23.04.2025

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Starb am Ostermontag: Papst Franziskus 
ild: picture alliance/REUTERSStarb am Ostermontag: Papst Franziskus 

Kirche

Ein moderner Bewahrer und ein großes Missverständnis

Papst Franziskus wollte die Kirche zweifellos reformieren – doch anders als seine zeitgeistbeseelten Kritiker keineswegs seinen Glauben aufgeben

René Nehring
23.04.2025

Ein außergewöhnliches Pontifikat ist zu Ende gegangen. Just am Ostermontag, während des Festes der Auferstehung des Herrn Jesus Christus also, ist Papst Franziskus aus dem irdischen Leben geschieden. Einen Tag zuvor, am Ostersonntag, hatte er noch vor tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz im Vatikan den traditionellen Segen „Urbi et Orbi“ erteilt.

Außergewöhnlich war die Amtszeit des Papstes gleich in mehrerlei Hinsicht. Als Sohn italienischer Auswanderer war der 1936 geborene 266. Bischof von Rom der erste gebürtige Südamerikaner auf dem Stuhle Petri. Zudem war er der erste Jesuit im Papstamt, was bei seiner Wahl 2013 gerade von Mitbrüdern seines Ordens kritisiert worden war, weil der Zweck der „Societas Jesu“ eigentlich ist, treu dem Papst zu dienen und nicht selbst dieses Amt einzunehmen. Nicht zuletzt war auch der gewählte Name des bürgerlich Jorge Mario Bergoglio heißenden Geistlichen ein besonderer: Als erster Pontifex nannte er sich nach dem heiligen Franz von Assisi, der sich im Mittelalter nach einer Christuserscheinung auf den Weg begeben hatte, das „Haus des Herrn“ wiederaufzubauen, das damals „ganz und gar in Verfall geraten“ war.

Zur Außergewöhnlichkeit des Pontifikats des Franziskus gehört nicht zuletzt der Umstand, dass sein Vorgänger Benedikt XVI. zurückgetreten war – als erster Papst seit Coelestin V. im Jahre 1294 – und somit erstmals seit über 700 Jahren wieder zwei Päpste zeitgleich auf Erden weilten. Dass Franziskus anders als Bonifatius VIII., der auf den schwachen Coelestin gefolgt war, in Benedikt einen der brillantesten Denker der Kirchengeschichte zum Vorgänger hatte, der unzählige Schriften von zeitloser Dauer hinterließ, dürfte diesen Umstand zusätzlich erschwert haben.

Doch schnell fand Franziskus seinen ganz eigenen Weg als oberster Hirte der katholischen Kirche. Wie Johannes Paul II. war auch er ein Menschenfischer. Einer, der mit Freude dem Papamobil entstieg und mit leuchtenden Augen das Bad in der Menge suchte. Einer, der sich nicht scheute, auch zu den Randfiguren der Gesellschaft zu gehen, zu den unheilbar Kranken, den Drogenabhängigen und Prostituierten. Und immer wieder auch einer, der als oberste Instanz einer Weltorganisation sogar in Gefängnisse ging, um dort sein Haupt vor verurteilten Straftätern zu beugen und ihnen die Füße zu waschen.

Reaktionen in Deutschland
Die Nachricht vom Tod des Papstes löste naturgemäß auch in Deutschland zahlreiche Reaktionen aus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Franziskus als „leuchtendes Zeichen der Hoffnung“. Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz, ein bekennender Atheist, schrieb auf „X“: „Mit Papst Franziskus verlieren die Katholische Kirche und die Welt einen Fürsprecher der Schwachen, einen Versöhner und warmherzigen Menschen.“ Scholz' designierter Nachfolger Friedrich Merz erklärte, dass ihn der Tod des Papstes „mit großer Trauer“ erfülle, und weiter: „Franziskus wird in Erinnerung bleiben für seinen unermüdlichen Einsatz für die Schwächsten der Gesellschaft, für Gerechtigkeit und Versöhnung.“

Doch schnell mischten sich auch kritische Töne in die Nachrufe, vor allem in den Medien. So nannte etwa der „stern“ Franziskus „einen, der Reformer sein wollte – und scheiterte“. Es verwundert nicht, dass derlei Rufe vor allem im linken Spektrum der deutschen Gesellschaft zu vernehmen sind. Also dort, wo in den ersten Jahren seines Pontifikats noch große Begeisterung über den anderen Stil dieses Papstes vorgeherrscht hatte. Dass Franziskus auf Prunkgewänder und sogar auf die Gemächer im Apostolischen Palast verzichtete, um im vatikanischen Gästehaus Santa Marta zu wohnen, hatte in jenen Kreisen die Hoffnung geweckt, dass der Pontifex auch inhaltlich andere Wege gehen würde als seine Vorgänger.

Tatsächlich stieß Franziskus zahlreiche Reformen an. In großen Bischofssynoden zu Fragen der Familie und der Jugend reagierte er auf den gesellschaftlichen Wandel der vergangenen Jahrzehnte. In einer eigens dem Amazonasgebiet gewidmeten Synode führte er seine Kirche nicht nur an das Leben in Südamerika, sondern auch an Fragen ganzheitlicher Ökologie heran. Geradezu revolutionär war seine Öffnung höherer Verwaltungsämter in der Kirchenhierarchie für Frauen. Mit der Berufung der Ordensschwester Simona Brambilla Anfang 2025 zur Präfektin des Dikasteriums für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens ernannte der Papst sogar erstmals eine Frau zur Leiterin einer Einrichtung der Römischen Kurie. Zudem ließ dieser Papst eine stärkere Autonomie kirchlicher Gliederungen in der Welt zu und geißelte mit starken Worten wie „Krankheit“, „Perversion“ und „Plage“ den Klerikalismus als ein Grundübel der Kirche. Und noch radikaler als sein Vorgänger Benedikt verurteilte Franziskus öffentlich den tausendfachen sexuellen Missbrauch junger Gläubiger durch Priester seiner Kirche.

Krise des Westens, nicht der Kirche
Dass Medien wie der „stern“ dennoch von einem „Scheitern“ der Reformbemühungen sprechen, sagt mehr über sie und das Land, in dem sie erscheinen, aus als über den verstorbenen Papst. Viele Intellektuelle hierzulande nahmen Franziskus übel, dass er trotz allen Verzichts auf traditionellen Pomp und der Hinwendung zu den einfachen Gläubigen in Grundsatzfragen nicht nachgab. So weigerte er sich, Frauen neben Verwaltungsämtern auch zur Priesterweihe zuzulassen. Homosexualität verdammte er zwar nicht, doch mochte er nicht so weit gehen, schwulen und lesbischen Paaren eine kirchliche Trauung zu gestatten. Auch der Aufhebung des Zölibats wollte er nicht zustimmen.

Letztlich offenbarten die Kritiker des Franziskus nur ihre Unkenntnis vom Wesen der päpstlichen Kirche – und/oder ihre eigene Überheblichkeit. Sie wollen nicht wahrhaben, dass auch ein Reformpapst noch immer katholisch ist und als Stellvertreter Christi auf Erden keineswegs vorhat, elementare Grundlagen seines Glaubens aufzugeben. Erst recht wollen jene Kritiker nicht wahrhaben, dass es für eine Weltkirche im 21. Jahrhundert kaum da-rauf ankommt, was ein paar Publizisten und selbsternannte Modernisierer in Deutschland meinen. Denn während beide christlichen Kirchen hierzulande mit ihrem Kurs der Anpassung an den Zeitgeist seit Jahren Millionen Mitglieder verloren haben, verzeichnet die katholische Kirche im „Rest der Welt“ kontinuierlich Millionenzuwächse. Warum also sollte sich jemand im Vatikan darum scheren, was nördlich der Alpen gefordert wird?

Dieser Gedanke könnte auch beim nun anstehenden Konklave eine Rolle spielen. Die im Westen oft diagnostizierte Krise der Kirche ist vor allem eine Krise des Westens selbst. Die päpstliche Kirche als global aufgestellte Organisation hat längst flexibel darauf reagiert, indem die Europäer nun erstmals keine Mehrheit mehr im Kollegium der wahlberechtigten Kardinäle haben. Wie sich dies im künftigen Kurs der Kirche ausdrückt, werden die Gläubigen und kritischen Beobachter sehen, wenn es demnächst vom Balkon des Petersdoms wieder erschallt: „Habemus papam!“


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