27.07.2024

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Die Politik der „FAZ“

Ansgar Lange
06.01.2024

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) war früher das Referenzblatt der bürgerlichen Kreise in der Bundesrepublik. In den Jahren 1949 bis 1982 war das Politikressort des Frankfurter Weltblattes in der Regel auf CDU-Kurs.

Der 1988 geborene Autor Frederic Schulz, um dessen Doktorarbeit bei den Professoren Peter Hoeres und Dominik Geppert es sich bei dem Titel „Am Webstuhl der Zeit“ handelt, arbeitet als freier Trauerredner. Und so könnte er gleichsam betrauern, was die „FAZ“ einst war und heute ist.

Die Anfänge waren mühsam. Das Politikressort wuchs in den ersten Jahren nur langsam. Anfang 1953 konnte die Zeitung erstmals die 100.000er-Auflage knacken. Die Spenden deutscher Unternehmer waren die Basis der erfolgreichen Expansion der „FAZ“. Mit Paul Sethe, Walter Henkels, Peter Grubbe und Adelbert Weinstein prägten vor allem Redakteure aus dem Politikressort die Wahrnehmung der Zeitung bei ihren Lesern. Sethe musste die Zeitung 1955 verlassen, weil seine Kritik an der Adenauerschen Außenpolitik die Kreise des Kanzlers störte.

Laut Arnulf Baring sah der Gründungskanzler in der Presse keinen Partner, sondern ein Werkzeug, das dazu da war, seiner Politik zu dienen. Adenauer scheute sich nicht, auf die Geldgeber des Blattes in puncto eines Anzeigenverzichts hinzuwirken. Sethes Ausscheiden musste durchaus den Anschein erwecken, als habe sich der Kanzler die Zeitung gefügig gemacht.

Im Streit um die Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel, die der vormalige Leiter der politischen Redaktion Jürgen Tern unterstützte, musste dieser ebenfalls im Jahr 1970 seinen Hut nehmen. Auch wenn die Journalisten mit einem CDU-Parteibuch kaum Chancen hatten, Redakteure der „FAZ“ zu werden, wurde ein zu CDU-kritischer Kurs an der Spitze des Blattes offenkundig nicht geduldet.

Älteren Lesern sind die Edelfedern Johann Georg Reißmüller und Friedrich Karl Fromme sicher noch ein Begriff. Reißmüller prägte mit der Zuständigkeit für das Politikressort in den Jahren 1974 bis 1999 die Zeitung maßgeblich. Fromme verantwortete zwischen 1974 und 1997 die Innenpolitik.

Schulz unterteilt die Geschichte der Zeitung in eine Pionier-Phase (1949–1955), eine gouvernementale Phase (1956–1970) und eine konservativ-oppositionelle Phase (1971–1982). Im Gegensatz zur konservativeren „Welt“ aus dem Springer-Verlag setzte sich die „FAZ“ im Sturm der 1968er für Besonnenheit und Mäßigung ein. In der Zeit der Regierungen Brandt und Schmidt fand eine deutliche konservative Profilierung statt.

Schulz zufolge trat der typische „FAZ“-Journalist in der von ihm untersuchten Phase als Lehrer und Dozent auf – allerdings ohne die Leser zu bevormunden, wie dies heute leider oft der Fall ist. Wer sich für Mediengeschichte der Bundesrepublik interessiert, kommt an diesem ziegelsteinschweren Werk kaum vorbei.

Frederic Schulz: “Am Webstuhl der Zeit. Das Politikressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von 1949 bis 1982“, Brill/Schöningh, Paderborn 2023, gebunden, 443 Seiten, 69 Euro


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