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Politik

Die Kette von Peinlichkeiten reißt einfach nicht ab

Die von Kanzler Olaf Scholz bei Beginn des Ukrainekriegs ausgerufene „Zeitenwende“ gerät für Teile der Regierung zur historischen Farce

Hans Heckel
23.03.2022

Bundeskanzler Scholz sprach kurz nach Ausbruch des Ukrainekriegs von einer „Zeitenwende“, was wohl ausdrücken sollte, dass er und seine Regierung die Zeichen für den Epochenwechsel verstanden hätten. Ist das so? Bislang jedenfalls reiht sich ein Fauxpas an den anderen. Das lässt nur den Schluss zu, dass die Ampel-Koalition mit der neuen Realität völlig überfordert ist. Schlimmer noch: Dass es den Akteuren schlicht an der geistigen Statur und dem politischen Überblick mangelt, um mit einer wirklichen historischen Herausforderung zurechtzukommen.

Zuletzt war es Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck, der sich und sein Land blamierte – und seine Partei, die Grünen. Am Persischen Golf begrüßte er den Vertreter Katars mit einer unterwürfigen Verbeugung, die einmal sinnbildlich werden könnte für die Hilflosigkeit der Führung des heutigen Deutschland. Durch seine Partnerschaft mit dem despotischen Emirat, die er „großartig“ nannte, entlarvte er das moralische Pathos seiner Partei als Schönwetter-Heuchelei. „Wir Grünen unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Diktatoren“, hatte Habecks Parteifreund, der derzeitige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, unlängst noch getönt. Und ob sie das tun!

Begonnen hat die Serie der Peinlichkeiten bekanntlich mit den 5000 Helmen, die Berlin anstelle von Waffen an Kiew liefern wollte. Mittlerweile ist fast untergegangen, dass man gleichzeitig Estland sogar verboten hatte, Feldhaubitzen aus NVA-Beständen an die Ukraine zu übergeben, die Deutschland dem baltischen Verbündeten überlassen hatte.

Beschämende Szenen

Den Höhepunkt des Peinlichen stellte zweifellos das Verhalten des Bundestages nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj dar. Auf Beschluss der Ampel-Mehrheit ging man bruchlos zur Debatte über die Impfpflicht über. Der historische Moment geriet zur Farce. Warum? Weil „Impfpflicht“ nun einmal auf der Tagesordnung stand. Katrin Göring-Eckardt hatte die Leitung der beschämenden Sitzung. Jene Grünen-Politikerin, die sich gern als Gewissen der Nation ausgibt.

Als Oppositionschef Friedrich Merz die Situation im Plenum noch retten wollte, wurde er von der Ampel niedergestimmt und parteipolitischer Spielchen bezichtigt. Ein vielsagender Vorwurf, zeigt er doch, in welcher Münze jene Leute denken, die ihn in einem solchen Moment erheben. Reue für diese Entgleisung bekundeten die Verantwortlichen erst, als sie die Empörung und Verachtung wahrgenommen hatten, die ihnen für den Fehltritt entgegenschlug.

Woher nur rührt diese Kette des Versagens? Offenbar haben wir es mit einer Generation von Luxuspolitikern zu tun, die sich nur mit Problemen befassen mögen, die sie sich selbst ausgedacht haben und deren „Bewältigung“ ihnen daher auch Spaß macht. Etwa der angeblich unmittelbar bevorstehende Klima-Kollaps, der Kampf gegen „Rechts“ (oder was sie dazu erklären), für das Gendern oder für immer peniblere Sprachregelungen, die unser Denken bis ins tägliche Leben hinein formen sollen nach ihren Vorstellungen.

Innenministerin Nancy Faeser hat die Gefahr von „Rechts“ gerade erst wieder zur „größten Bedrohung der Demokratie“ aufgepumpt, ohne dafür irgendwelche Daten liefern zu können. Warum auch? So wie ihre Kollegen ist sie längst daran gewöhnt, allein auf der Basis von Behauptungen und ohne Rücksicht auf Fakten regieren zu können. Wie Kinder, die sich ihre Welt so machen, wie sie ihnen gefällt.

In deren ideologischen Kokon dringt die Realität schon seit Jahren kaum noch ein. In diesem sich selbst bestätigenden Kreis, den die regierungsnahen Medien nahezu perfekt abgerundet haben, war die „politische Elite“ sicher vor solchen Zumutungen. Zur Not konnten Probleme mit Geld zugeschüttet werden. Doch das reicht plötzlich nicht mehr. „Zeitenwende“? Starke Zweifel sind angebracht, ob Scholz überhaupt begriffen hat, was dieses Wort bedeutet.


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Kommentare

sitra achra am 28.03.22, 15:09 Uhr

Ich sehe Licht am Ende des Tunnels, nämlich die Frontlichter der russischen Dampfwalze.

Jan Kerzel am 24.03.22, 20:08 Uhr

Chris Benthe. ...um das Licht am Ende des Tunnels zu erreichen und ins Freie zu treten. Wir wissen seit Helmut Schmidt, wer Visionen ( und Illusionen) hat, der hat in erster Linie ein medizinisches Problem. Der gesamte obere staatlich- politische und mediale Betrieb ist zum erheblichen Teil von Personen dominiert, die diesen Erwartungen und Hoffnungen diametral entgegenstehen. Die verschärfte unvermeidliche Problemlage hat daran nichts geändert, sondern die enormen, schon lange vorhandenen und gepflegten Defizite nur evidenter gemacht. Letztlich muss die Bevölkerung selbst die politische Wende einläuten. Das sehe ich zur Zeit nicht. Die Opposition bewegt sich irgendwo im 10 bis 20 Prozent Bereich, seit Jahren relativ stabil. Damit können die herrschenden Kreise gut leben. Dies muss nicht so bleiben, denn der Friede ist zerbrechlich geworden, der Eierkuchen wird permanent teurer, und die Freude lässt spürbar nach. Vielleicht sind die nächsten Landtagswahlen ein Indikator für einen Veränderungswillen der Bevölkerung, Vielleicht....

Chris Benthe am 23.03.22, 11:44 Uhr

Im Grunde ist es gut, dass alles so kommt, wie es kommen musste. Nur dadurch, dass für nun auch für den letzten deutschen Schlafmichel die katastrophalen Folgen dieser Anti-Politik der Merkel-Erben SPÜRBAR wird, kann sich etwas ändern. Vorbei die Zeiten, da man das Elend der Welt am Schnarch-TV verdämmerte, unn trifft es uns umso härter. Dabei hat es gerade erst begonnen, schlimm zu werden. Es wird noch viel schlimmer werden. Hyperinflation, Wirtschaftsverfall, Massenmigration und Krieg bilden eine teuflische Mischung. Corona war nur der Auftakt zu einem in die ultimative Katastrophe schliddernden Europa. Es mutet zynisch an, wenn man das Fazit wagt, dass all dies notwendig wurde, um Europa auf einen neuen Weg zu bringen. Notwendig, um all den Firlefanz der "Wokeness" ein für allemal zu bannen und zur Realpolitik zurückzukehren, sich von sämtlichen Illusionen einer "besseren Welt" zu verabschieden. Eine bessere Welt entsteht am ehesten, wenn man in der nüchternen, eisernen Praxis ihren wirren Theoremen misstraut. Durchstehen wir also, so gut es eben geht, das kommende Schreckliche, um das Licht am Ende des Tunnels zu erreichen und ins Freie zu treten.

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