04.11.2025

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Geschichte

Ursachen für Krieg und Gewalt

Ein Autorentrio betrachtet die Menschheitsgeschichte hinsichtlich ihrer Neigung zu kriegerischen Auseinandersetzungen

Dirk Klose
04.11.2025

Der Krieg ist aus der Geschichte der Menschheit nicht wegzudenken. Entsprechend selbstverständlich wurde er zu allen Zeiten hingenommen. „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ lautet das berühmte Diktum des antiken Philosophen Heraklit. Der britische Philosoph Thomas Hobbes befand, die Menschheit befinde sich ohne eine sie im Zaun haltende Macht „in einem Krieg eines jeden gegen jeden“. Carl von Clausewitz sah im Krieg eine „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“.

Nein, sagen die Autoren dieses Buches, so ist es nicht! Der Mensch ist nicht per se kriegerisch, er wird es durch die sozialen Verhältnisse. Der Archäologe Harald Meller, der Historiker Kai Michel und der holländische Verhaltensforscher Carel van Schalk haben sich zusammengetan, um diese Ambivalenz im Geschichtsverlauf darzustellen. Sie gehen bis in die Anfänge der Menschheitsgeschichte zurück und zitieren Ergebnisse aus zahlreichen prähistorischen Forschungen (und der Leser staunt, was an Überresten aus prähistorischer Zeit gefunden wird) und äußern, Gewalt und kriegerisches Verhalten prägten erst dann das Leben der Menschen, als sie sesshaft wurden, Landwirtschaft betrieben und Besitzstände zu verteidigen hatten.

Die frühen Hochkulturen der Ägypter und Assyrer legitimierten, so das Autorentrio, ihre Herrschaft aus dem Geist des Krieges. Willkommenes Hilfsmittel war die Religion mit gottähnlicher Allmacht eines Herrschers, was besonders das assyrische Reich auszeichnete und „unmittelbar das biblische Gottesbild“ beeinflusste: „In der gleichermaßen absoluten wie imperialen Herrschaftsauffassung der Assyrer sahen die Bibelautoren eine wichtige Inspirationsquelle.“

Heute, so die Autoren, sei die Menschheit nach den leidvollen Erfahrungen zu radikalen Konsequenzen in der Lage: „Wir sind keine kriegerischen Spezies, sondern werden es unter sehr besonderen Verhältnissen.“ Demokratisierung, globale Bildung und die Reduzierung weltweiter Ungleichheit – das seien wichtige Voraussetzungen, von der Geisel des Krieges loszukommen. Der Mensch muss es ernsthaft wollen! Als Leser ist man hin- und hergerissen zwischen der Zuversicht der Autoren und dem eigenen Wissen vom Verlauf der menschlichen Geschichte. Aber das Buch spiegelt keinen blauäugigen Optimismus, die historischen Parallelen sind klug und mit guten Argumenten gewählt. Traut man der Menschheit keine Lernfähigkeit zu, wäre das eine eigene Bankrotterklärung.

Harald Meller/Kai Michel/Carel van Schaik: „Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte“. dtv Verlag, München 2025, gebunden, 368 Seiten., 28 Euro


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