02.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Adventszeit

Die Goldene Stadt im winterlichen Weiß

Überall in Prag lassen sich in diesen Tagen böhmische Adventstraditionen erleben – Karpfen mit Kartoffelsalat darf nicht fehlen

Detlef Berg
18.12.2023

Prag, die Hauptstadt Böhmens, ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Besonders stimmungsvoll aber ist es in Prag in der Vorweihnachtszeit. Dann liegt ein ganz besonderer Zauber über der Goldenen Stadt.

Historische Gaslaternen tauchen die Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen und unzähligen Türmchen in ein fahles Licht. Dazu leuchten die festlich geschmückten Auslagen in den Geschäften, und ein betörender Duft von Glühwein, gebrannten Mandeln und Tannenzweigen zieht durch die Stadt. Manchmal lassen sich auch Schneeflocken auf den goldenen Dächern nieder. Dann ist die Szenerie perfekt, fast wie in einem Märchen.

Für Martina Vávrová, Managerin im direkt an der Moldau gelegenen Four-Seasons-Hotel, gehören der festlich geschmückte Weihnachtsbaum auf dem Altstädter Ring, der Märchenfilmklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und das traditionelle Gericht Karpfen mit Kartoffelsalat zur böhmischen Weihnacht.

„Es ist immer wieder ein erhabener Moment, wenn am ersten Adventswochenende die Lichterketten des Weihnachtsbaumes auf dem Altstädter Ring angeschaltet werden. Tausende Zuschauer warten auf diesen Moment“, sagt Vávrová. Zwischen dem Altstädter Rathaus, der gotischen Teynkirche und der gewaltigen Bronzestatue des Reformators Jan Hus treten auf einer großen Bühne Chöre mit Weihnachtsliedern auf, und Kinder spielen kleine Theaterstücke.

Ein Rundgang über den Markt mit Dutzenden kleiner Holzbuden ist etwas für Ästheten und Genießer. Die Händler präsentieren vor allem tschechisches Kunsthandwerk, darunter geschmackvoll gestaltete Weihnachtskugeln, aber auch Holzspielzeug und jede Menge Keramik.

Niemand bleibt hungrig – vor allem böhmische Spezialitäten werden angeboten. Besonders beliebt der „Trdelník“. Das ist ein mit Puderzucker und Zimt überzogener ausgehöhlter Blätterteig, der an einem Drehspieß über glühender Holzkohle gebacken wird und verführerisch duftet. Wer es etwas herzhafter mag, bestellt sich eine Bratwurst oder den legendären Prager Schinken, natürlich frisch vom Grill. Für Vávrová muss es aber „vosi úly“ sein – eine wespennestförmige Köstlichkeit aus Biskuit mit Zucker und Butter sowie Rum und Kakao. Klar, auch Glühwein, Punsch und heißer Apfelsaft fließen hier in Strömen.

Auf zur „Böhmischen Hirtenmesse“
Nur fünf Minuten vom Altstädter Ring entfernt liegt der Wenzelsplatz mit dem Nationalmuseum. Das imposante und erst kürzlich grundlegend renovierte Neorenaissancegebäude bildet den oberen Abschluss des rund 700 Meter langen Boulevards, der von schönen Gebäuden im Barock- und Jugendstil geprägt wird.

Der Wenzelsplatz war in der Vergangenheit Schauplatz zahlreicher politischer Demonstrationen, und im November 1989 sprachen hier Václav Havel und Alexander Dubček während der Samtenen Revolution zu den Massen.

In der Weihnachtszeit ist die 60 Meter breite Prachtmeile festlich geschmückt. Zahlreiche Kaufhäuser und Geschäfte laden zum Einkauf von Weihnachtsgeschenken ein. Um 17 Uhr ist Zeit zum Innehalten – dann werden die Lichter des großen Weihnachtsbaums angezündet. Dazu werden zwei Lieder der Komponisten Friedrich Smetana und Vadim Petrov vorgetragen.

Insgesamt gibt es elf Weihnachtsmärkte in Prag. Alle haben ihren eigenen Charme, ganz gleich, ob es der Markt auf der Prager Burg vor historischer Kulisse ist oder kleinere Märkte in den Vorstädten. Unverzichtbar im Prager Advent ist der Wettstreit um die schönste Krippe in den Kirchen der Stadt. Eine Pilgertour von Kirche zu Kirche lohnt sich. „Schauen Sie mal beim Jesuskind vorbei“, empfiehlt Vávrová. Die nur 47 Zentimeter große Wachsstatue liegt im Mittelaltar der Kirche St. Maria vom Siege in der Karmelitska-Straße. Der Sage nach soll das Prager Jesuskind die Stadt vor der Pest und dem Dreißigjährigen Krieg bewahrt haben.

Auch musikalisch haben die Kirchen einiges zu bieten. Ein besonderes Erlebnis ist die Aufführung der „Böhmischen Hirtenmesse“ von Jakub Jan Ryba in der barocken Nikolaikirche am Altstädter Ringplatz. Das 1796 komponierte Werk verbindet die lateinische Messe mit den volkstümlichen Traditionen der böhmischen Weihnacht. Sie wird auch im Ständehaus aufgeführt, das zu den schönsten Theatergebäuden Europas zählt.

Weitere kulturelle Höhepunkte sind die Ballettaufführungen von „Der Nussknacker“ im Nationaltheater. Zu den Klängen von Tschaikowski erleben die Zuschauer eine Inszenierung, welche die berühmte Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens erzählt.

„Mikuláš kommt“, lautete das Motto bereits am 5. Dezember. Nach Einbruch der Dunkelheit waren überall in Prag Nikoläuse unterwegs, begleitet von Teufel und Engel. Der bärtige Mann fragte die Kinder, ob sie artig waren. Für ein „Ja“ gab ihnen der Engel Süßigkeiten. Böse Kinder bekamen vom Teufel Kohle und einen groben Rüffel unter lautem Kettenrasseln.

Fischschuppe bringt Glück und Geld
Nach dem Nikolaustag begannen in vielen Familien die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest. Weil traditionell am Heiligen Abend Karpfen auf den Tisch kommt, gehören im Dezember große Holzbottiche zum Prager Stadtbild. In ihnen schwimmen die Fische aus Südböhmen. „Meist wird der Karpfen gebraten und mit Kartoffelsalat serviert“, erzählt Vávrová. Nach altem Brauch ist auf dem Tisch ein Gedeck mehr – es besteht die Möglichkeit, dass ein unerwarteter Gast kommt. Ein anderer Brauch will, das unter dem Teller eine Fischschuppe liegt. Das soll Glück und Geld für das kommende Jahr bringen.

Einen ausgedehnten Spaziergang können Urlauber entlang der Moldau oder hinauf auf den Laurenziberg (Petřín) machen, den Hausberg von Prag. Beherrscht wird die Prager Kleinseite allerdings vom Hradschin. Dort, in der Prager Burg, hat der tschechische Staatspräsident seinen Amtssitz. Die Burg wiederum wird überragt von der St.-Veits-Kathedrale, in der die böhmischen Kaiser und Könige gekrönt wurden. Zuvor mussten sie alle über die Karlsbrücke gehen, die heute Fußgängern vorbehalten ist.

Auf dem Burgberg lohnt auch der Besuch des Klosters Strahov mit seinen reich geschmückten Bibliothekssälen. Eine Wanderung führt hinüber zum Petřín-Turm. Der kleine Bruder des Eiffelturms von Paris ist noch einmal ein echter Höhepunkt – seine Aussichtsplattform bietet den vielleicht schönsten Blick auf die Stadt und die Moldau.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS