17.06.2025

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Pier und Jachthafen von St. Pete
Bild: JEPier und Jachthafen von St. Pete

Kurios

Ein Ort, der nicht so heißen will

Floridas Saint Petersburg nennt sich selbst nur keck St. Pete – Wer das nicht weiß, tritt schnell ins Fettnäpfchen

Jens Eichler
17.06.2025

150 Jahre sind für die USA schon richtig alt. Und für Florida erst recht. Man könnte daher meinen, dass St. Pete ein komplettes Museum ist, denn in diesem Jahr feiert die mondäne, schöne Küstenstadt an der Tampa Bay ihren 150. Geburtstag.

Von wegen alt! Gefühlt ist eher das Gegenteil der Fall. „Sunshine City“, wie die Stadt mit ihren rund 260.000 Einwohner auch liebevoll heißt, wird immer jünger, schicker, trendiger. Längst haben sich architektonisch aufwendig gestaltete Hochhäuser zwischen altehrwürdige Bauten nahtlos eingefügt. Bei jungen Menschen ist die Stadt angesagt wie noch nie – eine bunte Nightlife-, Bar-, Club- und Restaurantszene wirkt wie ein Magnet. Dazu die wunderbar gestaltete Promenade mit den schönen Shops und Lokalen, als ob man die kleine Version des „Ocean Drive“ von Miami Beach erlebt – nur feiner, eleganter, gepflegter.

St. Pete ist eine Boomtown, ein Dorado für Touristen und ebenso für Einheimische. Aber stopp, wieso wird auch hier immer von St. Pete geschrieben? Heißt die Stadt nicht in Wahrheit Saint Petersburg? Vorsicht, das ist ein heißes Eisen und kann brenzlig werden ...

Als 1875 General John Williams aus Detroit hoch im Norden der USA in den ebenso sonnigen wie heißen Süden nach Florida zog, weil er sich dort ein Stück Land gekauft hatte, nannte er sein erstgebautes Hotel nach seiner Heimatstadt. Drumherum siedelten sich mehr und mehr Menschen an – nur einen Namen hatte der Ort bisher nicht. 13 Jahre später kam Peter Demens an. Ein Aristokrat, der seine Jugend im russischen St. Petersburg verbracht hatte. Und mit ihm kam die Eisenbahn, die Orange Belt Railway, dessen Besitzer Demens war. Eine Stadt, die einerseits in der Tampa Bay lag und so für den Schiffsverkehr prädestiniert war, zog ebenso viele Menschen an, wie damals eine eigene Eisenbahnstation. Und plötzlich hatte der wachsende Küstenort zwei Gründungsväter: John Williams und Peter Demens. Die beiden kannten und wertschätzten sich und waren sich schnell einig, dass das florierende Städtchen endlich einen festen Namen haben muss.

Einig waren sie nur nicht darüber, wie dieser lauten sollte. Also kamen sie überein, dass ein Münzwurf entscheiden soll. Kopf oder Adler? Little Detroit oder Saint Petersburg – diese beiden Namen standen zur Entscheidung. Und der russische Name gewann. Fortan wurde die südlich von Tampa und Clearwater gelegene Stadt Saint Petersburg genannt, der Name offiziell eingetragen und publik gemacht.

Doch schon keine 50 Jahre später regte sich Unmut darüber, weil das Städtchen an der Küste Westfloridas immer öfter mit der russischen Metropole verwechselt wurde. Selbst die Post kam nicht immer dort an, wo sie ankommen sollte, sondern machte so manches Mal einen Umweg über Russland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Name schließlich mehr oder weniger verbannt, wenngleich man auf eine Umbenennung verzichtete. Man nannte sich ab sofort nur noch St. Pete, um jegliche Verwechslungsgefahr mit der Ortschaft im kommunistischen Sowjetreich – die damals kurioserweise anders, nämlich Leningrad, hieß – zu vermeiden.

Ob auf Postkarten oder T-Shirts, auf Straßenschildern oder in US-Atlanten – Saint Petersburg war Geschichte und St. Pete wurde als bisheriger Spitzname die inoffiziell offizielle Bezeichnung. Und daran hat sich auch zum 150. Geburtstag nichts geändert. Wer es also nicht weiß, tritt schnell ins Fettnäpfchen. St. Petersburg ist out – St. Pete ist in!


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