25.04.2024

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Wirtschaftspolitik

„Die nächsten Werke bauen wir eher in Amerika“

Staatseingriffe führen zwischen der EU und den USA zu einer massiven Verzerrung des Wettbewerbs um Investitionen

Hermann Müller
28.03.2023

Die Brandenburger Wirtschaftsförderung kann für vergangenes Jahr eine Rekordbilanz vorlegen. Mit einem Investitionsvolumen von 1,85 Milliarden Euro beziehungsweise 305 Investitionsprojekten erzielte die Förderungsagentur das beste Ergebnis seit ihrer Gründung im Jahr 2001. Eine große Rolle bei dieser Entwicklung spielt der US-Elektroautobauer Tesla. Dieser beschäftigt in seinem Werk östlich von Berlin mittlerweile 8500 Angestellte. Mit der Tesla-Ansiedlung kommen inzwischen auch Zulieferbetriebe. „Brandenburg entwickelt sich zu einem neuen Zentrum für moderne Mobilität und nachhaltige Produktion in Deutschland“, so Jörg Steinbach.

Heimgekehrt von einem USA-Besuch, verkündete Brandenburgs sozialdemokratischer Landeswirtschaftsminister allerdings auch alarmierende Botschaften. So sei der US-amerikanische Photovoltaikhersteller First Solar etwa interessiert, seine vor zehn Jahren aufgegebene Produktion in Frankfurt an der Oder wieder aufzunehmen, erwarte dafür allerdings Schutz vor Konkurrenz aus China, wie Steinbach im Wirtschaftsausschuss des Landtages berichtete.

Warnung vor Umverteilung

Von den Gesprächen mit US-amerikanischen Unternehmen brachte der Minister zudem noch eine andere wichtige Information mit. Angeregt durch die Subventionspolitik des US-Präsidenten Joe Biden baut First Solar in den USA gerade seine Produktionskapazitäten aus. Durch die massive Staatsförderung, die Unternehmen in den USA über den Inflation Reduction Act erhalten können, scheint Europa als Standort zunehmend unattraktiv zu werden. Steinbach warnte: „Wenn hier nicht ganz schnell etwas Substanzielles auf europäischer Seite passiert, haben wir kein Feld auf Augenhöhe, was den Wettbewerb um entsprechende Investitionen betrifft.“

Insgesamt hat die US-Regierung 430 Milliarden Dollar an Subventionen und Steuernachlässen bereitgestellt, mit denen unter anderem die Produktion von Elektroautos in den USA gefördert werden soll.

Die Flut an Staatsgeldern lässt nicht nur US-amerikanische Unternehmen zögern, in Europa neue Werke zu bauen. Immer mehr deutsche Unternehmen zieht es in die USA. Firmen wie Audi, BMW, Schaeffler, Siemens Energy oder der Hamburger Kupferproduzent Aurubis investieren bereits in Übersee oder haben entsprechende Planungen öffentlich gemacht. Klaus Rosenfeld, Chef des Autozulieferers Schaeffler, kündigte nach einem Besuch in Übersee beispielsweise an, „die nächsten Werke bauen wir eher in Amerika“. Rosenfeld wies dabei ganz konkret auf den Inflation Reduction Act hin. „Wir werden ihn auf jeden Fall nutzen, um verstärkt in den USA zu investieren“, so der Schaeffler-Chef. Rosenfeld warnte dabei auch: „Es besteht die Gefahr, dass Europa der Verlierer dieser Umverteilung wird.“ Laut einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer plant inzwischen jedes zehnte Unternehmen Produktionsverlagerungen.

Bei dieser Entwicklung spielen in vielen Fällen auch die massiv gestiegenen Energiekosten eine Rolle. Selbst die EU-Kommissionspräsidentin räumte inzwischen ein, dass die hohen Energiepreise in Europa einen Standortnachteil darstellen. „Wenn jetzt da obendrauf noch die Investitionsmittel der Vereinigten Staaten kommen, dann wird es schwer hier auf der europäischen Seite für unsere Unternehmen“, so Ursula von der Leyen. Als Antwort auf das US-amerikanische Subventionspaket kündigte die Politikerin im Februar einen „Grünen Industrieplan“, an, der die Industrie in Europa stärken soll. Der Plan sieht unter anderem die Lockerung von Beihilferegeln für die Nationalstaaten vor.

Herunterfahren der Stahlproduktion

Diese Antwort der EU legt nicht nur die Grundlage für einen Subventionswettlauf mit den USA. Hierzulande wird wenig beachtet, dass Bidens Inflation Reduction Act nicht nur Subventionen vorsieht, sondern auch Steuererhöhungen. Unter dem Strich sollen am Ende trotz der massiven Fördergelder und Steuergutschriften für den Staatshaushalt Einsparungen von 238 Milliarden US-Dollar herauskommen. Im Fall des „Grünen Industrieplans“ der EU-Kommission scheint es nach bekanntem Muster hingegen auf eine weitere Erhöhung der Schuldenlast hinauszulaufen. Ungelöst ist zudem die Frage, wie Europa bei den Energiekosten wieder wettbewerbsfähig werden will.

Wie schwierig die Lage für hiesige Unternehmen mittlerweile ist, wird im Berliner Umland deutlich. Wegen der hohen Strompreise sah sich er Stahlhersteller Riva bereits gezwungen, seine Elektrostahlproduktion in Hennigsdorf zeitweise herunterzufahren. Als Grund gab das Unternehmen die stark schwankenden und oft extrem hohen Strompreise an. Ähnliche Meldungen kamen auch schon von anderen Elektrostahlhersteller.


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Kommentare

Hütter Waffenstudent am 07.04.23, 09:56 Uhr

Ein Drittel (um Putin) sitzt auf Rohstoffen. Der Rest (um Biden) sitzt auf Verordnungen!
Aber das haben unsere Verbands-Tünnes-se immer noch nicht gerafft.

Kersti Wolnow am 30.03.23, 10:42 Uhr

Schwer, keinen Plan dahinter zu erkennen. Die großen werden zu den US-Besatzern dorthin gelockt und die Kleinen hier systematisch kaputtbürokratisiert. Schon wieder hat ein Schlachter im Landkreis zugemacht.
Wir haben anscheinend keine Regierung, denn die dürfte nicht nur zusehen. Wofür streichen die eigentlich deutsche Steuergelder ein?

H. Schinkel am 29.03.23, 20:59 Uhr

Das die deutschen Firmen in die USA abwandern ist ja auch das erklärte Ziel der Amerikaner. Da die deutschen Politmarionetten nach der Pfeife der Amis tanzen müssen, erledigen die ihren Job klaglos. Ich frage mich jeden Tag was noch alles passieren muss damit sich der Deutsche endlich gegen diese Ausbeutung wehrt.

Ulrich Bohl am 28.03.23, 09:27 Uhr

Das Ergebnis von 16 Jahren Merkelpolitik und danach
einer s.g. Fortschrittskoalition tritt immer stärker zu Tage.
Der einzige, erkennbare Fortschritt ist eine kreativere
Finanz-und Wirtschaftspolitik. Aus Schulden wird jetzt ein
Sondervermögen und Betriebe gehen nicht mehr In-
solvent sondern produzieren nur nicht mehr. Dazu eine fast schon infantile Außenministerin die Rußland neben-
bei mal so den Krieg erklärt und in finnischen Bunkern
Himmel und Hölle spielt. Andere Geistesgrößen
in der Politik runden das Bild ab. Man kann es nur noch
mit den ersten Worten aus Heines Nachtgedanken zu-
sammenfassen: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“
Heinrich Heine

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