17.08.2025

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Koalitionsklausur

Die SPD setzt sich weitgehend durch

In Berlins Landesregierung ist die Union zwar der weitaus stärkere Partner – Doch davon merkt man wenig

Hermann Müller
03.07.2025

Vor zwei Jahren ging die Hauptstadt-CDU mit mehr als 28 Prozent als klarer Sieger aus der Berlin-Wahl hervor. Die Sozialdemokraten lagen fast zehn Prozentpunkte dahinter, sie fuhren sogar ihr schlechtestes Wahlergebnis seit dem Mauerfall ein. Angesichts dieser klaren Entscheidung der Berliner Wähler wirkt es einigermaßen erstaunlich, mit welchem Selbstbewusstsein die SPD in der schwarz-roten Koalition auftritt.

Vor allem Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe gelingt es immer wieder, der Senatspolitik eine starke SPD-Handschrift aufzudrücken. Bereits im Dezember 2024 hatte beispielsweise der Senat die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber beschlossen. Eingeführt ist die Karte mittlerweile in 15 Bundesländern – nur nicht in Berlin. Die Sozialdemokratin Kiziltepe ist gegen eine strikte Begrenzung der Bargeldfunktion auf 50 Euro.

Regierungschef Kai Wegner (CDU) hat es bisher vermieden, per Richtlinienkompetenz die Einführung der Karte durchzusetzen. Auch öffentliche Kritik an Kiziltepe ist von Seiten der Christdemokraten fast nie zu hören. Hinter der Zurückhaltung sehen Beobachter die Angst in der Hauptstadt-CDU, die SPD könnte bei Kritik in die Arme von Grünen und Linkspartei getrieben werden.

Seit Wochen geht das Gerücht um, SPD-Fraktionschef Raed Saleh plane, die schwarz-rote Koalition platzen zu lassen, um sich dann von den Grünen und der Linkspartei zum Regierenden Bürgermeister wählen zu lassen. Auch bei dem jüngsten Klausurtreffen der Spitzenpolitiker von CDU und SPD ist es den Sozialdemokraten offenbar wieder gelungen, ihre Schwerpunkte als Senatspolitik durchzusetzen.

Als Erfolg verbuchen kann die Berliner CDU immerhin, dass bei der Klausurtagung eine Verschärfung des Polizeigesetzes vereinbart wurde. Zur Kriminalitätsbekämpfung soll die Polizei bei der Videoüberwachung an kriminalitätsbelasteten Orten und auch bei der Überwachung von Online-Kommunikation mehr Befugnisse erhalten. Den Beamten soll in der Hauptstadt künftig bei Gefahr für Leib und Leben zudem ein „finaler Rettungsschuss“ erlaubt werden. Verabredet hat die Koalition zudem eine Ausweitung des Schutzes von Frauen gegen häusliche Gewalt. Um die Verschärfung des Polizeigesetzes hatten CDU und SPD schon längere Zeit gestritten. Mit der Einigung kann die Union nun zumindest bei der inneren Sicherheit einen Pluspunkt für sich verbuchen.

Lauter linke Projekte
Allerdings sieht die Bilanz der Sozialdemokraten deutlich besser aus: Verabredet wurde etwa eine Änderung des Berliner Neutralitätsgesetzes. Mit der Änderung sollen grundsätzlich kopftuchtragende Lehrerinnen in den Berliner Schuldienst eingestellt werden können. Lediglich wenn bei einer Einzelfallprüfung eine „Gefährdung des Schulfriedens“ festgestellt wird, soll eine Ausnahme gelten.

Durchgesetzt hat die SPD bei der Klausurtagung auch die Umsetzung von zwei Vorhaben, die zwar bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, in der CDU aber stark umstritten sind. Berlin bekommt einen Landesmindestlohn, der über dem Mindestlohn liegen darf, der auf Bundesebene gilt. Das war ein Vorhaben, für das sich Arbeits- und Sozialsenatorin Kiziltepe schon länger stark gemacht hatte. Gleiches gilt für das Projekt „Ausbildungsplatzumlage“. Die Umlage soll fällig werden, wenn bis zum Jahresende von der Berliner Wirtschaft nicht 2000 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen worden sind. Kommt die Umlage, müssen alle Arbeitgeber in eine „Ausbildungskasse“ zahlen. Durch diese sollen Firmen gefördert werden, die ausbilden.

Zudem hat die schwarz-rote Koalition auf der Klausur auch vereinbart, dass sie noch bis Jahresende einen Entwurf für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz vorlegt. Das Gesetz soll eine Reaktion auf den erfolgreichen Volksentscheid von 2021 zur Enteignung großer Wohnungskonzerne sein. Das geplante Gesetz soll ganz allgemein Grundlagen für Vergesellschaftungen, also Verstaatlichung in den Bereichen Wasser, Energie und Wohnen schaffen. Die CDU lehnt die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen allerdings ab. Laut CDU-Fraktionschef Dirk Stettner geht es bei dem Gesetz darum, „einen gesetzlichen, sicheren Rahmen dafür zu schaffen, dass ein starker Staat prüfen kann, ob wir als letztes Mittel eingreifen müssen.“

Scharfe Kritik an den Beschlüssen zu Landesmindestlohn, Ausbildungsplatzumlage und Vergesellschaftungsrahmengesetz kommt von der Berliner Wirtschaft. IHK-Chef Sebastian Stietzel warnt: „Die Berliner Wirtschaft ist seit mittlerweile drei Jahren im Konjunktur-Tief. Sämtliche weitere Belastungen sind Gift angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage.“


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Kommentare

Peter Wendt am 05.07.25, 13:00 Uhr

Der Betrug an den Wähler ist offensichtlich. Linke Ideologien und Vorgehensweisen wurden von der CDU in Berlin aber auch im Bund weitgehend adaptiert. Die CDU erweist sich als Wurmfortsatz einer sozialistischen Politik, einer radikalen im Grunde antidemokratischen Minderheit, ohne eigene Inhalte, ohne Format, ohne konservative Werte. Ein Betrugsfall. Es wird sich nichts ändern bevor die Bürger endlich auf die Strasse gehen. Die Parlamente, die Berufspolitiker, die Verfassungsrichter haben es zugelassen, „die Demokratie ist verstorben“, da kommt wahrscheinlich jede Hilfe zu spät.

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