26.10.2024

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Ist Petze nicht auch eine Art Hetze? Alles, was nicht der eigenen Ansicht, Moral und Einstellung entspricht, wird gemeldet
Foto: mauritius images / SammyIst Petze nicht auch eine Art Hetze? Alles, was nicht der eigenen Ansicht, Moral und Einstellung entspricht, wird gemeldet

Die deutsche Lust am Denunzieren

In der Kritik: Die Plattform „REspect!“ als Resultat einer EU-Verordnung – Immer mehr digitale Meldeportale werden in Deutschland von staatlichen Behörden sowie NGOs eingerichtet – Und die Deutschen nutzen sie nur allzu fleißig

Jens Eichler
24.10.2024

Das Wort „Denunzieren“ stuft der Duden als „abwertend“ ein und definiert das schwache Verb folgendermaßen: „jemanden aus persönlichen niedrigen Beweggründen anzeigen“ oder „jemanden negativ hinstellen, öffentlich verurteilen, brandmarken“. Beide Interpretationen lassen sich beliebig drehen und wenden – sie bleiben negativ. Schon der römische Imperator und Kaiser Gaius Julius Cäsar machte vor über 2000 Jahren deutlich, dass er zwar den Verrat liebe, „aber ich hasse den Verräter!“, resümierte er.

Woher also stammt diese neuerliche Lust in Deutschland, andere Menschen wegen einer Verfehlung, einer oftmals banalen Ordnungswidrigkeit oder aufgrund einer gefühlt moralischen Überlegenheit zu verpfeifen beziehungsweise Bürger anzustacheln, andere zu melden? Liegt uns Deutschen das vielleicht sogar irgendwie in den Genen?

Ein Blick zurück lässt beinahe Ähnliches vermuten. War die unter den Nationalsozialisten gefürchtete Gestapo (Geheime Staatspolizei) noch eine staatliche Institution, mit übelster verbrecherischer Attitüde, die aber primär von sich aus aktiv wurde und andere bespitzelte, so setzte die DDR-Staatssicherheit, kurz Stasi genannt, deutlich prägnanter auf das gegenseitige Ausspionieren und Bespitzeln der Bürger im kommunistischen Arbeiter- und Bauernstaat. Erst nach der Wende wurde deutlich, wer wen wie lange und wie hinterhältig denunziert, abgehört, ausgehorcht und vor allem gemeldet, verpfiffen und diffamiert hatte. Meist nur zum eigenen persönlichen Vorteil, seltener aus ideologisch gefestigter Partei- oder Systemtreue. Wer heute in seine akribisch geführten Stasiakten bei der Stasi-Unterlagenbehörde des Bundes (BStU) blickt, traut oftmals seinen Augen nicht und wendet sich angewidert ab. Angewidert, weil dabei offensichtlich wird, wie Vertrauen missbraucht, aber auch niedere, persönliche Instinkte und egoistisches Eigeninteresse offenkundig werden.

Pfui Teufel. Jeder kennt solche Personen – den Petzer, die Petze. So wie jede Schulklasse ihren Klassenclown, die Klassenbeste oder den Klassendoofen hat, so gibt es auch immer diejenigen, die sich gern durch Verrat hervortun. Die neunmalklugen Spießgesellen, die nicht ein einziges Mal den Mund halten können, ohne jemanden beim Streich spielen oder Unfug machen anzuschwärzen.

Irgendeiner petzt immer
Gestapo, Stasi, Klassenzimmer sind für die meisten – zum Glück – Schnee von gestern. Doch jetzt gibt es „REspect!“, der erste „Trusted Flagger“ der Bundesnetzagentur. Unter diesem anglizistischen Neudeutsch-Begriff versteht man einen vertrauenswürdigen Hinweisgeber. „REspect!“ ist eine offizielle Meldestelle. Im konkreten Fall ein Onlineportal der Bundesnetzagentur, betrieben von der Stiftung zur Förderung der Jugend in Baden-Württemberg mit Sitz in Sersheim. Dabei ist das grell pinkfarbene Stern-Logo auf der

„REspect!“-Homepage, das stark an seine rote Verwandtschaft von sozialistischen Fahnen, Emblemen und der terroristischen Roten Armee Fraktion erinnert, wohl noch das Aufregendste, was Sersheim derzeit zu bieten hat. Hier kann ab sofort jeder nach Lust und Laune Petzen, Verpfeifen, Melden und Anschwärzen, wenn er etwas im Internet findet, was ihn vermeintlich „beleidigt“.

Dazu braucht es keine Schimpfwörter oder reale Beleidigungen beziehungsweise strafrechtlich relevante Drohungen. In unserer heutigen Empörungsgesellschaft fühlt man sich ganz schnell auf den Schlips getreten. Getreu dem Motto: Was nicht meiner Meinung, meiner Ansicht, meiner Weltanschauung, meinem Gusto und vor allem meiner Ideologie, meiner politischen Einstellung oder auch immer öfter nicht meinem moralischen Kompass entspricht, das ist dann eben „Hass und Hetze“. Und die wird gemeldet.

Der neuste Orwellsche Big Brother heißt Klaus Müller, ist ein Grüner, Intimus vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck und führt als dessen Vertrauter die Bundesnetzagentur, ein rudimentärer Rest des früheren Bundespostministeriums. Zuständig ist Müller, der sich gern auch mal mit Sympathisanten der Terrorgruppe Hamas in den Sozialen Netzen ablichten lässt, eigentlich für Strom, volle Gasspeicher, Telekommunikation, Eisenbahn und eben den Rest an Postwesen. Man könnte auch mit einem Schuss Sarkasmus sagen: zuständig für vieles, was derzeit in Deutschland im Argen liegt und nicht so richtig rund läuft. Und jetzt widmet er sich mit Leidenschaft der im Grundgesetz verankerten freien Meinung. Deutschlands Ober-Zensor, der Dompteur dessen, was gesagt und geschrieben werden darf.

Doch der Netzagenturchef sieht sich berufen, wenn er verkündet, „dass seine Meldestelle ab sofort illegale Inhalte, Hass und Fake News sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernen kann!“ Unabhängig davon, dass eine Behörde von sich selbst übereifrig behauptet, ohne behördliche Hürden schnell zu sein, steht diese Aussage im krassen Gegensatz zu geltendem Recht.

Hass ist nicht verboten
FDP-Vize Wolfgang Kubicki macht in einem Gastbeitrag im Magazin „Cicero“ deutlich: „Die nachgeschobene Behauptung Müllers, es würden nur illegale Inhalte verfolgt, überzeugen mich nicht. Das liegt nicht nur an der Konfusion um die Strafbarkeit von Hass in der Pressemitteilung, sondern auch am von der Netzagentur herausgegebenen ,Leitfaden zur Zertifizierung als Trusted Flagger gemäß Artikel 22 Digital Services Act'. Der enthält als Anlage eine Liste mit Bereichen unzulässiger Inhalte. Diese Liste enthält Offensichtliches ... aber auch ,Hassrede'. Da bin ich auf die Rechtsgrundlage gespannt. Ebenso bei Aussagen mit negativen Auswirkungen auf den zivilen Diskurs oder Wahlen ...!“

Das wiederum heißt nämlich nichts anderes, als was grüner Ideologie nicht gefällt, hat Auswirkungen und gehört gelöscht. Honecker, Mielke & Co lassen grüßen. Und so kommt Kubicki zu einem klaren Fazit, wenn er schreibt: „Die Umsetzung des DSA durch die Bundesnetzagentur ist ein direkter Angriff auf die freie Rede. Und das darf niemand schulterzuckend hinnehmen. Wenn Teile unserer Koalitionspartner sich auf der anderen Seite positionieren, ist das vielsagend und aus meiner Sicht sogar gefährlich ...!“

Grundlage der Trusted-Flagger-Installation ist eine EU-Verordnung, die all dieses Denunziantentum erst möglich macht. Aufgabe dieser angeblich vertrauenswürdigen Hinweisgeber ist es, das Internet auf – wie es so schön heißt – „problematische Inhalte“ zu untersuchen und diese dann schnell zu löschen. Dieser Digital Services Act (DSA), so der offizielle Name, dient somit der Bekämpfung vermeintlich illegaler Inhalte auf Geheiß der EU.

Zweifel an der Verfassungskonformität
Der Jurist Jochen Bittner hat eine deutliche Meinung dazu. Für ihn ist das Portal „offenkundig verfassungswidrig“, und andere Juristen stehen ihm bei. Denn: Neben illegalen Inhalten können halt auch legale entfernt werden. Weil es an rechtlich definierten Grundlagen und Definitionen fehlt. Und das wiederum ist eine eindeutige Zensur! Denn bei Meldeportalen wie „REspect!“ geht es weniger darum, tatsächliche Verbrechen wie im Darknet, Spionage oder drohenden Terrorangriffen zu melden. Vielmehr widmet Müller sich angeblichen Falschmeldungen und Hass. Doch was falsch ist und was sich nach Hass anhört, würde hierbei eben Müller und mit ihm alle, die bei seinem Portal jemand anderen melden, bestimmen.

Um es deutlich zu sagen: Hass, Hetze, Fake News sind klar zu verurteilen und nichts daran ist schön, entschuldbar oder gar gutzuheißen. Aber erstens ist all dies nicht gesetzlich verboten und zweitens nicht strafgesetzlich definiert. Jeder kann hassen, wen und wie er will. Gefühle juristisch zu regulieren, wäre fast so lächerlich wie Menschen zu verbieten krank zu werden. Heißt im Klartext: Müllers Portal ist nichts anderes als eine oberlehrerhafte Zensur-Institution. Eine schallende, anmaßende, groteske Ohrfeige für die Freiheit. Wer das Grundgesetz kennt, der weiß, dass Zensur in der Bundesrepublik nicht stattfinden darf. Eben wegen der im Grundgesetz Artikel 5 verbrieften freien Meinungsäußerung. Und das bedeutet im Umkehrschluss: Müllers Petzportal ist verfassungswidrig!

Wer sich von einer Aussage, einer Behauptung, einem Beitrag angegriffen und verletzt fühlt, der geht zum Rechtsanwalt, reicht Klage ein oder stellt Strafanzeige. Wie es sich gehört. Denn in einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik herrscht strikte Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative. Müller und die Bundesnetzagentur sowie seine Meldestelle tauchen in dieser Aufzählung jedoch nicht auf.

Faesers Gesinnungspolizei
Aber um es gleich vorwegzusagen, Müller ist weder Ausnahme noch Ersttäter. Meldestellen gibt es in Deutschland mehr als genug, und es werden immer mehr. So hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei ihrem Kampf gegen rechts unlängst angekündigt, dass jeder, der den Staat verhöhnt, es wiederum mit einem starken Staat zu tun bekommen würde. Heißt, wer sich nicht der Meinung der Regierung unterwirft, muss mit Repressalien rechnen. Denn laut Faeser soll allein der Verdacht genügen, dass jemand verfassungsfeindlich oder gar extremistisch denkt und redet. Was sie vorhat, ist nichts anderes als die Installation einer Gesinnungspolizei. Melden sollen dies keine staatlichen Behörden, sondern Bürger, die eben andere verdächtigen. Man darf somit von staatlich gefördertem Denunziantentum sprechen.

Nicht anders geht es bei Ferda Ataman zu. Die Bundesbeauftragte für Diskriminierung und zugleich Leiterin der Antidiskriminierungsstelle titulierte zwar Deutsche abfällig als „Kartoffeln“, was sie aber nicht aufhält, jeden Bürger in Deutschland aufzufordern, allein bei vagem Verdacht Mitbürger zu melden, die sich vermeintlich homophob, ausländerfeindlich, queerkritisch und vieles mehr äußern würden.

Einer der schlimmsten seiner Art ist Jürgen Resch, Geschäftsführer der mehr als fragwürdigen Deutschen Umwelthilfe und gnadenloser Umweltlobbyist. Er rief im März 2023 gleich ganz Deutschland zum Melden, Fotografieren und Anzeigen von Falschparkern auf. Das Online-Portal für Privatanzeigen im ruhenden Straßenverkehr von Frankfurt (Main) wurde im Februar dieses Jahres scharfgeschaltet. Ganz nach Resch' Vorstellungen. Nur zwei Monate später verzeichnete die Stadt bereits 4372 Anzeigen. Dem motivierten Denunziantentum waren endlich alle Pforten geöffnet.

Ob die Meldestelle Antifeminismus der Amadeu-Antonio-Stiftung oder die Onlinemeldestellen diverser Bundesländer, bei denen man angeblichen Rassismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Steuerbetrug oder Verstöße gegen den Umweltschutz – und das sind nur einige wenige – es ist immer auch eine Frage der Nutzung, die Kehrseite der Medaille. Denn all diese Petzportale funktionieren nur, wenn ausreichend verpfiffen wird. Und das scheint der Fall zu sein. Allein die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet des Bundeskriminalamtes (BKA) verzeichnete in den letzten drei Jahren 29.200 Meldungseingänge – Tendenz steigend. Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung von Personen des politischen Lebens kommt demnach mit am häufigsten vor. Das besagte „REspect!“-Portal hingegen ist auf eine Petz-Quote in den letzten drei Jahren von 72.828 Meldungen stolz. Zahlen, die deutlich machen: In Deutschland wird verpfiffen und kräftig denunziert.

Ist es da ein Wunder, dass eine der derzeit beliebtesten TV-Sendungen in Deutschland auf RTL „Die Verräter – Vertraue Niemandem“ heißt?


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Kommentare

Gregor Scharf am 24.10.24, 13:50 Uhr

Es ist kein Zugall. Diese Art des Regierens kommt immer dann ans Tageslicht, wenn eine ganz bestimmte, völlig missratene, ideologisierte (verblendete und verblödete) Mischpoke an die Macht kommt. Es endet im Blutrausch. Wollen wir wetten. Und es ist gewollt. Nur Abschaum bedient sich des Abschaums, fördert die niederen Instinkte eines Tieres anstatt die Tugenden. Das ist die Welt der Nachtgestalten.

Peter Wendt am 24.10.24, 07:33 Uhr

„Der grösste Lump im Land, der Denunziant“, wenn ich nicht irre von Brecht trifft es für mich präziser. Schwache Regierungen und Regierungen die Unrecht verbreiten,benutzen Denunziation als Werkzeug gegen die Opposition. „Eine Regierung die niemand bemerkt“, also eine Regierung die ihren Aufgaben leise und mit Respekt nachkommt, ist eine gute Regierung, braucht keine Werkzeuge der Unterdrückung.

Kersti Wolnow am 24.10.24, 07:23 Uhr

Meist nur zum eigenen persönlichen Vorteil

Das ist meistens das Motiv, schon seit Metternich. Ein skrupelloser Machthaber nutzt dummes und charakterlich schwaches menschliches Werkzeug, um mit seiner Hilfe Abweichler zu erkennen und zu bestrafen. Meist steckt hinter dieser widerwärtigen Staatsform eine Ideologie, bei Metternich ähnlich wie aktuell seit den 70er Jahren --- alles Nationale, heute Deutsche, anfangs nur verächtlich zu machen, seit den 90ern gewaltsam zu unterdrücken. Aktuell ist die Situation ganz furchtbar, weil der Staat seine Aufgaben nicht wahrnimmt und nicht mehr für Sicherheit und Ordnung seiner Bürger sorgt.
Diese bRD - Führung fährt sehenden Auges alles, was einmal vorbildlich war, in den Keller, wie Bildung, Armee, Kunst, Wissenschaft (aktuell Corona-Aufarbeitung), weil diese Bereiche nur noch der aufgepfropften Ideologie unterliegen, genannt Haltung, und nicht dem Wissen und Können der Beteiligten, ähnlich der dDR, was zum Niedergang führen muß, wie wir gesehen haben. Warten wir noch ein Weilchen, bis die bRD verpufft ist wie ein alter Bovist. Leider gibt es mit der Fortführung dieser Staatsform weitere Opfer.

Peter Faethe am 24.10.24, 06:59 Uhr

August 1939: Auf 5000 Volksgenossen kam 1 (ein) Gestapo-Mitarbeiter.
Oktober 1989: Auf 5000 Arbeiter und Bauern kamen etwa 70 bis 80 Stasi-Mitarbeiter.

K. M. am 24.10.24, 06:20 Uhr

Vielen Dank, dem gibt es kaum etwas hinzuzufügen. Es ist erschreckend, sowie werden Erinnerungen wach, welche man nicht noch einmal miterleben möchte.

Ich bin jetzt 51 Jahre, habe und musste erfahren, was es heißt, wenn man der politischen Kaste nicht folgt. Meine Mutter war in Bautzen, mein Vater wurde eingesperrt in der schwarzen Pumpe, wir alle (6) Kinder auseinander gerissen, in verschiedene Heime, in der DDR.

Noch heute kämpfe ich mit der Aufarbeitung, kämpfe darum, dass das Unrecht von damals anerkannt wird. Die Stasiakten zu meinen Eltern, und meiner Person darf ich erst jetzt einsehen. Es hat ganze 12 Jahre gekostet, das zu erreichen. Die Doktrin, finde ich auch in meinen Akten vom Jugendamt, als unbelehrbare weggesperrt in einen Spezialkinderheim, der DDR.

Und wieder lernen die Menschen nichts aus der Geschichte, Vergangenheit, legen blind ihre Freiheit nieder. Es wird sich alles wiederholen, um am Ende sich hinzustellen, ja das haben wir ja nicht gewollt. Ich frage mich immer, wie kann man sich hinstellen und sagen die DDR war ein Unrechtstaat, aber jetzt genau die selben Methoden anwenden?

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