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Ausstellung zum 300. Todestag des österreichischen Barockarchitekten Fischer von Erlach in Salzburg und Wien
Johann Bernhard Fischer von Erlach zählt zu den bedeutendsten Baumeistern des europäischen Barock. Mit der Kollegienkirche in Salzburg, der Hofbibliothek und der Karlskirche in Wien schuf er im Dienste des Salzburger Erzbischofs und des Wiener Hofs Bau-Ikonen der Architekturgeschichte.
Am 20. Juli 1656 in Graz als Sohn eines Bildhauers geboren, widmete man ihm bereits 1956 zu seinem 300. Geburtstag eine Ausstellung. An diese knüpft die aktuelle Schau zu seinem 300. Todestag an. Er starb am 5. April 1723 in Wien. Die Ausstellung ist eine Koproduktion von Wien Museum und Salzburg Museum, aus deren Beständen die meisten Exponate, vor allem Graphiken, stammen. Gemäß dieser Zusammenarbeit ist die Ausstellung noch bis zum 8. Oktober im Salzburg Museum in der Neuen Residenz am Mozartplatz 1 zu sehen und ab 1. Februar 2024 im neuen Wien Museum am Karlsplatz.
Eine Ausstellung über Barock-Architektur mit ihrer scheinbaren Regellosigkeit und überbordenden Formenvielfalt ist immer eine Herausforderung, da das phantasiereiche Spiel der Architekten schwer zu fassen ist. Die Ausstellung hält dabei Maß, indem sie in Salzburg ihren Umfang auf einen Raum begrenzt.
Um ein breites Publikum anzusprechen, liefert sie einen schnellen Überblick über Fischers Leben und Werk, hält die Wandtexte leicht verständlich und macht anhand von Entwürfen und Architekturstudien Fischers Quellen und Prinzipien des architektonischen Komponierens und Gestaltens anschaulich. Der Aha-Effekt bleibt dann auch nicht aus.
In Rom, wohin Fischer nach der Ausbildung in der väterlichen Bildhauer-Werkstatt ging, begeisterten ihn die Monumente der Vergangenheit ebenso wie die effektvollen neuen Inszenierungen von Lorenzo Bernini und Francesco Borromini. Auch als Komponist seines eigenen Stils „werden antikes und zeitgenössisches Rom in Fischers Werk präsent bleiben“, wie es in der Ausstellung heißt.
Im gezeigten Codex Montenuovo, einer von ihm selbst von 1694 bis 1704 zusammengestellten Sammlung eigener Entwürfe für Gartenpaläste und Lustgebäude, ließ er im Zusammenspiel geometrischer Formen Raumgefüge entstehen, die in krassem Gegensatz zur geläufigen Formensprache stehen. Neben Oval, Rechteck, Dreieck, Viereck oder Kreis kommt auch das Spiel mit dreidimensionalen Formen – Quader, Pyramide, Zylinder, Kugel – in seinen Zeichnungen und Stichen zum Ausdruck.
Für die Zeitgenossen war das „ungemein“. So außergewöhnlich, dass aus dem ganzen Codex nur das Hoyos-Stöckl im Park von Schloss Klessheim bei Salzburg realisiert wurde. Sein Grundriss kombinierte drei Ovale für die Haupträume mit drei Quadraten für die Nebenräume. Der weitgehend zweckfreie Bau ähnelt einer phantasievollen sternförmigen Kapelle, die in Verbindung mit dem Projekt für ein sternförmiges Landgebäude im Codex steht, jedoch nie gebaut wird.
Fischers Architekturstudien gipfelten in einem Buchprojekt, an dem er Jahrzehnte hindurch neben all seiner Bautätigkeit arbeitete und dessen erste Auflage 1721 erschien: „Entwurf einer historischen Architektur“. Die Sammlung exzellenter Kupferstiche nach ebenso gekonnten Vorzeichnungen Fischers zeigt türkische, arabische, persische und ostasiatische Bauten gleichberechtigt neben den berühmten Monumenten der Antike.
Neben den Sieben Weltwundern wie die Pyramiden von Gizeh sind das Labyrinth von Kreta, der Salomonische Tempel von Jerusalem, der Steinkreis von Stonehenge oder die Ruinenstadt Palmyra einige Beispiele aus der hier prominent ausgestellten mehrbändigen Publikation.
Himmel auf Erden ganz in Weiß
Fischer griff auf alle verfügbaren Informationen zurück, um Zerstörtes oder weit Entferntes so authentisch wie möglich wiederzugeben. Wo jedoch die Quellen schwiegen, ließ er seiner Phantasie freien Lauf. Mit dieser ersten universellen illustrierten Weltgeschichte der Architektur verbreitete sich Fischers Ruhm in ganz Europa und machte ihn schon zu Lebzeiten zu einem Weltarchitekten des Barock.
Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Fischers Bauten in Salzburg, die im Auftrag von Erzbischof Johann Ernst Graf Thun (1643–1709) innerhalb von nur 15 Jahren entstanden und das Stadtbild bis heute prägen. Es gibt mehrere Orte, von denen aus sich das einzigartige Panorama von Salzburgs historischem Zentrum in seiner von Mönchs- und Festungsberg umschlossenen Bucht am linken Salzachufer besonders eindrucksvoll entfaltet. Dazu kann man zum Beispiel auf den gegenüberliegenden Kapuzinerberg steigen.
Unübersehbar dominiert neben Festung und Dom die mächtige Kollegienkirche mit ihrer vorschwingenden Fassade das Bild. Von 1696 bis 1707 erbaut, wurde sie von 2003 bis 2013 aufwendig renoviert. Seitdem symbolisiert das gesamte Gotteshaus innen wie außen den Himmel auf Erden ganz in Weiß. Auch das Fenster in der Apsis wurde nach Jahrhunderten wieder zur Gänze geöffnet, und so thront die davor angebrachte Figur der Maria Immaculata über dem prachtvollen Barockaltar in natürlichem Gegenlicht. Dazu lässt die weiße Kalklasur die zahlreichen Engel-Figuren lebendig schimmern. Ein Superlativ wurde im Zuge der Kuppelsanierung aufgestellt: Das mit 58 Metern höchste Innenraumgerüst Österreichs kam hier ein halbes Jahr lang zum Einsatz.
Ein Modell der Salzburger Dreifaltigkeitskirche und des Priesterhauses sowie eine Schlangenvase aus dem Mirabellgarten stehen exemplarisch für Fischers weiteres Wirken in Salzburg und seine Vorliebe für Vasen. Aktuelle Fotos von Werner Freisinger von Fischers Werken im heutigen Polen, Tschechien und Österreich runden das Bild seines Erbes ab, das unübersehbar von dem Bildhauer im Architekten geprägt ist.
Salzburg Museum in der Neuen Residenz, Mozartplatz 1, geöffnet täglich von 9 bis 17 Uhr, Eintritt: 9 Euro. Der Katalog „Johann Bernhard Fischer von Erlach“, Residenz Verlag, kostet im Museum 28 Euro. www.salzburgmuseum.at