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Stehen mit Freude für Franz Wagner ein: Joanna Jakubowicz, Agnieszka Bormann und Malwina Karp (v.l.)
Foto: WagnerStehen mit Freude für Franz Wagner ein: Joanna Jakubowicz, Agnieszka Bormann und Malwina Karp (v.l.)

Östlich von Oder und Neiße

Ein historischer Bogen zu Bildhauer Franz Wagner

Wie Kompetenz und Wissen eine kulturhistorische Lücke schloss

Chris W. Wagner
25.11.2024

Joanna Jakubowicz strahlt, wenn es um Franz Wagner (1887-1942) geht. Die Kunsthistorikerin des Museums des Glatzer Landes hat viele Jahre nach Spuren dieses Bildhauers geforscht, dessen Werke an prominenten Stellen in Glatz [Kłodzko] unter anderem am Rathaus, auf der gotischen Brücke und an der Franziskanerkirche zu finden sind. Jakubowicz wandte sich an die Kulturreferentin für Schlesien, Agnieszka Bormann, vom Schlesischen Museum zu Görlitz, die eine Exkursion auf den Spuren Franz Wagners im Glatzer Land durchführte.

„Ich bin mit einem Null-Wissen eingestiegen und plötzlich werde ich als Entdeckerin zweier Skulpturen Wagners gefeiert“, freut sich Bormann. Im Juni forschte sie für ein Projekt zu Nikolaus von Lutterotti (1892–1955), der Archivar und letzter Prior des Klosters Grüssau [Krzeszów] war, und der auch in Gottesberg [Boguszów Gorce] tätig war. In der Gottesberger Dreifaltigkeitskirche wurde Bormann vom polnischen Pfarrer angesprochen. Er berichtete ihr, dass hinter dem Altar und in diesem selbst etwas auf Deutsch steht. „Das ist für mich immer wie ein rotes Tuch für einen Stier. Ich stürzte mich darauf. Auf dem Altar stehen zwei große Figuren. Im Sockel dieser fand ich die Inschrift: Franz Wagner, Glatz. Und weil ich bereits seit einigen Monaten mit Jakubowicz gearbeitet hatte, wusste ich, wer diese Werke schuf.“ Bormanns Freude war um so größer, als Jakubowicz diese Figuren nur von alten Fotos kannte, die jedoch keine Standortangabe hatten. „Selbst Wagners Familie, die seinen Nachlass gut recherchiert und aufgehoben hat, wusste nicht, wo sich diese Skulpturen befinden. Es war ein Glücksmoment für mich, denn wäre das vor zwei Jahren passiert, hätte mir der Name Franz Wagner nichts gesagt“, sagt Bormann.

Wagner schuf in seinem 55-jährigen Leben Dutzende Stein- und Holzskulpturen. Darüber hinaus widmete er sich auch Restaurierungsaufgaben, vor allem barocker Werke. Arbeiten von ihm kann man in Kirchen, Kapellen, auf Friedhöfen und an Straßenrändern bewundern. „Wagner war sich seiner Rolle als Handwerker und Künstler in einem historischen Kontinuum bewusst. Er wusste, in welcher Tradition er steht, er kannte seine Vorgänger im Glatzer Land, vor allem die berühmten barocken Werke von Michael Klahr dem Älteren und dem Jüngeren“, so Museumskuratorin Jakubowicz.

Michael Klahr der Ältere (1693–1742), in Bielendorf [Bielice] geboren, begründete eine Bildhauerwerkstatt in Landeck [Lądek Zdrój]. Obwohl über die Region hinaus bekannt, beschränkte sich sein Wirken auf die Grafschaft Glatz. Seine „Heilige Familie“ (nach 1715) und eine Figur der Heiligen Agathe (um 1730) befinden sich in den Beständen des Breslauer Nationalmuseums. Der Sohn, Michael Klahr der Jüngere (1727–1807), schuf Altäre für die Kirchen in Hausdorf [Jugów], Neundorf [Nowa Wieś] und Ebersdorf [Domaszków] sowie die Kanzel in der Pfarrkirche zu Bad Landeck und eine Weihnachtskrippe für das Gotteshaus.

Für den 28. November plant Jakubowicz eine Weihnachtskrippenausstellung in ihrem Museum, natürlich auch mit Krippen von Wagner. „Er stand in der Tradition seiner Vorgänger“, sagt sie, wie „seinem Lehrer Aloys Schmidt (1855–1939) oder seinem Freund Leo Richter (1888–1958), die, wie die barocken Klahrs, ihre Ateliers in Bad Landeck hatten. Diese Kontinuität der Tradition, sein Wissen und die Liebe zur Region sind in seine Kunst eingeflossen. Man findet so viel Zärtlichkeit in seinen Skulpturen, vor allem in den religiösen Darstellungen“, sagt sie und berichtet, dass ihm sehr oft seine Kinder Elisabeth und Bernhard sowie die Ehefrau Modell standen. „Das bedeutet, dass er seiner Familie nahestand und nicht seine bloßen Projektionen oder Fantasien, sondern seine Liebe zur Familie und der Umgebung in seine Kunst eingebunden hat“, sagt die Glatzerin.

Sie brachte Wagners Enkelinnen Stephanie Scheithauer, Beate Wolf und Gudrun Scheithauer-Hofstätter mit Ewa Ciężkowska zusammen. Letztere ist die Enkelin von Wagners Freund, dem Maler Leo Richter. Alle vier freuen sich auf die erste Publikation zum Werk von Wagner, das Jakubowicz und die Glatzer Malerin Malwina Karp im Dezember herausbringen wollen.


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Kommentare

sitra achra am 30.11.24, 17:34 Uhr

Erstaunlich, dass aus dem großen Orlog und dem Hass auf alles Deutsche noch ein paar Kunstwerke überlebt haben. Ansonsten wurde von den Eroberern flächendeckend alles Deutsche mutwillig bzw. sogar planmäßig zerstört. Das wäre auch einmal ein Thema wert.

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