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Östlich von Oder und Neiße

Deutsche und Polen gemeinsam beim Corona-Protest

Eine neue Form des „Aufbau Ost“: Polnische Demonstranten nutzen die Erfahrungen der deutschen „Spaziergänger“

Edmund Pander
31.01.2022

In der Republik Polen wurde am 15. Januar erstmals landesweit zu koordinierten Protesten gegen die Corona-Gesetzgebung aufgerufen. Was in Deutschland skurril klingen mag, ist dennoch nicht überraschend. Der Pole befindet sich im Dauerprotestmodus und bedarf im Alltag keiner Anweisung, einen Protest zu starten. Wie grundsätzlich dieser Mentalitätsunterschied ist, wissen die Menschen an der Grenze.

Wer zum Beispiel von West-Görlitz in der Bundesrepublik die Johannes-Paul-II.-Brücke nach Ost-Görlitz [Zgorzelec] überschreitet, der sieht als erstes ein überdimensioniertes Schild, auf dem Fußgänger dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum eine Maske zu tragen. Das tut allerdings niemand und allenfalls in den Geschäften des beliebten Einkaufszentrums Zgorzelec Plaza ziehen sich die Kunden halbherzig ihre Maske knapp unter die Nase. Vor den Geschäften ist im geschlossenen Raum damit jedoch wieder Schluss.

Während die Corona-Spaziergänge in dem bundesdeutschen Teil der Stadt mittlerweile von 2000 Menschen getragen werden, begann eine Demonstration nun erstmals auch vor dem Gericht auf polnischer Seite. Anderthalb Stunden verharrten dort die Demonstranten und lauschten ausführlichen Reden von Lehrerinnen über die Knechtung der Kinder durch die Corona-Vorgaben, einer Ernährungsberaterin über Mittel der Immunstärkung oder anderer Referenten über neue wissenschaftliche Studien, die in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht zitiert oder in den sozialen Netzwerken schnell gelöscht werden. Demonstration als Fortbildung quasi.

Zur Premiere am 15. Januar lud man sich Unterstützung von den erfahrenen Spaziergängern vom Westufer der Neiße ein. „Ihr verteidigt Europa, danke Polen“ stand auf einem großformatigen Plakat der deutschen Gäste in deutscher und polnischer Sprache. Von 200 Besuchern zur Premiere kam ein Viertel aus der Bundesrepublik und durfte am Mikro mit Übersetzung zum Gelingen der Veranstaltung beitragen.

Zur zweiten Auflage am 22. Januar blieb es bei polnischsprachigen Beiträgen und deutsche Besucher langweilten sich sichtlich. Und: Man unternahm keinen „Spaziergang“. Am Straßenrand standen zwei Polizeiwagen, die Beamten tippten gelangweilt in ihr Mobiltelefon und traten nicht in Erscheinung. Vorbeifahrende Autofahrer hupten unterstützend und kurbelten die Scheiben herunter, um aufmunternde Kommentare abzugeben. Vor allem aber hielt etwa die Hälfte der Besucher mehr oder minder große polnische Fahnen in der Hand. Das Denkmal vor dem Gericht zierten zudem Plakate, auf denen zu lesen war: „Gott, Ehre und Vaterland“. „Dürfen wollen, anstatt zu müssen“ oder „Mein Körper meine Entscheidung“. Wie in der Bundesrepublik waren viele Frauen und Bürger des gehobenen Schichten unter den Teilnehmern.

Anders als in der Bundesrepublik störte es jedoch niemanden, dass rechte Meinungsbekundungen zu sehen waren. So trug ein Mann eine durchgestrichene EU-Fahne, andere militärische Devotionalien. Aber auch Witziges hatte eine Chance, wenn etwa Tennislehrer Tadeusz Grela ein Transparent mit sich führte „I love Djokovic“. „Ich komme damit auch zum nächsten Montagsspaziergang nach Görlitz“, versprach er auf Nachfrage, wie es um die Vernetzung mit den Protestlern aus der Bundesrepublik stehe.

Vielleicht ist er ja am Sonntag, dem 30. Januar dabei, wenn auf dem Postplatz auf bundesdeutscher Seite erstmals die Montagsspaziergänger aus Görlitz, Bautzen, Löbau, Zittau und anderen Städten der Oberlausitz ihren Protest bündeln wollen. Denn bei 2000 Demonstranten will man in Görlitz noch lange nicht enden. Vereint träumen die Oberlausitzer davon, künftig an Sonntagen fünfstellig zu werden. Und da der Straßenprotest in der Bunderepublik so gut klappt, sind die Protestler aus der polnischen Oberlausitz ohnehin dort schon lange dabei und profitieren vom „Aufbau Ost“.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 01.02.22, 09:38 Uhr

Bin gespannt, ob der Schießbefehl
in BW und Cottbus umgesetzt wird....

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