04.10.2025

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Der Wochenrückblick

Ein Herz für Sensibelchen

Warum Merz von uns die Nase voll hat, und wie falsche Moral an der Wirklichkeit zerschellt

Hans Heckel
04.10.2025

Ein guter Staatsmann weiß, was er wem zumuten kann und was nicht. Wo er demnach ruhig mal Härte zeigen muss, und wo dagegen zarte Rücksichtnahme angesagt ist. Friedrich Merz jedenfalls kann hier genau unterscheiden und findet den passenden Ton.

Den Knalltüten von der „freien Wirtschaft“ hat der Kanzler bei einer Zusammenkunft in Köln ordentlich den Marsch geblasen: „Hören wir doch mal auf, so larmoyant und so wehleidig zu sein in diesem Land“, haute er den versammelten Unternehmern, Selbstständigen und Freiberuflern seinen Groll um die Ohren. Diese „Klagerei, diese Nörgelei“ gehen ihm auf den Senkel.

Dass Merz auch die ganz weichen Töne draufhat, hatte er dagegen nur wenige Tage zuvor in der Fraktionssitzung von CDU und CSU bewiesen. Es hatte einen offenen Streit gegeben zwischen Union und SPD wegen fehlender Mittel für den Straßenbau. Zu viel oder zu laute Kritik an der SPD, warnte der Kanzler, solle aber besser vermieden werden. Lars Klingbeil sei „sehr sensibel“, mahnte Merz die eigenen Leute zu mehr Taktgefühl mit dem seelisch verletzlichen SPD-Co-Chef.

So ist es richtig und angemessen: hart zum Volk und rücksichtsvoll zur politischen Elite. Was wollen die „Nörgler“ da unten denn auch? Gut, im Frühjahr hatte Merz versprochen, dass wir „im Sommer“ schon echte Ergebnisse seiner kraftvollen Reformoffensive spüren würden. Als im Sommer dann nichts kam, überraschte er uns mit dem Versprechen auf einen „Herbst der Reformen“. Der Herbst hat angefangen, doch es geschah wieder so gut wie nichts. Statt Reformen lautet die neueste Devise nun: Geduldet euch gefälligst, gut Ding will Weile haben. Vielleicht im nächsten Jahr – oder so.

Doch hört auf zu nörgeln und zu jammern! Zumal es ja gar nicht stimmt, dass Finanzminister Klingbeil nichts unternimmt.

Der führt nämlich gerade einige bemerkenswerte Zauberkunststücke auf. Die Regierung hatte ja fest versprochen, dass sie die Schulden-Milliarden aus den „Sondervermögen“ nicht in den laufenden Haushalt tropfen lassen wird, um ihre Unfähigkeit zu vertuschen, mit den höchsten Steuereinnahmen der deutschen Geschichte wirtschaften zu können. Nein, die Zusatzschulden würden ausschließlich für Zusatzprojekte ausgegeben, die es im bisherigen Haushalt noch gar nicht gab.

Aber jetzt sehen Sie mal, wie pfiffig Klingbeil vorgeht: Zwei Milliarden sollten vom Sondervermögen für die Sanierung maroder Autobahnbrücken aufgebracht werden. Das werden sie auch, aber vorher hat die Regierung zwei Milliarden aus dem regulären Haushalt, die bereits für dieses Vorhaben veranschlagt waren, einfach wieder herausgestrichen. Schlau, was? Bei anderen Posten wie dem für die Deutsche Bahn läuft es ähnlich: Im regulären Haushalt wird brutal gekürzt und das Loch dann mit dem „Sondervermögen“ wieder zugestopft.

Kommen Sie aber nicht auf die Idee, diese Hütchenspielerei auf Kosten der finanziellen Solidität des Landes anzuprangern! Erstens unterstützen Sie damit die „wehleidigen Nörgler in diesem Land“, und zweitens wollen wir uns gar nicht ausmalen, welche fürchterlichen Verwüstungen solche Kritik im zerbrechlichen Herzen von Lars Klingbeil anrichten kann.

Baerbocks triefendes Pathos
Gefühle stehen – wie auch Moral – hoch im Kurs bei der debattierenden Klasse von Berlin. Im Fall der Berliner „Mohrenstraße“ war beides verletzt, die Gefühle schwarzer Menschen wegen des Namens, weil er auf schwarze Menschen Bezug nimmt (Und das diskriminiert die dann? Egal, muss man nicht verstehen) und die Moral, weil ... Na, jedenfalls hat man einen idealen neuen Namen gefunden, der seit dem 23. August die Straßen ziert. Seitdem heißt sie Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Besagter Amo sei von den Niederländern als Kind im Jahre 1707 versklavt und kurz darauf dem Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel geschenkt worden. In Deutschland machte Amo dann eine steile Karriere und wurde der erste schwarze Philosoph im deutschen Gelehrtenwesen.

Spätestens hier hätten wir eigentlich stutzig werden müssen hinsichtlich der angeblich so tragischen Kindheit des lieben Amo. Welches deutsche Kind aus einfachsten Verhältnissen hatte Anfang des 18. Jahrhunderts auch nur den Hauch einer Chance, einfach so an einem Fürstenhof aufgenommen zu werden, wo ihm obendrein der rote Teppich ausgerollt wird für eine akademische Bilderbuchkarriere? Keines. Aber einem schwarzen Sklaven fällt das alles in den Schoß? Echt jetzt? Das Misstrauen gegenüber dieser schillernden Abenteuergeschichte wuchs nicht über Nacht, sondern langsam und stetig. Das hat den Historiker Michael Zeuske dazu animiert, genau hinzugucken und alles zusammenzutragen, was über die Herkunft des kleinen Wilhelm Anton ans Licht zu bringen ist. Viel war das nicht.

Aber was Zeuske fand, lässt darauf schließen, dass Amo selbst der Spross einer reichen, privilegierten Familie von Sklavenjägern und -händlern war und auf Wunsch seines Clans nach Europa geschickt wurde, um dort bei einer standesgemäßen Gastfamilie Aufnahme und Ausbildungschancen zu empfangen, was ja auch fabelhaft gelang. Die Niederländer von der Westindischen Kompanie waren demnach Geschäftspartner vom Amos Sklavenhändler-Verwandtschaft und daher so freundlich, den Jungen sicher nach Deutschland zu eskortieren.

Ergo wurde ein Sklavenhändler-Filius postum mit einem Straßennamen geehrt, um Buße zu tun für den europäischen Sklavenhandel. Die hohe Moral, in der sich die Betreiber der Umbenennung suhlten, entpuppt sich demnach als peinliche Klamotte.

Das passiert nicht zum ersten Mal: Denken wir an die Sache mit den Benin-Statuen. Die hat die damalige Außenministerin Baerbock unter triefendem Pathos an das Oberhaupt der beninischen Königsfamilie zurückgegeben. Dann stellte sich heraus, dass die Statuen aus jenen Bronzestücken gefertigt sind, mit denen europäische und amerikanische Händler jene „Menschenware“ bezahlten haben, welche die Benin-Herrscher zuvor versklavt und allseits zum Kauf angeboten hatten. Die Nachfahren der Sklavenhäscher bekamen von Frau Baerbock also die Beute ihrer Ahnen zurückerstattet.

Wie falsche Moral an der Wirklichkeit zerschellt, zeigt sich auch im Mittelmeer auf der „Gaza-Flottille“, die durch Greta Thunberg berühmt wurde. Die Parole „Queers for Palestine“ klang für Klarsichtige von Anfang an wie „Kälber für den Schlachthof“. Das wollten die woken Palästina-Unterstützer aber partout nicht wahrhaben. Wie wir nun hören, zanken sich radikale Moslems und Queer-Aktivisten auf der „Flottille“ wie die Kesselflicker, weil die strengen Muselmanen über Homosexualität zur völligen Überraschung von Greta und Co. ganz anders denken als wir. Unsereins muss derweil all sein Erwachsensein zusammenkratzen, um seine Schadenfreude unter Kontrolle zu bringen.


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