Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Vor 70 Jahren wurde in Anwesenheit von Angehörigen der Toten sowie Kriegsveteranen die Deutsche Kriegsgräberstätte Tobruk eingeweiht
Vor 70 Jahren fand man in Nordafrika noch Spuren des Deutschen Afrikakorps (DAK). Wer zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, von Alexandria durch die Wüste Richtung Westen fuhr, konnte noch immer Überreste von Panzern, zerschossene Wehrmachtswagen, Flugzeugwracks, verrostete Kanister, Munitionskästen und andere Spuren des Deutschen Afrikakorps finden. Erwin Rommels Hauptquartier in Mersa Matruh, ein früheres Hotel, lag noch immer ausgebrannt in Trümmern. In einigen steckengebliebenen Lazarettwagen hatten sich Beduinen eingerichtet.
Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Lebten in Tobruk zu Beginn des Afrikakrieges zirka zweitausend Menschen, so wohnen in der pulsierenden Hafenstadt am Mittelmeer inzwischen rund sechzig Mal so viel, von denen sich niemand mehr an die Ereignisse vor 84 Jahren erinnern kann. Zwei Kilometer Luftlinie von der Hafenstadt entfernt erinnert eine vor siebzig Jahren als Mahnmal des Friedens eingeweihte deutsche Kriegsgräberstätte an die blutige und verlustreiche Belagerung der von Briten, Australiern, Tschechoslowaken und Polen verteidigten Stadt durch Deutsche und Italiener.
Nicht weit von einem riesigen Gräberfeld gefallener Soldaten aus allen Teilen des britischen Imperiums erhebt sich das deutsche Mahnmal in der Gestalt einer mythischen Wüstenfestung. Die Außenmauern bilden ein 40 mal 40 Meter großes Quadrat mit vier runden Ecktürmen aus hellem Kalkstein, das sich bis zu 14 Meter über den Wüstenboden erhebt und das weit über Meer und Wüste sichtbar ist.
Groß war die Hilfe von Angehörigen des nach dem Krieg neu gegründeten Königreichs Libyen bei der Suche nach längst verwehten Gräbern deutscher Gefallener. Nicht zuletzt dieser Mithilfe ist es zu verdanken, dass Einsatzgruppen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in dreijähriger Arbeit rund 98 Prozent der in Libyen im Rahmen des Afrikafeldzugs gefallenen deutschen Soldaten bergen konnten. Die 6026 Leichen waren in Kunststoffsarkophagen vorübergehend in der ehemaligen britischen Garnisonkirche von Tobruk aufgebahrt, bis sie in einer Gruft, über die sich das Mahnmal erhebt, beigesetzt werden konnten.
Am Eingang dieser Gruft stehen mehrere Inschriften, so „Hier ruhen deutsche Soldaten 1939/1945“ und „Das deutsche Volk seinen in Libyen gefallenen Soldaten und ihrem Feldmarschall Rommel“. Umgeben wird die Gruft, also das Gräberfeld, von Arkaden, in deren Nischen die Namen der Toten und die wichtigsten Schlachtorte wie Tripolis, Bengasi, Tobruk, Bir el Hacheim oder Sollum verzeichnet sind.
Vielfältige Hilfe Libyens
Während die Baukosten von eineinhalb Millionen D-Mark vom Volksbund und der Bundesregierung aufgebracht wurden, stellte die libysche Regierung für den Bau den Bauplatz und zwei Steinbrüche kostenlos zur Verfügung. Die Mauern und Türme des Baues wurden aus hartem Muschelkalkstein errichtet, der in einem siebzig Kilometer von Tobruk entfernten Steinbruch gewonnen werden konnte, den bereits die Griechen 660 v. Chr. zum Bau von Kyrene benutzt hatten. Ein MAN-Diesel-Lastzug beförderte zweimal täglich 50 Tonnen Steinmaterial aus dem 70 Kilometer entfernten Steinbruch, in dem ein deutscher Sprengmeister, zwei deutsche Steinmetze und zwölf arabische Helfer arbeiteten.
Verwendet wurden auch hellgrüner Porphyr aus Südtirol, Solnhofer Schiefer sowie Basalt aus der Eifel für die Einfassung des Gräberfeldes und für den Sockel der Feuerschale und für die Relieftafeln. Ferner kamen belgischer Granit und Treuchtlinger Kalkstein zum Einsatz, aus denen die Mosaiktafeln zusammengesetzt wurden.
Jeder Liter Trinkwasser für die 20 deutschen Facharbeiter, unter anderem Maurer, Steinmetze, Schlosser und Mechaniker, sowie für die hundert Libyer des Scheichs Ali Regeb, die als Hilfskräfte eingesetzt wurden, musste ebenso wie das für den Bau selbst benötigte Wasser über weite Strecken herangeschafft werden. Nahezu alles andere, was zum Bau des Mahnmals benötigt wurde, musste aus Deutschland herbeitransportiert werden.
Lange, aufwendige Transportwege
Die schmiedeeisernen Gitter, die Bronzetore, die Mosaikplatten mit den Namen aller Gefallen und die aus Gusseisen hergestellten überlebensgroßen Zentralfiguren wurden in deutschen Werkstätten gefertigt. Für die Planung und den Bau der Gesamtanlage war der Münchener Architekt Adalbert Huber verantwortlich, während der Münchener Bildhauer Albert Allmann das Modell schuf für die von Buderus im hessischen Werk Hirzenhain gegossenen, über hundert Zentner schweren, 1,90 Meter hohen knieenden vier Engelsfiguren, die eine zwei Meter im Durchmesser große Opferschale tragen. Sie sind der zentrale Schmuck im Innenhof der gewaltigen Anlage über der eigentlichen Totengruft.
Für die zweijährige Bauzeit hatten mehrere Transportflugzeuge aus der Bundesrepublik Baumaterialien und Geräte gebracht, aus denen eine Küchen- und Essbaracke, eine Waschbaracke mit Toilettenanlagen, eine Baracke für das Baubüro des Volksbundes und zwei Unterkunftsbaracken errichtet wurden. In Beduinenzelten wohnten die einheimischen Helfer mit ihren Familien.
Zwei große Kraft- und Lichtstrom-Dieselaggregate boten der Baustelle Licht, um auch nachts, also in zwei Schichten, arbeiten zu können. Auch ermöglichten sie den Betrieb der Baumaschinen. Um Diebstähle zu verhindern, wurde die Baustelle mit Stacheldraht umzäunt.
Die Einweihung der eindrucksvollen Totenburg fand am 20. November 1955 in Anwesenheit von rund 250 Angehörigen deutscher Gefallener und 150 ehemaligen Mitgliedern des Afrikakorps statt. Ansprachen hielten Wilhelm Ahlhorn, der Präsident des Volksbundes, Bundestagsvizepräsident Ludwig Schneider sowie die ehemaligen Generäle Ludwig Crüwell und Siegfried Westphal. Als Vertreter des Bundesverteidigungsministeriums nahm Wolf Graf Baudissin an der Einweihung teil.
Ahlhorn dankte dem libyschen König Idris I. und der libyschen Regierung für die Unterstützung beim Bau der Anlage. Ebenso lobte er die Hilfe des britischen und des italienischen Gräberdienstes bei der Identifizierung der deutschen Soldaten, die aus verfallenen Friedhöfen und Wüstengräbern an diese neue zentrale Grabstätte überführt worden waren. Alle Redner gedachten auch der Gefallenen von El Alamein und anderer Orte sowie denen, die keine Ruhestätte erhalten hatten. Zudem ehrten sie die ehemaligen Gegner.
Anwesend waren auch Lucie Rommel, die Witwe des Generalfeldmarschalls, und Christel Eulen, die Witwe des Mitbegründers des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Siegfried Emmo Eulen. Zu ihr sagte die libysche Königin Fatima el-Sharif: „Sagen Sie den deutschen Müttern, dass wir das Ehrenmal in gute Hut nehmen werden. Ihre Söhne werden bei uns in Frieden ruhen und immer beschützt sein.“