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Umweltschutz

Eklat wegen Fischsterbens in der Oder

Umweltkatastrophe im August: Heftiger Streit in deutsch-polnischer Expertengruppe ausgebrochen

Hermann Müller
13.10.2022

Als am 9. August ein Schiffsführer den deutschen Behörden meldete, dass auf der Oder Tausende tote Fische trieben, war es bereits zu spät, um noch einen massiven Schaden an der Natur aufzuhalten. Im Laufe des Augusts wurden auf fast 500 Kilometern Länge mehrere hundert Tonnen toter Fische aus dem Fluss geborgen und entsorgt. Mitbetroffen war auch der seltene baltische Stör, aber auch Muscheln und Krebse verendeten in einem Ausmaß, das bisher auf der Oder nicht beobachtet worden war.

Wie sich erst später herausstellte: Bereits Ende Juli hatten polnische Behörden Hinweise erhalten, dass im Oberlauf des Flusses massenweise Fische verenden. Allerdings unterließ es die polnische Seite, deutsche Behörden zeitnah zu informieren.

Mitte August verabredeten Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und ihre polnische Kollegin Anna Moskwa (PiS) dann immerhin die Einrichtung einer deutsch-polnischen Arbeitsgruppe zur Ursachenaufklärung. Entgegen der ursprünglichen Absicht präsentierten beide Seiten allerdings keinen gemeinsamen Abschlussbericht zum Fischsterben. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) hatte im Umweltausschuss des Landtags zwar sein Bedauern ausgedrückt, dass es nicht gelungen sei, ein gemeinsames Papier zu erarbeiten, zu den Gründen für dieses Scheitern machte er jedoch keine weiteren Angaben. Laut einem Bericht des „Spiegel“ soll es bei den Bemühungen zu einem gemeinsamen Abschlussbericht sogar zu einem Eklat gekommen sein. „Die Stimmung, so wird übereinstimmend berichtet, sei schlecht und schon lange nicht mehr kollegial“, so der „Spiegel“ Ende September zur Atmosphäre im deutsch-polnischen Expertenrat.

Polen relativieren Salzeinleitungen

Ein Blick in die inzwischen separat vorgelegten Abschlussberichte zeigt, dass sich beide Seiten in unterschiedlichem Maß schwertun, einen ganz konkreten Verursacher für die Umweltkatastrophe zu benennen. Die polnischen Wissenschaftler wiesen in ihrem schon Ende September präsentierten Bericht auf die toxische Wirkung einer Algenblüte als wahrscheinlichsten Grund für das Fischsterben hin. Dabei nannten die vom polnischen Umweltministerium mit der Untersuchung beauftragten Experten eine Reihe von Faktoren, welche die Algenblüte begünstigt hätten.

Laut der Wasserbiologin Agnieszka Kolada ist die Oder „weit vom natürlichen Zustand entfernt“. Unter anderem soll die Wasserqualität des Flusses schon in den vergangenen Jahren schlecht gewesen sein. Starke Regulierungen des Flusslaufs, geringe Regenfälle und hohe Temperaturen haben aus Sicht der polnischen Untersuchungskommission in diesem Sommer dazu geführt, dass durch einen niedrigen Wasserstand die Salzkonzentration so weit zugenommen habe, dass es zu einer massenweisen Blüte der Alge Prymnesium parvum gekommen sei. Bemerkenswert ist der Umstand, dass bei der Aufzählung der verschiedenen Faktoren, die zur Algenblüte geführt haben sollen, „das Thema Salzeinleitung nur am Rande erwähnt wurde“, so die Bewertung des rbb.

Bergbaukonzern im Verdacht

Lemke und auch die deutschen Experten wurden in ihrem Abschlussbericht deutlicher. In einer gemeinsamen Mitteilung weisen das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt ebenfalls auf eine Blüte der Brackwasseralge Prymnesium parvum hin, die eine giftige Substanz erzeugt, die für Fische und andere Wasserorganismen tödlich ist. Als die wahrscheinlichste Ursache für das Fischsterben nennen die deutschen Wissenschaftler einen sprunghaft gestiegenen Salzgehalt, „der gemeinsam mit weiteren Faktoren für eine massive Vermehrung einer für Fische giftigen Brackwasseralge geführt hat“.

Aber wie kam es zu dieser Versalzung? „Salzeinleitungen sind nach Ansicht der Fachleute die Ursache für das Fischsterben“, so Lemke. Noch deutlicher wurde Greenpeace. Die Organisation machte ganz direkt die polnische Bergbauindustrie für die Salzeinleitungen verantwortlich, die im August die Algenblüte in der Oder und damit das massenhafte Fischsterben verursacht hätten. Die Organisation verwies dabei auf 17 Wasser- und Bodenproben, die Ende August zwischen der polnisch-tschechischen Grenze und Schwedt in Brandenburg genommen wurden. Dabei sind laut Greenpeace durchgehend hohe Werte von Salzen und Schwermetallen gemessen worden.

Die höchsten Salzwerte fanden sich laut Greenpeace an einem Rückhaltebecken des Bergbaukonzerns KGHM im niederschlesischen Polkwitz [Gmina Polkowice]. Bei dieser Probe soll der Salzgehalt 40-fach über den für Süßwasser empfohlenen Werten gelegen haben. Zusammen mit den hohen Wassertemperaturen hat nach Ansicht der Organisation das salzhaltige Wasser die Vermehrung der giftigen Algen ausgelöst.


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Kommentare

Ralf Pöhling am 16.10.22, 19:42 Uhr

Dass die Kommunikation zwischen der konservativen PiS auf polnischer Seite und den progressiven Grünen auf deutscher Seite schwierig ist, kann ich mir vorstellen. Die polnische PiS braucht in Deutschland einen echten konservativen Ansprechpartner. Da bietet sich die AfD an.

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