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Seit 175 Jahren steht oberhalb von Münchens Theresienwiese die zur Ruhmeshalle gehörende Bavaria
Wie 1814 für die Walhalla wurde 19 Jahre später auch für die ebenfalls im Auftrage des Bayernkönigs Ludwig I. errichtete Ruhmeshalle ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Zur Teilnahme eingeladen wurden Friedrich von Gärtner, Leo von Klenze, Joseph Daniel Ohlmüller und Georg Friedrich Ziebland. Der Bauherr entschied sich für den Entwurf seines Hofarchitekten Klenze. Dieser hatte die Vorteile, dass er vergleichsweise günstig war und eine Kolossalstatue beinhaltete, die Ludwig half, mit dem fünften und letzten Kaiser der julisch-claudischen Dynastie gleichzuziehen: „Nero und ich sind die einzigen, die so Großes gemacht haben, seit Nero keiner mehr.“
Diese Bayerns Patronin und Personifizierung darstellende Großplastik war beziehungsweise ist immer noch immerhin fast 19 Meter hoch und über 88 Tonnen schwer. Das im Bronzehohlguss hergestellt Standbild besteht aus vier Teilgüssen und diversen montierten Kleinteilen. Begleitet von einem Löwen, dieser tierischen Verkörperung Bayerns und diesem Symbol für Macht und Stärke, steht sie auf einem Steinsockel von 8,92 Metern Höhe.
Die Bavaria ist die erste Kolossalplastik der Neuzeit und die einzige begehbare Großbronze in Deutschland. In ihrem Hohlraum kann man über eine steile Wendeltreppe zu einer Aussichtsplattform im Kopf emporsteigen. Dort befinden sich zwei Bänke, die sechs Personen Platz bieten. Vier Luken bieten Sicht nach draußen.
Der als Hauptmeister der klassizistischen Plastik in Süddeutschland geltende bayerischer Bildhauer Ludwig Schwanthaler wurde mit der Erstellung des Gipsmodells beauftragt. Während der ganz dem Klassizismus verhaftete Klenze eine Kopie der antiken Athena Promachos anstrebte, bemühte sich Schwanthaler um eine „Germanisierung“ im Geiste der Romantik. Abgesehen von der Kleidung wird dieses am deutlichsten durch die Ersetzung des von der Bavaria hochgestreckten Lorbeerkranzes für die in der Ruhmeshalle gewürdigten Bayern, den Klenze ursprünglich vorgesehen hatte, durch einen Eichenkranz. 1843 war Schwanthalers Gipsmodell im sogenannten ludovizianischen Stil fertig.
Anschließend entstanden bis 1849 die Teilgüsse in der Königlichen Erzgießerei in München. Als Erzgießereiinspektor verantwortlich zeichnete dort erst Johann Baptist Stiglmaier und nach dessen Tod im Jahr 1844 dessen Neffe Ferdinand von Miller der Ältere. Nachdem die Einzelteile zur Theresienwiese verbracht worden waren, wurde die zusammengesetzte Bavaria am 9. Oktober 1850, rechtzeitig zum Oktoberfest und drei Jahre vor der Fertigstellung der Ruhmeshalle, enthüllt.