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Der Chinese Li Fangwei hat vermutlich entscheidend beim Aufbau des iranischen Kurz- und Mittelstreckenraketen-Arsenals geholfen – Pekings Rolle bleibt undurchsichtig
Lange Zeit galt der frühere Sowjetoffizier und spätere Waffenhändler Wiktor But als schlimmster „Händler des Todes“ – bis er schließlich 2008 verhaftet und an die USA ausgeliefert wurde. Danach trat ein unscheinbar wirkender Chinese namens Li Fangwei in seine Fußstapfen. Dabei könnte der am 18. September 1972 in Heilongjiang geborene Geschäftsmann, welcher auch unter den Aliasnamen Karl Lee, Sunny Bai, Song Dahai, David Li, Wei Li oder schlicht und einfach als KL oder Patric auftritt, sogar noch gefährlicher als But sein. Denn während der Russe vor allem die Konfliktparteien in den diversen Bürgerkriegen auf dem afrikanischen Kontinent sowie islamische Terrorgruppen mit Kleinwaffen belieferte und damit möglicherweise sechs Milliarden US-Dollar verdiente, soll Li sich stattdessen darauf konzentrieren, das iranische Mullah-Regime aufzurüsten. Dazu gehört in erster Linie die Unterstützung beim Bau von Raketen, welche Massenvernichtungswaffen tragen und Distanzen von bis zu 2500 Kilometern zurücklegen können.
Genauere Informationen hierüber sind allerdings rar. Vermutlich gründete Li ab 1998 mehr als zwei Dutzend Firmen zur Umgehung der Sanktionen gegen den Iran – so vermeldet es jedenfalls das Rechercheteam Project Alpha am King's College London. Zu den fraglichen Unternehmen, die Embargo-Ware in den USA oder anderswo kauften und dann in den Golfstaat verschifften, gehörten dabei zweifelsfrei die Sinotech (Dalian) Carbon & Graphite Manufacturing Corporation in Wafangdian sowie die Dalian Trust International. Die erstere Firma lieferte isostatischen Graphit und die letztere eine spezielle Art von Kaolin. Beide Rohstoffe werden für die Herstellung von Feststoffraketen benötigt.
Geheimdienste fahnden weltweit
Darüber hinaus beschaffte Li vermutlich auch noch hochfeste Legierungen und technische Bauteile wie Steuerkreisel für das iranische Raketenprogramm, welches in den vergangenen Jahren bedrohliche Ausmaße angenommen hat. So konnte das Mullah-Regime seit dem Beginn der Kooperation mit Li zahlreiche neue Raketentypen produzieren, unter anderem etliche Typen von Kurz- und Mittelstreckenraketen.
Aus diesem Grunde gelten die Aktivitäten Lis als derart gefährlich, dass zahlreiche Geheimdienste von der CIA und dem FBI in den USA über den britischen MI6 und den israelischen Mossad bis hin zum deutschen Bundesnachrichtendienst auf seiner Spur sind, wobei es wohl der US-Präsident George W. Bush war, der die Jagd auf den Chinesen eröffnen ließ. Mittlerweile steht Li auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher des FBI, und das US-Außenministerium setzte eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für Hinweise aus, die zu seiner Festnahme oder Verurteilung führen. Die Auslobung dieses Kopfgeldes erfolgte, nachdem ein Gericht im südlichen Bezirk von New York City am 28. April 2014 Anklage gegen Li erhoben hatte und ein Bundeshaftbefehl erlassen wurde.
Im Einzelnen lauten die Vorwürfe gegen Li: Verschwörung zur gemeinschaftlichen Verletzung des International Emergency Economic Powers Act, welcher der US-Regierung die Verhängung von umfassenden wirtschaftlichen Sanktionen gegen ausländische Regierungen, Organisationen und Unternehmen ermöglicht, Verschwörung zur Durchführung von Geldwäsche sowie Verschwörung zur Begehung von Überweisungs- und Bankbetrug. Dabei soll Li seinen Kunden stets maßgeschneiderte Lösungen präsentiert haben, weshalb ihm die Waffenhändlerszene den Spitznamen „The Tailor“, zu Deutsch „Der Schneider“, verlieh.
Israel und Teile von Europa in Gefahr
Nun kursiert das Gerücht, dass Li in einem chinesischen Gefängnis sitze – so vermeldeten es im April vier deutsche Investigativreporter, welche fünf Jahre lang über den Embargobrecher recherchiert und ihre Erkenntnisse unter anderem im Bayerischen Rundfunk und „Spiegel“ publik gemacht haben. Dabei gingen die Journalisten davon aus, dass die Inhaftierung Lis die Folge einer vertraulichen Übereinkunft zwischen Washington und Peking sei.
Wenn dem tatsächlich so ist, hätte dieser Versuch der Bekämpfung der Proliferation, also der gezielten Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen oder deren Trägersystemen, allerdings keinen sonderlichen Erfolg gehabt. Denn wie nun bekannt geworden ist, erhoben die USA inzwischen auch noch gegen den Chinesen Qiao Xiangjiang Anklage. Der soll für Lis Firma Sinotech arbeiten und zudem mit 40 Prozent an der Dalian Trust International beteiligt sein. Daher steht für Daniel Salisbury vom Royal United Services Institute, einem unabhängigen britischen Forschungsinstitut für Sicherheitsfragen, fest: „Die Beseitigung des Gesichts hinter dem Netzwerk bremst weder die Produktion, noch ändert es etwas an den Geschäftsbeziehungen zum Iran.
Das Gefährliche an diesen Geschäftsbeziehungen ist nicht nur der Umstand, dass das mittlerweile auch nach dem Besitz von waffenfähigem Uran strebende Regime in Teheran dadurch Raketen in die Hände bekam, mit denen es Israel und Teile von Europa anzugreifen vermag. Ebenso könnte Teheran seine Kurz- und Mittelstrecken-Raketen an Russland liefern, womit dann deren Einsatz im Ukraine-Krieg im Bereich des Möglichen läge.
Dabei steht zu vermuten, dass Li und Qiao nicht auf eigene Faust handeln, sondern letztlich nur Strohmänner sind, hinter denen die kommunistische Führung der Volksrepublik China selber steht. Immerhin befindet sich Peking ja ganz augenscheinlich in einer Art Kaltem Krieg mit dem Westen und sucht daher permanent nach Gelegenheiten, den Gegner nach allen Regeln der Kunst in die Bredouille zu bringen. Denn das erleichtert es dem Reich der Mitte natürlich, seine eigene Weltordnung zu errichten. Insofern darf durchaus bezweifelt werden, dass Li tatsächlich in irgendeinem chinesischen Geheimgefängnis verrottet.
Ralf Pöhling am 04.06.23, 11:58 Uhr
Und deutsche Ex-Luftwaffenpiloten bringen chinesischen Luftwaffenpiloten in China gegen hohes Salär seit Jahren den Luftkampf bei. Wie geht das zusammen? Eigentlich gar nicht. Ich habe an sich kein Problem mit den Chinesen, eher mit ganz anderen, aber ich halte jede Form von Export militärischer Expertise ans (potentiell) feindliche Ausland für grob fahrlässig und im direkten Konfliktfall für Landesverrat. Interessant ist, dass das in weiten Teilen bei uns bisher gar nicht verboten ist. Im Kalten Krieg war das noch anders. Da war man sich bewusst, dass man den Gegner oder gerade den direkten Feind natürlich nicht militärisch unterstützt, in welcher Form auch immer. Aber irgendwie ist dieses natürliche Wissen seit Ende des Kalten Krieges verloren gegangen und durch Naivität und Käuflichkeit ersetzt worden. Ich persönlich habe das nie abgelegt. Ich bin nicht käuflich und unterstütze generell nur die, mit deren Werten ich im Einklang stehe. Im Zweifelsfall sogar umsonst. Ich will ja morgens noch in den Spiegel schauen können, ohne dabei zu erbrechen. Und nicht nur das: Wenn ich jemandem gezielt ein sehr spezielles Handwerk beibringe und dieser vielleicht gar nicht in meinem Interesse agiert, dann kann er dieses Handwerk natürlich gegen mich selbst einsetzen. Dann habe ich mein eigenes Grab geschaufelt.