11.08.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Die Königliche und Universitätsbibliothek zu Königsberg war schon früh auch für das allgemeine Volk zugänglich. Einer ihrer Schätze waren die mit Silber beschlagenen Werke aus der sogenannten Silberbibliothek
Bilder: Bildarchiv OstpreußenDie Königliche und Universitätsbibliothek zu Königsberg war schon früh auch für das allgemeine Volk zugänglich. Einer ihrer Schätze waren die mit Silber beschlagenen Werke aus der sogenannten Silberbibliothek

Historisch gewachsen

Ein einzigartiger Bücher- und Wissensschatz

Die Königliche und Universitätsbibliothek zu Königsberg besaß 400 Jahre nach ihrer Gründung knapp 700.000 Werke

Wolfgang Kaufmann
11.08.2025

Im Sommer 1544 gründete Herzog Albrecht von Preußen die Albertus-Universität zu Königsberg. Diese avancierte anschließend zu einer der angesehensten Hochschulen in Deutschland und zählte in kürzester Zeit mehr als tausend Studenten. Trotzdem aber blieb die Ausstattung der Universitätsbibliothek zunächst eher unterdurchschnittlich. Dieser beklagenswerte Zustand änderte sich erst über 100 Jahre später, im Jahr 1675, durch die Angliederung der Wallenrodtschen Bibliothek.

Als nämlich der herzogliche Kanzler Martin von Wallenrodt 1632 starb, hinterließ er etwa 2000 wertvolle Bücher, die den Grundstein für eine Familienbibliothek bildeten. Sie wurde anschließend vor allem von seinem Sohn Johann Ernst von Wallenrodt erweitert und beizeiten auch von den Professoren und Studenten der Universität Königsberg genutzt. Ihr Bestand umfasste sogar historische Dokumente wie beispielsweise den Schutzbrief Kaiser Karls V., mit dem Martin Luther zum Reichstag in Worms reisen konnte.

Öffentlich zugänglich
Das wichtigste Ereignis in der Geschichte der Königsberger Universitätsbibliothek stellte jedoch die Vereinigung mit der Königlichen Bibliothek zur damit Königlichen und Universitätsbibliothek (KUB) im Jahr 1828 dar. Denn die Büchersammlung der preußischen Herrscher war im Lauf der Zeit durch die Übernahme anderer Bibliotheken zu einem kulturellen Schatz allerersten Ranges geworden.

Den Anfang hatte hierfür auch wieder Herzog Albrecht von Preußen gemacht, als er 1527 eine hochkarätige Schlossbibliothek anlegen ließ, die bereits acht Jahre nach ihrer Eröffnung 1534 zur ersten öffentlichen Bibliothek Europas mutierte – und das rund 70 Jahre, bevor mit der britischen Bodley's Library und der Mailänder Biblioteca Ambrosiana andere für das allgemeine Publikum zugängliche Bibliotheken entstanden.

Weiter profitierte die Bibliothek im Westflügel des Königsberger Schlosses 1611 von der Zusammenlegung mit einer weiteren wertvollen ostpreußischen Büchersammlung: der sogenannten Silberbibliothek. Diese war eine separate Kammerbibliothek Albrechts, die um 1526 zunächst lediglich um die einhundert kleinere Schriften enthielt. Der Herzog trug dann aber systematisch Werke von Martin Luther und anderen Reformatoren wie Lazarus Spengler aus Nürnberg, Martin Bucer aus Straßburg und Johann von Staupitz aus Salzburg zusammen. Dazu kamen juristische, historische, geographische und medizinische Titel. Bei Albrechts Tod im Jahr 1568 lag der Bestand bei rund 500 Bänden. Ihren Namen erhielt die Bibliothek nach den 20, um 1550 mit silberbeschlagenen Einbänden versehenen Büchern aus dem Besitz von Albrechts zweiter Gemahlin Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen.

Aber: Wissenschaftlich wertvoller waren etliche alte Handschriften und Urkunden aus der Bibliothek des Deutschen Ordens in der Burg von Tapiau.

Vererbt, geschenkt, eingegliedert
Das Bollwerk im südöstlichen Samland, welches einst das Gebiet der Prußen vor den Wikingern schützen sollte, war ab 1351 von den deutschen Ordensrittern übernommen worden und diente ab dem Jahr 1457 als Sitz der Großkomturei. Deren Aufgabe bestand darin, die innere Verwaltung des Deutschordensstaates zu organisieren. Daher besaß sie auch eine „Liberey“, also eine Bibliothek samt angeschlossenem Archiv.

1506 verbrannten dann jedoch Teile des wertvollen Bestandes, und der Rest gelangte zwischen 1541 und 1543 in die besagte Silberbibliothek. Die in die Schlossbibliothek, später dann Königliche Bibliothek, eingegliederte Silberbibliothek war ab dem Jahr 1767 ebenfalls allgemein zugänglich und enthielt zu diesem Zeitpunkt schon an die 16.000 Bände, darunter auch eine kostbare Bibel-Handschrift aus dem 12. Jahrhundert.

Die im Königshaus in der Königstraße Nummer 65–67 untergebrachte Königliche und Universitätsbibliothek erweiterte ihren Bestand kontinuierlich und besaß um 1890 genau 263.636 Bände. Der Zuwachs kam vor allem durch umfangreiche Nachlässe zustande. So vermachte der frühere Direktor des Königlichen Collegium Fridericianum, Friedrich August Gotthold, seine Sammlung von 35.000 Büchern komplett der KUB. Bei der letzten Inventur 1943 wurden sogar 695.067 Einzelbände, 710 Wiegendrucke aus der Frühzeit des Buchdrucks und 4587 Handschriften gezählt, womit die KUB eine der bedeutendsten Bibliotheken des Deutschen Reiches war.

Von Russen und Polen geplündert
Bis zum Beginn des Jahres 1944 wurden die wertvollsten Bestände in Schlösser und Gutshäuser außerhalb von Königsberg gebracht, was sich als kluge Entscheidung erweisen sollte. Denn die bei den britischen Luftangriffen im August 1944 abgeworfenen Brandbomben zerstörten alle Gebäude, welche die restlichen Teile der Bibliothek bargen.

Andererseits führte die Auslagerungen aber trotzdem nicht dazu, dass das einzigartige und wertvolle Kulturgut für Deutschland gerettet wurde. Vielmehr geriet es zum allergrößten Teil in die Hände von sowjetischen, litauischen und polnischen „Expertenkommissionen“, die Ostpreußen nach Kriegsende ausplünderten. Deshalb sind die ehemaligen Bestände der KUB nun unter anderem auf die Akademie- und Nationalbibliothek in Vilnius, die Akademiebibliothek in Sankt Petersburg, die Russische Staatsbibliothek, die Bibliothek der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität in Kaliningrad und die Bibliothek der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń verstreut.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS