17.06.2025

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Erklärt den Einfluss Rubens auf Künstler in Schlesien: Nicole Ullrich
Bild: WagnerErklärt den Einfluss Rubens auf Künstler in Schlesien: Nicole Ullrich

Östlich von Oder und Neiße

Dralle Kurven voller Sinnlichkeit im Nationalmuseum

Ob der flämische Maler Peter Paul Rubens in Schlesien war, hat die Forschung bisher noch nicht bestätigen können

Chris W. Wagner
17.06.2025

„Rubens in Schlesien“ ist die erste Ausstellung, die zeigt, welche Faszination die Kunst des flämischen Barockmalers Peter Paul Rubens (1577–1640) auslöste – auch in Schlesien. Das Breslauer Nationalmuseum präsentiert beinahe 200 Stücke aus seiner Sammlung sowie Leihgaben aus anderen Museen europaweit sowie aus privaten und kirchlichen Beständen.

Eine deutschsprachige Führung lockte am Pfingstwochenende etwa 20 Interessierte aus Deutschland, die mit dem „Kulturzug“ von Berlin über Cottbus nach Breslau anreisten. Unter ihnen waren auch Familien, welche die Heimat ihrer Vorfahren kennenlernen wollten. Andere Besucher waren von dem berühmten Flamen angezogen. „Der Name Rubens ist das Lockmittel. Wir zeigen vier Originalwerke von Rubens. Leihgaben, welche die Ausstellung eröffnen. Der Schwerpunkt der Schau ist jedoch der große Einfluss auf die schlesischen Künstler bereits zu Rubens Lebzeiten, aber auch später“, erklärt Kunsthistorikerin Nicole Ullrich, die durch die Ausstellung führte.

Rubens Leben war wohl das eines erfüllten Mannes, der zweimal verheiratet war, zahlreiche Nachkommen hatte und auf eine beeindruckende Karriere mit finanziellem Erfolg zurückblicken konnte. „Rubens ist berühmt geworden – außer, dass er ein sehr guter Maler war – wegen des Sinnlichen seiner Werke. Sie haben sicher schon von der Rubensfigur gehört. Seine weiblichen Figuren sind besonders sinnlich, fleischlich und rundlich“, sagt Ullrich und zeigt das Gemälde „Justitia“. Sie deutet zudem dabei auf die starken Kontraste zwischen Hell und Dunkel in Rubens Werken hin.

Neben vier Originalwerken des Flamen zeigt die Ausstellung Werke schlesischer Künstler, die versucht haben, seinen einzigartigen Stil nachzuahmen, was zu Hunderten, wenn nicht gar Tausenden Werken geführt hat, die in Nieder- und Oberschlesien zu finden sind. Meister, wie Michael Willmann, Martin Fest und Georg Scholz, aber auch der Breslauer Maler Johann Lichtenstein, der während eines Besuchs in Antwerpen in Rubens Werkstatt war, hatten sich inspirieren lassen. „Rubens selbst war wohl nie in Schlesien gewesen“, sagt Ullrich, zumindest gäbe es dafür keine Beweise.

Die Ausstellung im Breslauer Nationalmuseum zeigt auch, wie zu Rubens Zeiten der Umgang mit Kunstwerken und der Zugang zu Kunst waren. Denn bevor es in Breslau Museen gab, wurden in drei Stadtkirchen, der Elisabeth-, der Maria-Magdalenen und der Bernhardin-von-Siena-Kirche Kabinette, also eine Art Bibliotheken, eingerichtet. „In der Elisabeth-Kirche wurden bis zu 10.000 Blätter gesammelt. Man konnte sie an einigen Wochentagen für zwei Stunden bewundern. Diese Sammlungen verstreuten sich im 18. Jahrhundert im Zuge der Säkularisierung in Bibliotheken und Museen“, so Ullrich. Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg sei vom Nationalmuseum der Versuch gestartet worden, „einen Eindruck zu vermitteln, wie solche Bibliotheken ausgesehen haben. Man kann sagen, dass diese Blätter für eine kurze Zeit zwar nicht in die Elisabeth-Kirche, aber immerhin nach Breslau zurückgekehrt sind.“

Die Ausstellung zeigt auch das Schicksal des berühmtesten schlesischen Barockschlosses in Briese [Brzezinka] bei Oels [Oleśnica]. Vor dem Krieg gehörte der Palast der Familie von Kospoth, die eine beeindruckende Kunstsammlung besaß. Heute stehen in Briese nur noch Ruinen. „Normalerweise denkt man, das Schloss wäre im Krieg zerstört worden. Allerdings hat dieses Schloss den Krieg fast unbeschadet überstanden“, erklärt Ullrich. „Es gibt einen Eintrag in der Denkmalpflege, dass in den frühen 50er Jahren die Denkmalpfleger dorthin gereist waren und gesagt hätten: ‚Der Ballsaal wurde zum Schweinestall umgebaut' und man hatte das Objekt sich selbst überlassen. In den 60er Jahren kamen die Denkmalpfleger noch einmal und vermerkten: ‚Das Schloss ist bereits eine Ruine, aber wir können noch etwas retten – wie die Decke mit der Allegorie der Musik', was heute im Besitz des Breslauer Nationalmuseums ist“, sagt sie. Die Breslauer Ausstellung stellt einen Teil des Ballsaals mit einem barocken Wandbild von Johann Franz de Backer, einem mit Antwerpen verbundenen Maler, nach.

Die Ausstellung „Rubens in Schlesien“ in Polnisch und Englisch kann noch bis zum 30. November im Breslauer Nationalmuseum, plac Powstańców Warszawy 5, besichtigt werden.


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