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Ein Fehldruck machte Pelplin berühmt

Der berühmte Jahrmarkt in Westpreußen führt auch zu einer besonderen Gutenbergbibel

Chris W. Wagner
19.08.2025

Wenn im September die westpreußische Zisterzienserstadt Pelplin im Grünen der Weichselsandebene Touristen lockt, tut sie es gleich doppelt – einmal durch ihre Jahrmarktattraktionen und zum zweiten durch ein Buch, dessen Seiten pure Geschichte sind. Am 20. und 21. September verwandelt sich nämlich das Gelände des einstigen Zisterzienserklosters in eine mittelalterliche Bühne.

Der Pelpliner Zisterzienser-Jahrmarkt beginnt mit dem Hubertus-Gottesdienst in der Kathedrale, einem Jagdhornsignal [hejnał] und einem Salut mit historischen Waffen. Musik, Ritterturniere, Handwerk und Gaumenfreuden stehen dann ebenso auf dem Programm, wie Auftritte von Gruppen, die sich auf das Mittelalter spezialisieren. Bei Jagdhornklängen führen sie Tänze auf oder betreiben Stände mit Kunsthandwerk und regionalen Spezialitäten wie geräuchertem Schinken, Honig und pommerschem Pfefferkuchen. Kostenlose Führungen durch das Kloster und das Diözesanmuseum sind sehr beliebt, da Pelplin einen Schatz birgt: die Pelpliner Gutenberg-Bibel.

Der Ort ist mit seinen rund 8000 Einwohnern Sitz eines der bedeutendsten Zisterzienserklöster im östlichen Ostseeraum. Die Mariä-Himmelfahrts-Kirche, ursprünglich Abteikirche, ist 1289 im Stil der norddeutschen Backsteingotik erbaut und bis 1323 weitgehend vollendet worden. Die Klosterbibliothek des Diözesanmuseums Pelplin bewahrt die Pelpliner Bibel, eine der weltweit nur noch 47 erhaltenen Gutenberg-Bibeln. Nur noch 23 dieser Schätze sind, wie die Pelpliner, vollständig erhaltene Zweibände. Die Pelpliner Bibel ist aber eine zusätzliche Rarität, denn sie enthält im Band 1 auf Seite 46 einen Druckfehler – einen versetzten Lettern-Druck – der dieses Gutenbergwerk noch besonderer macht.

Die Pelpliner Gutenberg-Bibel entstand in Mainz um 1452 und 1455 als Werk des Lübeckers Heinrich Coster. Im Spätmittelalter, im Jahr 1496, ist dieses Exemplar als Schenkung in die Bibliothek der Franziskaner in Löbau in Westpreußen [Lubawa] gekommen. Nach der Aufhebung des Löbauer Franziskanerklosters 1821 und längeren Verhandlungen mit der preußischen Verwaltung wurden die beiden Bände 1833 durch die Bistumsbibliothek in Pelplin übernommen. Laut Auskunft der Diözese Pelplin brachte ein gewisser Andreas Dziadek (1806–1859) aus Walzen in Oberschlesien die Gutenbergbibel nach Pelplin. Er tat es noch als Seminarist, zwei Jahre vor seiner Priesterweihe, die Dziadek 1835 in Pelplin empfing.

Diese Bibel wurde vor dem Zweiten Weltkrieg über Warschau, Paris und London zeitweise im Tresor der Kanadischen Bank of Montreal aufbewahrt. 1959 kehrte sie zurück und kam ins Pelpliner Diözesanmuseum, in dessen Ausstellungsräumen allerdings nur eine Kopie dieser Bibel zu sehen ist.

Die Sammlung des Diözesanmuseums birgt aber noch weitere Schätze, wie gotische Skulpturen aus den Kirchen der ehemaligen Diözese Kulm [diecezja chełmińska]. Darunter sind der Flügelaltar aus der Himmelfahrtskirche in Thorn [Toruń] sowie weitere sakrale Thorner Werke, wie die spätgotischen Bilder „Kreuzabnahme“ und „Geißelung“ aus der Kathedralbasilika der Heiligen Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Ebenso sind dort Bilder von Hermann Hahn (1570–1628) zu sehen. Hahn soll 1574 im schlesischen Neisse [Nysa] geboren bzw. getauft worden sein. Er war hauptsächlich in Danzig [Gdańsk] tätig und lieferte Aufträge an die Klöster wie Oliva [Oliwa] und Pelplin.

Auch Werke des barocken Malers der Danziger Schule, Andreas Stech, gehören zur wertvollen Sammlung des Pelpliner Diözesanmuseums. Stech ist 1635 in Stolp [Słupsk] getauft worden, verstarb 1697 in Danzig. Er war vor allem Porträt- und Religionsmaler, aber er malte auch Stadtszenen und Stillleben. Stechs Porträts zeigen deutlichen rembrandtschen Einfluss. Zu seinen bekanntesten Werken gehört das Porträt des Astronomen Johannes Heve­lius. Er war zwar hauptsächlich in Danzig tätig, belieferte aber auch Kirchen und bürgerliche Auftraggeber in der Region.

Und wie jedes Jahr am dritten Septemberwochenende wird auch in diesem Jahr auf dem Gelände des Pelpliner Klosters natürlich wieder westpreußische Geschichte anschaulich gemacht.


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