte seine Riesengarde, die im Idealfall sechs preußische Fuß messen sollten (zirka 188 Zentimeter), denn wie er an den Alten Dessauer schrieb: „...die wahre ist sehr rahr ...“
Seit 2015 erinnern die lebensgroßen Bronzefiguren der beiden Monarchen vor dem Havelberger Dom an das historische Treffen.
Sie sind das Ergebnis eines studentischen Wettbewerbs der Burg Giebichenstein, Kunsthochschule Halle (Saale), zu der wenig bekannten Tatsache, dass das Bernsteinzimmer in Havelberg den Besitzer wechselte. Kleiner Gag am Rande: Bei genauem Hinsehen verwandeln sich die Monarchen gegen Einwurf einer Zwei-Euro-Münze und Ziehen einer der Jackentaschen in Automaten von Kunstpostkarten.