12.09.2025

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Mit Laura auf dem Rücksitz blüht Betty auf: Barbara Auer (vorne) und Paula Beer
Bild: Schramm FilmMit Laura auf dem Rücksitz blüht Betty auf: Barbara Auer (vorne) und Paula Beer

Kino

Eine Barke strandet in der Uckermark

Ein familiäres Sommerrätsel mitten in der Natur – Der Film „Miroirs No. 3“ von Christian Petzold

Harald Tews
12.09.2025

Kinofilme von Christian Petzold sind meist sichere Kandidaten für Preise auf Filmfestspielen. Für „Barbara“ und „Roter Himmel“ hat er 2012 und 2023 den Silbernen Bären bei der Berlinale erhalten. Sein neuestes Werk „Miroirs No. 3“, das am 18. September in die Kinos kommt, hat er im Mai bei den Filmfestspielen in Cannes vorgestellt, ging dort aber leer aus. Dabei hätte der Film den Franzosen nahestehen können. Der Titel nimmt Bezug auf die Komposition „Eine Barke im Ozean“ des französischen Komponisten Maurice Ravel, und der sommerlich-leichte Flair des Streifens erinnert an so manchen Film des französischen Regisseurs Eric Rohmer.

Hier wie dort wird man mit Naturimpressionen überschwemmt: Das Zwitschern der Vögel, das Zirpen der Grillen, das Summen der Bienen, das Rauschen der Blätter ist allgegenwärtig. In dieses Meer an grünem Idyll kracht nun die Ravelsche Barke. Ein Unfall lässt die Berliner Musikstudentin Laura in der Uckermark stranden, und sie wird von einer älteren Frau aufgelesen, deren Haus einsam wie eine Insel inmitten abgemähter Getreidefelder steht. Da es Laura offenbar nicht zurück in die Großstadt zieht, bezieht sie ein Kinderzimmer in dem großen Haus ihrer neuen Freundin Betty.

Als Beilage zum Frauenduo gesellen sich noch zwei Blaumänner: die Handwerker Richard und Max, Mann und Sohn Lauras, die getrennt von ihr leben und arbeiten. Ein familiäres Geheimnis würzt dieses filmische Gourmetstück, das man Bissen für Bissen genießt.

Petzold lässt sich nämlich viel Zeit, die Rätsel zu lösen. Wenn Betty ihre beiden Männer zum Essen einlädt, aber vier Teller aufdeckt, gucken die sich fragend an: Ja, spinnt die Alte denn schon wieder? Bis Laura als Köchin hereinspaziert und das Quartett damit vervollständigt. Ein im Haus verstimmtes Klavier, auf dem schon lange niemand mehr gespielt hat, ist ein weiteres Indiz darauf, dass die junge Laura von der älteren Betty wohl als eine Art Ersatztochter betrachtet wird.

Laura ist dabei der klavierspielende Katalysator, der mit Musik von Chopin und Ravel aus der dysfunktionalen Familie am Ende wieder eine funktionale macht. Petzold hat für den Film ein harmonierendes Schauspielerteam vereint, mit dem er schon in früheren Filmen gearbeitet hat: Paula Beer als quirlige Laura, Barbara Auer als rätselhaft-aufblühende Betty, Matthias Brandt als ihr skeptisch-dreinblickender Mann Richard und Enno Trebs als kühl-dreinblickender Sohn Max. Ihr perfektes Ensemblespiel macht aus „Miroirs No. 3“ einen raffiniert wohltuenden Sommerfilm, der mit minimalistischen Mitteln die Doppelbödigkeit einer Familie freilegt.


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