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Humboldt-Forum erweckt seinen Vorgängerbau, den Palast der Republik, und andere wundersame Dinge wieder zum Leben
Der Palast der Republik ist nicht totzukriegen. Nach dem Abriss des im Volksmund als „Palazzo Prozzi“ geschmähten Sitzes der DDR-Volkskammer 2008 entstand an dessen Stelle der Wiederaufbau des Berliner Schlosses. Doch genau hier, in den Ausstellungssälen des Humboldt-Forums, soll in den kommenden Jahren ein programmatischer Fokus auf den Palast der Republik gesetzt werden.
Dabei soll an diesen architektonischen Fremdkörper inmitten von Berlin erinnert werden als ein politisches und kulturelles Zentrum in der DDR, an den Ort von friedlicher Revolution und erster freigewählter Volkskammer, an Schlossdebatte und kulturelle Zwischennutzungen bis hin zum Abriss. Unter dem Motto „Hin und weg“ startet am 30. April und 1. Mai das erste Themenwochenende zum Programm „Der Palast der Republik ist Gegenwart“. Besucher sind eingeladen, verschiedene Facetten des Palastes der Republik und seiner Geschichte kennenzulernen und selbst als Zeitzeuge Erinnerungen beizutragen.
Das Programm „Der Palast der Republik ist Gegenwart“ erschließt das Themenfeld in den nächsten Jahren chronologisch in mehreren Phasen: Es befasst sich mit der Architektur und Nutzung 1973 bis 1989, mit der Umbruchzeit 1989/90, der Schlossplatzdebatte und Zwischennutzung bis zum Abriss 2008 und schließlich mit dem Erinnerungsort und aktuellen Diskussionen. Einen zentralen Anker bildet das Projekt Erinnerungsarbeit im Humboldt-Forum, in dessen Rahmen Gespräche und Interviews mit Zeitzeugen durchgeführt werden. Vielfältige Experten begleiten die Programmarbeit, die durch Recherche, Forschung und Fachsymposien wissenschaftlich untermauert wird. In den kommenden Jahren soll das Programm weiter ausgebaut werden. Einen Höhepunkt wird eine Sonderausstellung über „Erichs Lampenladen“ bilden.
Kegelbahnen im Schlüterhof
Im Schlüterhof des Humboldt-Forums landet am Themenwochenende „Hin und weg“ Ende April eine Zeitmaschine für den Palast der Republik durch das Berliner Künstler-Kollektiv Chez Company samt Aktionskünstlern und einer Live-Radio-Show. Der Straßenkünstler Russlan lässt dabei mithilfe des Publikums ein fünf mal zwei Meter großes Bild entstehen. In einem sogenannten Berlin-Raum werden durch eine Klang-Installation Stimmen zum Palast der Republik hörbar, und auf dem „Kosmographen“ wird die Gläserne Blume aus dem Palast der Republik sichtbar. Im Palast-Treff in Saal 1 dreht sich alles um den konkreten Ort. Welche Räume gab es, wie waren sie ausgestattet und welche Erinnerungen verbinden sich mit Besuchen im Palast?
Zwei Kegelbahnen im Schlüterhof wecken das ganze Wochenende über Assoziationen an die legendären Bowlingbahnen im Palast der Republik. Angebote für Kinder vermitteln die Geschichte eines geteilten Landes im Bilderbuchkino und mittels Erzählkunst. Filmprogramme zeigen seltene Aufnahmen zum Bau und zur Debatte um die Gestaltung der Berliner Mitte der 1990er Jahre. Und Kuratorenführungen stellen Objekte aus der Geschichte des Palastes vor.
Vom 12. bis 15. Mai setzt „Wendecircus. Die Palast-Edition!“ täglich eine Sicht auf diesen Ort der Revolution als Revue in Szene: In einem zwölf Meter hohen Zelt im Schlüterhof des Humboldt-Forums werden die Aushandlungsprozesse der Wendezeit 1989/90 künstlerisch reflektiert. Der Circus Magic, ein Familienzirkus aus dem brandenburgischen Zossen, zeigt dabei Nummern zur deutschen Vereinigung. Im Zusammenspiel von Zirkus, Theater und Verwandlung soll so eine außergewöhnliche Auseinandersetzung mit der deutschen Wendezeit entstehen.
Dass jetzt der umstrittene Palast posthum eine solche Ehrung erhält, ist ein Beleg dafür, dass das Humboldt-Forum seine Rolle noch nicht richtig gefunden hat. Sollen dort nun ethnologische Sammlungen und die Kolonialismus-Debatte im Vordergrund stehen oder ein bunter Mischmasch aus Zirkus, Aktions-Klamauk und anderen Tralala? Das April-Programm, in dem der „Welt-Roma-Tag“ gefeiert wird (9.4.), Musiker auf experimentelle Klangreisen gehen (15. bis 17.4.), ein Salon zur „Zukunft des Wassers in Berlin und Brandenburg“ eröffnet wird (22. bis 24.4.) und ein „Weltstudio“ ukrainisch-, russisch- und deutschsprachige Familien zu einem „Tag mit Spielen und Musik“ willkommen heißt (28.4.), deutet auf eine multikulturelle, konzeptlose Wundertüte hin.
• Hin und weg am 30. April von 14 bis 22 Uhr und am 1. Mai von 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei (mit Ausnahme des Führungsprogramms am Sonnabend). Termine Wendecircus 12. und 13. Mai jeweils 19 Uhr, 14. Mai um 14 und 19 Uhr, 15. Mai um 16 Uhr. Karten im Vorverkauf: 16 Euro, Ausführliches Programm und Kartenbuchung: www.humboldtforum.org