20.10.2025

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Kunstvoll interaktiv erzählte Geschichte: Das multimediale Museum Brama Poznania (Posener Tor)
Bild: Malwina Łubieńska/visitpoznan.plKunstvoll interaktiv erzählte Geschichte: Das multimediale Museum Brama Poznania (Posener Tor)

Republik Polen

Symbol des Widerstands und des Aufbruchs

Im Herzen einer Nation – Reise nach Gnesen und Posen aus Anlass des 1000. Jahrestags der Krönung der ersten polnischen Könige

Andreas Guballa
20.10.2025

Die Polen feiern dieses Jahr den 1000. Jahrestag der Krönung ihrer ersten Könige, Bolesław Chrobry und Mieszko II. Lambert. Dieses historische Ereignis, das im Jahr 1025 in der Kathedrale von Gnesen stattfand, markierte den Übergang Polens vom Herzogtum zum Königreich und festigte seine Stellung in der europäischen Gemeinschaft (siehe auch PAZ vom 18. April).

Die Geschichte des polnischen Staates reicht weit in die Vergangenheit zurück. Der Überlieferung zufolge fand die Krönung Bolesławs des Tapferen im Jahr 1000 während des Kongresses von Gnesen statt. Heutige Historiker verweisen jedoch auf das Jahr 1025, als Bolesław am 18. April, dem Ostersonntag, zum ersten König Polens gekrönt wurde.

Gnesen, das Herz des polnischen Staates und Sitz des Erzbistums, war der Ort, an dem diese Zeremonie stattfinden musste. Kein anderer Ort hätte für dieses entsprechende Ereignis geeigneter sein können.

Bolesław Chrobry, auch bekannt als Boleslaus der Tapfere, wurde um 967 als Sohn von Mieszko I. und der böhmischen Herzogstochter Dubrawka geboren. Seine Herrschaft war geprägt von militärischem Geschick, diplomatischer Raffinesse und einer engen Verbindung zur katholischen Kirche. Kurz vor seinem Tod im Juni 1025 ließ er sich krönen. Es war ein symbolischer Akt, mit dem die politische Eigenständigkeit Polens unterstrichen und das junge Staatswesen fest auf der Karte Europas verankert wurde.

Die Herrschaft Bolesławs des Tapferen brachte Polen neue Gebiete und die Freiheit vom deutschen Einfluss. Seine kurze Herrschaft endete jedoch schnell, da er weniger als zwei Monate nach seiner Krönung am 17. Juni 1025 starb.

Bereits am 25. Dezember desselben Jahres wurde sein Sohn Mieszko II. Lambert in Gnesen zum zweiten König Polens gekrönt – ein Zeichen der dynastischen Kontinuität, aber auch ein Hinweis auf die politischen Spannungen jener Zeit. Seine Herrschaft war von inneren und äußeren Konflikten geprägt, und bei seinem Tod im Jahr 1034 war das mühsam aufgebaute Reich deutlich geschwächt.

Auf der unweit von Gnesen im Lednica-See gelegenen Insel Ostrów Lednicki soll Mieszko I., der Vater von Bolesław, im Jahr 966 zum Christentum konvertiert sein. Das Datum gilt als Anfang der polnischen Staatlichkeit. Im dortigen „Museum der Ersten Piasten“ können Besucher eine Sonderausstellung zur Frühzeit des polnischen Königreichs und der Rolle von Bolesław sehen. Die interaktive Schau zeigt Originalfundstücke von der Insel sowie zahlreiche liturgische Gegenstände und Nachbildungen, die mit dem frühen Königreich verbunden sind.

1793 fiel Posen an Preußen
Eine besondere Bedeutung für den frühen polnischen Staat kommt der Stadt Posen zu. Auf der dortigen Dominsel befand sich eine Burganlage, die Mieszko I. als Sitz diente. 968 wurde der Vorgängerbau der heutigen Kathedrale errichtet. Sie diente als Grablege für Mieszko I., Bolesław Chrobry und weitere polnische Könige. In der Goldenen Kapelle der heutigen Kathedrale befindet sich ein Mausoleum für Mieszko I. und Bolesław Chrobry mit Bronzestatuen der beiden Herrscher, die der preußische Bildhauer Christian Daniel Rauch 1841 geschaffen hat.

Für kurze Zeit war Posen im 13. Jahrhundert auch polnische Hauptstadt. Diese Geschichte können Besucher eindrucksvoll im multimedialen Museum Brama Poznania (Posener Tor) erleben. Das moderne Zentrum erzählt die Entwicklung Polens vom Heidentum zur christlichen Monarchie – mit Projektionen, Klanginstallationen und interaktiven Elementen. Es ist einer der zentralen Orte des Jubiläumsjahres 2025 in Posen.

Doch die Geschichte Posens endet natürlich nicht im Mittelalter. Vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert war die Stadt ein Teil Preußens. Im Zuge der Teilungen Polens fiel die Stadt 1793 an das Königreich Preußen und wurde später Hauptstadt der Provinz Posen. Deutsche Architektur und Verwaltung prägten damals die Stadt. Im Stadtbild erinnern der Kaiserpalast und andere wilhelminische Bauten an diese Epoche. Nach dem Ersten Weltkrieg kam Posen an die neu gegründete Zweite Polnische Republik.

Achse der Aufklärung
Im Jahr 1939 wurde Posen von NS-Deutschland befreit. Die deutsche Verwaltungspolitik soll brutal gewesen sein: Deportationen, Enteignungen, Morde. Das Museum Fort VII – Colomb, heute Gedenkstätte, war eines der ersten Konzentrationslager auf polnischem Boden. Hier hielt die SS hauptsächlich Polen gefangen: anfangs Angehörige der Oberschicht und der Bildungseliten, später solche, die gegen die Besatzungsbestimmungen verstoßen hatten oder im Verdacht standen, politisch oder militärisch Widerstand zu leisten. Viele wurden im Fort VII hingerichtet, andere starben an Folter oder an den widrigen Lebensbedingungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Posen von der Volksrepublik Polen verwaltet. In den 1950er Jahren wurde die Stadt zum Symbol des Widerstands gegen das kommunistische Regime. Der Posener Aufstand von 1956, bei dem Arbeiter bessere Lebensbedingungen forderten, war ein Meilenstein im Kampf für Freiheit.

Heute gilt Posen eher als ein Symbol des polnischen Aufbruchs. Die Stadt ist eine der wirtschaftlich dynamischsten in der Republik Polen, mit Universitäten, Start-up-Unternehmen, Messen und einer reichen Kulturlandschaft.

Ein Muss für jeden Besucher ist das Enigma-Museum, das 2021 eröffnet wurde. Es widmet sich dem oft übersehenen Beitrag polnischer Mathematiker zur Entschlüsselung der deutschen Enigma-Verschlüsselung im Zweiten Weltkrieg. Der moderne Bau bietet Einblicke in die Kryptoanalyse, Kriegsgeschichte und Technikgeschichte – und das auf spannende, interaktiv Weise. Zusammen mit dem Brama Poznania bildet das Museum eine Achse der Aufklärung und Erinnerung: vom Mittelalter bis zur Moderne.

Der polnische Staat hat dieses Jahr offiziell zum „Jahr des Millenniums der Krönung der beiden ersten Könige Polens in Gnesen“ erklärt, um die Bedeutung dieses historischen Meilensteins zu unterstreichen. Die zentralen Feierlichkeiten fanden bereits im August in Gnesen statt. Ihr wichtigstes Element war eine multimediale Inszenierung des Krönungsaktes unter freiem Himmel. Im September hat man zudem eine Feier anlässlich des Aktes von Gnesen abgehalten. Während des gesamten Jahres sind weitere Veranstaltungen im Zeichen des Jubiläums geplant.

Wer die Geschichte hautnah erleben will, sollte den Szlak Piastowski (Piastenweg) bereisen. Die Route verbindet historische Orte wie Gnesen, die Insel Ostrów Lednicki, die prähistorische Stätte bei Urstätt [Biskupin] und Posen.

In Gnesen widmet sich auch das Museum der Ursprünge des polnischen Staates den Anfangsjahren von Polen und der Herrscherfamilie der Piasten. Die aktuellen Feierlichkeiten zur 1000-jährigen Geschichte bieten eine gute Gelegenheit, sich mit der reichen Geschichte des Landes auseinanderzusetzen.

Deutschsprachige Informationen rund um die Feierlichkeiten in Gnesen: www.gniezno2025.pl 


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