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Blick in die Ausstellung: Ecke mit Werken von Louise Kröhnke geborene Rösler
Bild: Ute EichlerBlick in die Ausstellung: Ecke mit Werken von Louise Kröhnke geborene Rösler

Sonderausstellung

Drei starke Frauen aus drei Generationen

Ostpreußische Wurzeln – Die Künstlerfamilie Rösler-Kröhnke im Kunstmuseum Schwaan

Ute Eichler
18.10.2025

Das Gutshaus Schildeck im Kreis Osterode Ostpreußen, zwischen der Kreisstadt und Hohenstein gelegen, existiert noch heute. Dort fertigte die Gutsherrin Sophie von Hardt 1896 eine Tuschezeichnung, die ihre damals gerade sechzehnjährige Tochter Oda darstellt. Diese sitzt leicht vornübergebeugt an einem Tisch und zeichnet voller Konzentration mit einem Stift auf Papier. Auch von Oda, deren Eltern dem talentierten Mädchen keine Steine auf dem Weg zur Künstlerin in den Weg legten, haben sich einige frühe Arbeiten erhalten. Zwei Lithographien und ein Ölgemälde werden neben anderen ihrer Arbeiten in der kürzlich eröffneten Sonderausstellung „Oda Hardt-Rösler, Louise Rösler und Anka Kröhnke. Drei Künstlerinnen“ im Kunstmuseum Schwaan im Landkreis Rostock gezeigt. Viele der Jugendwerke Odas und fast 200 Gemälde ihres späteren Ehemannes Waldemar Rösler, die im Gutshaus Schildeck eingelagert waren, sind am Ende des Zweiten Weltkriegs durch Plünderungen nach dem Einmarsch der Roten Armee vernichtet worden.

1. Oda Hardt-Rösler
Oda Hardt-Rösler war nach der Heirat mit Waldemar Rösler 1906 – beide hatten sich in Königsberg im Atelier von Ludwig Dettmann kennengelernt – und nach der Geburt der Zwillinge Louise und Fritz 1907 ungefähr zwanzig Jahre nicht künstlerisch tätig. Seit 1916 war sie verwitwet. Ihr Ehemann hatte sich während des Kriegsdienstes in der Landwehr in physischer und psychischer Ausnahmesituation auf dem Truppenübungsplatz Arys das Leben genommen. Seitdem stand sie in alleiniger Verantwortung für ihre Familie.

Von 1925 bis 1928 lebte sie in Weimar, nahm dort Anregungen durch das Bauhaus auf. Ab 1929 wohnte und arbeitete sie in Berlin. Sie legte sich das Pseudonym Xeiner zu. 1943 fiel ihr Sohn Fritz als Soldat im Zweiten Weltkrieg. Gemeinsam mit der Künstlerin Ottilie Reylaender gründete Oda Hardt-Rösler 1946 eine private Malschule, „Das Atelier im Freien“, die sie bis 1962 führte. Oda Hardt-Rösler starb 1965 in Berlin.

Die elf Werke von ihr, die in der Sonderausstellung zu sehen sind, beweisen einen früh entstandenen hohen künstlerischen Anspruch. Ihr Talent hat sich zwar entfalten können, doch beeinflussten private wie gesellschaftliche Entwicklungen ihr Schaffen oder behinderten es.

2. Louise Kröhnke geborene Rösler
Die 1907 geborene Tochter Louise ging anfangs einen ähnlichen Weg wie ihre Mutter: ein Studienaufenthalt in München, dann in Berlin Studium bei Carl Hofer, anschließend in Paris eine kurze Zeit an der Académie de l'Art Moderne bei Fernand Léger. Früh fand sie ihr Thema: das Leben in der Stadt, das Erscheinungsbild der Großstadt. Anders als ihre Mutter malte sie abstrakter, flächiger, phantasievoller, eigenwilliger, viel weniger „akademisch“ – irgendwie zeitlos modern.

Doch das Jahr ihrer Eheschließung mit dem Künstler Walter Kröhnke, 1933, ist auch der Beginn einer existentiell schwierigen Zeit. Es gab für Louise Kröhnke keine Ausstellungsmöglichkeiten. Als ihr Mann, der bis dahin als Fotograf und Porträtmaler tätig war, eingezogen wurde, schickte sie ihm gezeichnete Briefe. Nach seiner Versetzung an die Ostfront galt Walter Kröhnke ab 1944 als vermisst. 1943 hatte das Ehepaar durch Bombardierung Wohnung und Atelier in Berlin verloren. Dadurch wurde ein Großteil des Werks der beiden Künstler vernichtet, ungefähr 300 Arbeiten. Mit der 1940 geborenen Tochter Anka wurde Louise Kröhnke nach Königstein/Taunus evakuiert. Erst 1959 kehrten Mutter und Tochter nach Berlin zurück.

Ein erstaunliches Gemälde schuf Louise Kröhnke 1946/47: „Die Prozession“. Obwohl auf den ersten Blick die Bildkomposition von einer größeren Zahl schwarz gekleideter Menschen bestimmt wird, enthält das nur kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entstandene Gemälde viel Helles und Lichtes – wie ein Hoffen auf oder sogar wie ein Überzeugtsein von: Jetzt kann das Leben nur besser werden.

Neu als Gestaltungselement in ihrem Schaffen entstanden in der Nachkriegszeit Collagen. Auch davon gibt es Beispiele in der Ausstellung. Sie ist mit 27 Werken in Schwaan vertreten. Louise Kröhnke starb 1993 in Hamburg.

Tochter Anka Kröhnke hat seit 1973 zahlreiche Tapisserien geschaffen. Sie führte von 1969 bis 2003 eine eigene Werkstatt in Hamburg. Sie betrachtet die Textilkunst als „Malerei mit anderen Mitteln“. Inzwischen hat sie den Beweis angetreten, auch mit anderen Materialien, beispielsweise mit Holz, mit Aluminiumstreifen von Getränkedosen aus fast aller Welt, mit Splittern ausrangierter CDs oder mit fluoreszierenden Acrylglasstäben, Kunstwerke zu schaffen, welche die Blicke der Besucher magisch anziehen. Anka Kröhnke ist als Vertreterin der dritten Generation einer Künstlerfamilie diejenige, welche die größten beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten hatte, Chancen und ihre künstlerische Freiheit nutzen konnte – bis heute. Doch auch ihre Mutter und ihre Großmutter haben – jede auf ihre Weise – ein eigenständiges Werk geschaffen und damit die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts mitgeprägt.

3. Anka Kröhnke
Anka Kröhnke hat mit dem von ihr im Jahr 2004 eröffneten Museum Atelierhaus Rösler-Kröhnke im Ostseebad Kühlungsborn einen Ort gegründet, der nicht nur in wechselnden Ausstellungen ihre sowie die erhalten gebliebenen Kunstwerke ihrer Eltern und Großeltern präsentiert, sondern diese auch in Gegenüberstellung mit Werken jüngerer Künstler, vor allem aus Mecklenburg-Vorpommern ausstellt. Anka Kröhnke erhielt 2023 den Kulturpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Die bis einschließlich 2. November im Kunstmuseum Schwaan gezeigte Ausstellung konzentriert sich mit ihren Exponaten auf die drei Frauen der Familie Rösler-Kröhnke. Sie kann damit für den Besucher ein Einstieg sein, sich für das Schaffen dreier Generationen einer Künstlerfamilie zu interessieren, sie kann im Einzelfall Wiedersehensfreude auslösen oder zur Vertiefung anregen. Vor allem ist sie sehenswert.

Kunstmuseum Schwaan, Mühlenstraße 12, 18258 Schwaan, Telefon (03844) 891792, Fax (03844) 8900335, E-Mail:
info@kunstmuseum-schwaan.de 


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