08.09.2024

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Moldau

EU-Politik trifft das Armenhaus Europas

Begrenzung des ukrainischen Getreideexports bringt den Landwirten Freude, den Eisenbahnern Frust

Manuela Rosenthal-Kappi
21.07.2024

Die Republik Moldau, die zwischen Rumänien und der Ukraine liegt, hat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am
3. März 2022 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU gestellt. Aktuell laufen Beitrittsverhandlungen mit der Regierung von Präsidentin Maia Sandu in Chisinau. Seit Moldau die russische Kriegspolitik kritisiert, haben sich auch die angespannten Beziehungen zum Nachbarn Ukraine verbessert, was sich für das kleine Land auch wirtschaftlich positiv ausgewirkt hat.

Besonders die Moldauischen Eisenbahnen (Calea Ferată din Moldova, CFM) haben vom ukrainischen Export Richtung Rumänien profitiert, wie auch von der westlichen Unterstützung bei Verbesserungsplänen für die Infrastruktur und die Modernisierung des Schienennetzes. Als im vergangenen Jahr die Ukraine jedoch Exporte über die Häfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj trotz des hohen Risikos wieder aufgenommen hatte, verzeichnete die CFM einen Umsatzrückgang, der sich durch die EU-Politik der Begrenzung ukrainischer Getreideausfuhren verschärft hat.

Moldau war bisher nicht nur Transitland für ukrainischen Weizen und Sonnenblumen, sondern ein Teil der Produkte blieb auch im Land. Der Nutzen für die Eisenbahner erwies sich als Existenzbedrohung für die örtlichen Landwirte. Wie im übrigen Europa, kam es auch in Moldau zu Bauernprotesten.

Die moldauische Regierung ist den Bauern, die vor Kurzem neue Proteste angekündigt hatten, rasch entgegengekommen, indem sie die ukrainischen Lieferungen bis Ende des Jahres weiter begrenzen will. Das Parlament hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Einfuhr von Weizen, Mais und Sonnenblumen ausschließlich auf der Grundlage von Lizenzen vorsieht. Zuvor hatte die Republik Moldau Ende Juni das Lizenzierungssystem für Getreideimporte erst abgeschafft, das im Jahr 2023 eingeführt worden war, um den Inlandsmarkt vor ukrainischen Produkten zu schützen.

Bauern drohten mit Protesten
Der Bauernverband sprach sich dagegen für eine Ausweitung der kontrollierten Einfuhr von Getreide und Ölsaaten aus der Ukraine aus. Er bezifferte die Verluste im vergangenen Jahr, als die Regierung diese Maßnahmen erst mit großer Verzögerung umsetzte, auf umgerechnet über 104 Millionen Euro. Dass die Behörden diesmal schneller reagiert haben, ist offenbar der Tatsache geschuldet, dass im Herbst Präsidentschaftswahlen stattfinden, bei der die regierende Präsidentin Sandu wieder antreten möchte, und dass ein europäisches Referendum im Land geplant ist.

Des einen Freud ist des anderen Leid – während die Bauern mit der Entscheidung ihrer Regierung zufrieden sind, klagen die Eisenbahner darüber, dass sie fast nichts zu tun haben und keine Einnahmen generieren können, da der Transit von der Ukraine nach Rumänien drastisch eingebrochen sei. Im Vergleich zur EU mit durchschnittlich gut 38.000 Euro Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist Moldau mit einem Bruttoinlandsprodukt von 5427 Euro pro Einwohner eines der ärmsten Länder Europas.


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