18.06.2024

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Der Wochenrückblick

Die große Ablenkung

Warum jetzt alle über Abschiebung reden, und wie sie in Wahrheit alles beim Alten lassen

Hans Heckel
08.06.2024

Die Politik musste nach dem grauenvollen Mord von Mannheim, wo ein radikal-islamischer Afghane den 29-jährigen Polizisten Rouven L. hinterrücks erstochen hat, blitzschnell reagieren. Und tatsächlich hat die politische Elite der Republik auch umgehend geliefert. Ziel der Operation: Ablenkung!

Wie schon nach den Silvester-Exzessen von 2015, dem Massenmord auf dem Berliner Weihnachtsmarkt 2016 oder den Messermorden von Brokstedt und anderen Orten geht es den meisten politischen Akteuren darum, jede Änderung der Politik der grenzenlosen Einwanderung zu vereiteln. Das ist gar nicht so einfach, denn offen aussprechen kann man diese Absicht in der aufgeheizten Atmosphäre nur um den Preis des politischen Selbstmords.

Also lenken die Verantwortlichen die Debatte listig auf ein totes Gleis. Dort soll sich das geschockte und empörte Volk wieder beruhigen, während die steilen Politikersprüche in der Sonne der Vergesslichkeit verdampfen mögen, damit niemand bemerkt, dass aus ihnen mal wieder nichts, aber auch gar nichts Reales gefolgt ist.

Dieses Abstellgleis der Empörung lautet „Abschiebung“. Schon im Oktober forderte Bundeskanzler Olaf Scholz markig, wir müssten endlich „im großen Stil abschieben“. Und des Kanzlers Innenministerin Nancy Faeser kündigte sogar eine Abschiebe-Offensive an, nach der zusätzlich 600 Personen pro Jahr rausgeschafft werden sollten. Nebenbei: Jeden Tag gelangen rund tausend Menschen aus Nicht-EU-Ländern über das Asylsystem oder per Familiennachzug in die Bundesrepublik, mit Faesers „Offensive“ sollen knapp zwei pro Tag wieder verschwinden.

Das Gerede von der (jetzt aber wirklich!) forcierten Abschiebung ist deshalb so gerissen, weil es dieselbe Politik war, die jenen Dschungel aus Einspruchsmöglichkeiten mit endlosen Instanzenwegen geschaffen und bei Bedarf mit pauschalen Abschiebestopps befestigt hat, in dem sich jede „Abschiebe-Offensive“ von vornherein verfranzen muss. Und wenn es doch einmal passieren sollte, dass jemand nach Hause gebracht werden konnte, kann er einfach wieder einreisen und den ganzen Prozess von Neuem starten. Genau jene Politiker, die jetzt „bestürzt“ (Scholz) oder „zutiefst erschüttert“ (Faeser) sind, halten an diesem System der Abschiebe-Verhinderung eisern fest. Wenn sie nun verstärkt Abschiebungen fordern, tun sie es in dem Wissen, alles dafür getan zu haben, damit nichts daraus wird. Da kann man dann ruhig ordentlich auf die Pauke hauen. Ändert sich ja doch nichts.

Im Gegenteil: Mit der neuen Turbo-Einbürgerung sorgt die Ampel dafür, dass sogar eine Nachfolge-Regierung, die den Dschungel lichten und Abschiebungen wirklich erleichtern wollte, bei immer mehr Hereingeschneiten gar keine Chance mehr auf Vollzug hat, da die ja nun den deutschen Pass besitzen.

Was etwas ändern könnte, wäre ein rigides Grenzregime, das die Leute gar nicht erst hereinlässt. Das Thema spielt in dem vielstimmigen Gerede nach dem Mord von Mannheim bezeichnenderweise kaum eine hörbare Rolle. Damit das auch auf jeden Fall so bleibt, baut Annalena Baerbock sicherheitshalber vor. Den tödlichen Messerangriff des Afghanen als Argument für eine verschärfte Einwanderungspolitik zu verwenden, sei „wirklich total kontraproduktiv“, insistiert die grüne Außenministerin.

Aus Verzweiflung wird Frechheit
Da hat sie allerdings recht, zumindest aus ihrer Warte. Denn „kontraproduktiv“ bedeutet in der linksgrünen Welt, dass auf Mannheim eine Debatte folgen könnte, an deren Ende eine wirklich drastische Reduzierung der Asyleinwanderung auf nahe Null stünde. Etwa so, wie es die neue Regierung in den Niederlanden anstrebt. Aber erkennt Baerbock denn das Ablenkungsmanöver ihrer eigenen Gesinnungsgenossen nicht und wittert daher hinter dem Abschiebungsgerede echten Reformwillen?

Iwo, so dumm ist die selbstverständlich nicht. Aber damit die Deutschen das Ablenkungsmanöver nicht durchschauen und wirklich glauben, dass die Politik in Sachen Zuwanderungsbegrenzung etwas Substantielles vorhat, muss es auch jemandem geben, der davor „warnt“. Sonst wirkt die Täuschung nicht echt genug. Man nennt es „Spiel mit verteilten Rollen“. Nun müssen sie das Theaterstück noch bis September durchhalten, bis zu den anstehenden Landtagswahlen. Danach ist es überstanden, und alles kann so weitergehen wie gehabt. Bis zum nächsten Messermord durch einen radikalen Moslem.

Wenn es nicht so furchtbar real wäre, könnte man es eine Posse nennen. So bleiben wir nur zornig und atemlos zurück und fragen uns: Was haben diese Leute eigentlich vor mit unserem Land? Mit uns? Wer sich diese Fragen ernsthaft stellt, gruselt sich vor den möglichen Antworten, die ihm einfallen. Also lassen wir das lieber sein.

Spannend könnte werden, was Scholz, Faeser, Baerbock und so weiter sagen werden, wenn der Zusammenhang zwischen politisch gewollter Massenzuwanderung und den um sich greifenden Messertaten beim schlimmsten Willen nicht mehr zu leugnen ist. Wie werden sie sich dann wohl herausreden? Vielleicht so, wie es uns Klimaminister Robert Habeck auf einem ganz anderen Feld gerade vorgemacht hat. Man lese und staune:
Zwei Jahre lang hat er versucht, den rasanten wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands entweder ganz wegzusalbadern oder ihn auf das Konto „externer Faktoren“ zu schieben – die Corona-Nachwirkungen, den Krieg, was weiß ich. Nur die deutsche Politik sollte nicht schuld sein an dem Debakel.

Doch die Fadenscheinigkeit dieser Masche wurde irgendwann auch für den Allerletzten erkennbar. Daher hat sich Habeck nun etwas Neues einfallen lassen getreu dem Motto: Frechheit siegt!

„Friedrich Merz, die Union ist verantwortlich für die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten“, donnerte Habeck beim kleinen Parteitag der Grünen in Potsdam. Alles gehe nämlich zurück auf den „historischen Fehler der Großen Koalition“ (welche Rolle spielte Merz da eigentlich? Ach, lassen wir das ...), weil die uns vom russischen Gas abhängig gemacht habe.

Dass die Sache mit dem Gas schon unter Rot-Grün in den Jahren 1998–2005 losging, soll uns hier gar nicht weiter stören. Aber ist es nicht toll, wie Habeck hier den beschlossenen raschen Kohleausstieg und vor allem den absurden Ausstieg aus den letzten Kernkraftwerken mal so eben vom Tisch der Geschichte wischt?

Die Union sei „energiepolitisch eine Geisterfahrerpartei“, setzte der grüne Vizekanzler noch oben drauf. Zur Erinnerung: Die ganze Welt setzt auf Atomkraft oder baut Kohlekraftwerke, nur das linksgrüne Deutschland weiß es besser. Doch wer die deutsche Linie nicht so genial findet wie Robert Habeck, der ist ein Geisterfahrer – so hört es sich an, wenn aus Verzweiflung Frechheit wird. Und so ähnlich wird es wohl auch klingen, wenn die politische Mitverantwortung für die Messermorde nicht mehr zu verhehlen ist.


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