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Mindestens 40.000 Geisterdörfer übersäen die Bundesrepublik – Die Gründe für ihre Räumung sind mannigfach
Obwohl die Bevölkerungsdichte in der Bundesrepublik immer mehr zunimmt, existieren zahllose von den Menschen verlassene Geisterdörfer. Manche sind schon vor sehr langer Zeit aufgegeben worden wie die bäuerliche Siedlung Nennewitz im Wermsdorfer Forst unweit der sächsischen Stadt Oschatz, welche bereits im 14. Jahrhundert verfiel, weswegen heute nur noch die Fundamente einiger Häuser und der Kirche zu sehen sind. Solche „Wüstungen“ aus der Epoche der Pest und der spätmittelalterlichen Agrarkrise findet man überall in Deutschland – Experten schätzen ihre Zahl auf mindestens 40.000.
Andere Geisterdörfer entstanden hingegen erst in neuerer Zeit, wobei die Bewohner hier in aller Regel zum Weggang gezwungen worden waren. Das trifft insbesondere auf Ortschaften zu, welche in der Nähe von Truppenübungsplätzen lagen. Nach 1933 entvölkerte die Wehrmacht ganze Landstriche rund um Rechlin, Grafenwöhr, Hammelburg, Königsbrück, Altmark, Münsingen und andere Dörfer, um auf dem freigewordenen Terrain Mensch und Material kriegstüchtig zu machen. In die Fußstapfen des Militärs des Dritten Reiches traten dann ab 1945 die westalliierten Besatzungsmächte und die Rote Armee. Alle 120 Familien in dem Eifelort Wollseifen mussten im August 1946 binnen drei Wochen ihre Heimat für immer verlassen, weil die Briten dort einen Truppenübungsplatz einrichten wollten. Anschließend nutzten sie die leeren Häuser als Zielscheibe.
Eine Entschädigung erhielten die Wollseifener dafür erst zehn Jahre später. Dann benötigte auch die Bundeswehr große Schießplätze. Das bedeutete das Ende von Ortschaften wie Lopau in der Lüneburger Heide, wo seit 40 Jahren niemand mehr lebt. 1969 traf es zudem auch das Dorf Oberbolheim in der Einflugschneise des Fliegerhorstes Nörvenich in Nordrhein-Westfalen, das wegen der permanenten Absturzgefahr weichen musste. Etliche weitere Geisterdörfer mit ehemals insgesamt 23.000 Einwohnern finden sich an der früheren innerdeutschen Grenze. Ihre Zahl liegt bei rund einhundert – dazu gehören unter anderem Billmuthausen, Erlebach und Leitenhausen im Landkreis Hildburghausen, Bardowiek, Lankow und Lenschow im Landkreis Nordwestmecklenburg, Kaulsroth, Liebau und Korberoth im Kreis Sonneberg sowie Ebersberg, Hammerleithen und Markusgrün im Vogtlandkreis.
Die Räumung erfolgte hier stufenweise ab Juni 1952, weil die Lage der Ortschaften die verschärfte Überwachung der Grenze durch das DDR-Regime erschwerte. Ebenso sorgten auch große Infrastrukturprojekte für das Ende von Dörfern. Der Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle wurde der seit mindestens 1497 bestehenden Ortschaft Kursdorf zum Verhängnis: 2017 zog der letzte Bewohner fort. Die Streusiedlung Franzheim im Erdinger Moos fiel wiederum der Errichtung des neuen Münchener Flughafens zum Opfer. Hier existiert lediglich noch ein einziges Anwesen. Und Alt-Fall im oberbayerischen Isarwinkel kann heute nur mit einer Taucherausrüstung „betreten“ werden, denn das Dorf liegt seit 1959 auf dem Grund des Sylvensteinstausees.