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Ein Hoch auf die Hochmeister

Ausstellung im Deutschordensschloss von Bad Mergentheim erinnert an die Aktivitäten der Ordensbrüder fernab des Ordensstaats im Osten

Veit-Mario Thiede
24.01.2020

Vor 800 Jahren fasste der Deutsche Orden Fuß im Heiligen Römischen Reich. Davon zeugt eine am 16. Dezember 1219 ausgestellte Schenkungsurkunde: Die Brüder Andreas, Heinrich und Friedrich von Hohenlohe übereigneten dem Deutschen Orden Besitzungen in Mergentheim und traten der Gemeinschaft bei. Zum 800. Jubiläum der Ordensniederlassung präsentiert das Bad Mergentheimer Deutschordensmuseum eine Sonderausstellung, die ungewöhnliche Akzente setzt.

Während nämlich bisher stets die preußische Vergangenheit im Mittelpunkt der Beschäftigung mit dem Deutschen Orden stand, lenkt die Sonderschau unsere Aufmerksamkeit auf die Geschichte der Ritter- und Priesterbrüder im deutschen Südwesten. Von der erzählen 80 Urkunden und liturgische Gerätschaften, Gemälde, Grafiken und Skulpturen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Ordensleben in der Ballei Elsass-Burgund, deren Zentren die Bodenseeinsel Mainau und das oberschwäbische Altshausen waren, und der Ballei Franken mit Mergentheim, das von 1527 bis 1809 Hauptresidenz des Hoch- und Deutschmeisters war.

Die rund 20 Stationen sind mit der Dauerausstellung verflochten, welche die Gesamtentwicklung des Ordens dokumentiert. Bekanntlich wurde er 1190 auf dem Dritten Kreuzzug ins Leben gerufen. Der letzte der ab 1809 in Wien residierenden Ritter-Hochmeister legte sein Amt 1923 nieder. Seitdem steht ein Priester an der Spitze und der nach einer trikonfessionellen Phase seit 1809 rein katholische Orden konzentriert sich auf seelsorgerische und karikative Aufgaben. Seit 1946 sind auch in Deutschland wieder Deutschordensschwestern und -brüder tätig.

Die Sonderausstellung betont die wohltätigen und seelsorgerischen Leistungen des Deutschen Ordens. Für die schuf er sich in Gestalt der Elisabeth von Thüringen (1207–1231) eine „attraktive“ Identifikationsfigur. Zu sehen ist die päpstliche Urkunde von 1235, welche die auf Betreiben des Deutschen Ordens vollzogene Heiligsprechung Elisabeths besiegelte. Ganz in ihrem Sinne betrieb er Hospitäler und unterhielt zahlreiche Kirchen, die er mit Kostbarkeiten wie dem „Reliquienschrein für einen Finger der heiligen Katharina von Alexandrien“ (um 1240) ausstattete. Eindrucksvoll schlicht ist hingegen das dem Gedenken an den Altshauser Deutschordenspfarrer Johann Baptist Mang gewidmete Gemälde (um 1761). Er kniet im weißen Ordensmantel vor dem Gekreuzigten und betet.

In den ersten Jahrhunderten der Ordensgeschichte gab es weit mehr Priesterbrüder als Ritterbrüder. Aber mit der Reformation nahm die Zahl der Priesterbrüder stark ab. Viele bekannten sich zum evangelischen Glauben und heirateten. Dem Schwund der Priesterbrüder begegnete der Deutsche Orden mit der Anstellung bezahlter Pfarrer. Befand sich die Ordenskirche auf lutherischem oder reformiertem Gebiet, engagierte der Orden entsprechend Pfarrer dieser Glaubensrichtungen. Die Rittergemeinschaft selbst mauserte sich zum Vorbild für konfessionelle Toleranz. Das Amt des Hoch- und Deutschmeisters blieb stets einem Katholiken vorbehalten. Aber ansonsten gehörten dem Orden bis 1809 katholische, lutherische und reformierte Ritter gleichberechtigt an. Alle mussten sich zu Gehorsam, Keuschheit und Armut verpflichten. Zumindest mit der Armut war es aber nicht weit her.

Die Adelsfamilien betrachteten den reichen Orden als standesgemäße Versorgungsanstalt für ihre nachgeborenen Söhne. Der Andrang war so groß, dass als Zugangsbeschränkung eine Ahnenprobe eingeführt wurde. Die Kandidaten mussten mindestens 16 adelige deutsche Vorfahren nachweisen, wie die kunstvoll auf Papier gemalte „Ahnenprobe des Franz Benedikt von Baden-Liel“ (1669) zeigt.

Das eindrucksvollste Exponat ist das weitläufige Deutschordensschloss selbst. Die prächtigsten Baumaßnahmen gehen auf Sprösslinge von Herrscherfamilien zurück, die nur noch „nebenamtlich“ Hoch- und Deutschmeister waren. So wurde der prunkvolle Kapitelsaal 1782 während der Regentschaft des Maximilian Franz von Österreich vollendet, der zugleich Erzbischof und Kurfürst von Köln war. An den Schmalseiten bilden jeweils zwei wie Säulen aufgerichtete Kanonenrohre eine tempelartige Architektur aus Stuck, die an der einen Wand vom Deutschordenskreuz und an der anderen vom Hochmeisterwappen bekrönt wird, dessen schwarzem Kreuz ein goldenes Jerusalemkreuz sowie ein Brustschild mit Reichsadler aufgelegt ist.

Mit ihren beiden Chorflankentürmen überragt die Schlosskirche alle anderen Bauwerke. Ihr Bauherr Clemens August von Bayern, der den Orden von 1732 bis 1761 führte, war Kurfürst von Köln sowie Fürstbischof von Münster, Paderborn, Hildesheim und Osnabrück. Die der Gottesmutter Maria, der heiligen Elisabeth und dem heiligen Georg als den Ordenspatronen geweihte Schlosskirche beeindruckt mit den majestätischen Deckenmalereien der Kreuzvision Kaiser Kon­stantins sowie der Verherrlichung des Kreuzes im Himmel und auf Erden.

In und um Bad Mergentheim hat der Deutsche Orden sehenswerte Spuren hinterlassen. Auf dem Marktbrunnen steht die Figur des „Milchling“ genannten Hoch- und Deutschmeisters Wolfgang Schutzbar (um 1485–1566). Sie ist das Wahrzeichen der Stadt. Kunstvoll ist die von Clemens August von Bayern gestiftete Hospitalskapelle St. Martin ausgeschmückt. Als stolze Ruine präsentiert sich die in der Nähe Bad Mergentheims aufragende Burg Neuhaus, die ehemals die Schatzkammer und das Waffenarsenal des Deutschen Ordens beherbergte.

Mit ihrem doppelten achteckigen Grundriss ist die um 1200 erbaute Achatius-Kapelle von Grünsfeld-Hausen ein originelles Kleinod romanischer Baukunst. Vorbild war die Grabeskapelle in Jerusalem. Vermutlich stifteten Adelige die Achatius-Kapelle zum Andenken an ihre auf dem Dritten Kreuzzug umgekommenen Angehörigen.

Bis 26. Januar im Deutschordensmuseum, Schloß 16, Bad Mergentheim, geöffnet von 14 bis 17 Uhr. Telefon (07931) 52212, www.deutschordensmuseum.de


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