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Preissteigerungen durch Inflation lassen so manchen zum Langfinger werden
Geschieht es aus krimineller Energie oder aus wirtschaftlicher Not? Das ist die Frage, die sich oft bei Ladendiebstählen stellt. Deren Zahl ist im vergangenen Jahr rasant angestiegen, wie eine aktuelle Studie des Handelsverbandes EHI verrät. Im vergangenen Jahr sei das ohnehin hohe Niveau in Deutschland noch einmal um 15 Prozent gestiegen.
„Die Zunahme der Diebstähle im Jahr 2022 stellte noch eine Rückkehr zur ‚Normalität' der Vor-Corona-Zeit dar. Nun ist aber ein Wendepunkt erreicht, an dem die Zunahme der Ladendiebstähle eine besondere Dimension annimmt und besondere Aufmerksamkeit erfordert“, erklärt Frank Horst, EHI-Studienautor. Die Verluste durch die Ladendiebstähle belaufen sich auf insgesamt 4,1 Milliarden Euro. Von dieser hohen Summe sind rund 2,82 Milliarden Euro der Kundschaft anzulasten, 910 Millionen Euro den eigenen Angestellten sowie 370 Millionen Euro dem Personal von Lieferanten und Servicefirmen. Statistisch gesehen entfällt damit auf jeden Einwohner Deutschlands jährlich ein Warenwert von rund 34 Euro, der nicht bezahlt wird. Anders ausgedrückt passiert jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse.
„Durch die Preissteigerungen bei vielen Produkten sind einige Menschen in finanzielle Nöte geraten und haben häufiger geklaut“, sagt Horst. Einen Anstieg gab es demnach im Lebensmittel- und Bekleidungshandel sowie bei Drogeriemärkten. Ein weiteres Problem sei der Fachkräftemangel im Einzelhandel: „In vielen Geschäften ist heute weniger Personal im Einsatz. Dadurch haben Diebe leichteres Spiel. Personal verhindert durch Präsenz indirekt Diebstähle“, so Horst. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik ist die Zahl der Ladendiebstähle um 23,6 Prozent auf insgesamt 426.096 Fälle (Vorjahr 344.669) gestiegen. Sowohl der einfache als auch der schwere Ladendiebstahl haben zugenommen. Letzterer hat mit 27.452 angezeigten Fällen einen Höchststand erreicht.
Allerdings wird längst nicht jeder Ladendiebstahl angezeigt. Statistisch gesehen macht dies 100.000 Ladendiebstähle pro Verkaufstag aus. „Eine Anzeige ist für Handelsunternehmen mit einem hohen und letztlich oft vergeblichen Aufwand verbunden. Dadurch kommen viele Ladendiebe davon und werden nicht konsequent genug bestraft. Auch werden Verfahren häufig eingestellt“, sagte ein Sprecher des „Handelsverbandes Deutschland“ gegenüber den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Meist handelt es sich um Gelegenheitstäter; bei gut einem Viertel sind professionelle Täter verantwortlich, die bandenmäßig agieren. Zu den bei Dieben besonders beliebten Warengruppen in Supermärkten und Discountern zählen Spirituosen, Tabakwaren, Kosmetikprodukte, Rasierklingen, Energydrinks sowie Babynahrung und Kaffee. Fleisch, Wurst und Käse werden ebenfalls häufiger genannt.
Als großes Risiko seien sogenannte Selbstbedienungskassen zu sehen. Das EHI verstehe Scan-Stationen grundsätzlich als „zusätzlichen Kundenservice“, durch den Wartezeiten verkürzt und „lästiges Umpacken“ vermieden werden sollen. Allerdings steige dadurch das Diebstahlsrisiko erheblich.