Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Für den US-amerikanischen Osteuropa-Historiker Timothy Snyder werden die geopolitischen Folgen des Ukrainekriegs verheerend ausfallen. Putin, so Snyder im Gespräch mit der „Welt“, habe keinen Weitblick, denn: „Er übergibt sein Land praktisch an China.“
Die Befürchtung ist absolut realistisch. Die Sanktionen, welche der Westen gegen Russland in Reaktion auf den Einmarsch in die Ukraine verhängt hat, schneiden das russische Riesenreich von nahezu sämtlichen Verbindungen ins restliche Europa ab. Moskau wird gar nichts anderes übrig bleiben, als sich anderen Partnern zuzuwenden. Der bei Weitem stärkste wird China sein.
Wirtschaftlich gravierend geschwächt, wird Russland dann nicht umhinkommen, sich billig zu verkaufen, um die Lücken, welche die abgezogenen westlichen Investoren hinterlassen haben, rasch zu füllen. Und China wird bereitstehen, um sich umfangreich und günstig einzukaufen. Parallel zu den wirtschaftlichen werden sich so auch die politischen Gewichte verlagern. Moskau schrumpft zum bloßen Juniorpartner Pekings.
Das jedoch ist nur die eine Seite der tragischen europäischen Entwicklung. Auch die Europäische Union und Deutschland werden Gewicht und Spielraum verlieren. Seit Jahren und Jahrzehnten predigen EU-europäische Spitzenpolitiker die Einheit und „gemeinsame Stärke“ ihrer Staaten-Union. In der Praxis dominieren dann aber regelmäßig das Klein-Klein der Verordnungsbürokratie und die eifersüchtige Verfolgung nationaler Interessen auf Kosten der sonst so warmherzig gepriesenen „Partner“. Man war (und ist) vollauf mit Dingen beschäftigt wie dem teuren Aufrechterhalten einer funktionsuntüchtigen Einheitswährung oder dem Ringen um die Geldverteilung innerhalb der Union.
Als außenpolitischer Faktor blieb die EU unsichtbar: Schon in den Balkankriegen der 1990er Jahre, in der Antwort auf Washingtons Irakkrieg 2003 oder bei der Invasion in Libyen 2011 existierte die Union faktisch nicht. Aus diesen Erfahrungen hätten eigentlich Schlüsse gezogen werden müssen. Die „gemeinsame Stärke nach außen“ blieb Phrase, die auch Angela Merkel 16 Jahre lang ausstieß, ohne, wie René Pfister im „Spiegel“ beklagt, etwas dafür getan zu haben (siehe Seite 24).
Nun also scheint Europa, und zwar nicht nur die EU, gleichsam von der geopolitischen Weltkarte zu verschwinden. Russland wird zum Vorfeld chinesischer Weltmacht-Ambitionen. Eine Entwicklung, die in ihren Dimensionen den Atem stocken lässt. Und das westliche Europa mit den Zentren Berlin, Paris, Brüssel und London definiert sich weitestgehend fast nur noch durch seine Bündnistreue zu den USA.
Jan Kerzel am 04.04.22, 07:18 Uhr
Die Bündnistreue zu den USA war und ist für die BRD die einzig echte und gültige Garantie für Bestand und Wohlstand, etwas überspitzt gesagt, Fürsorge gegen Einordnung, vielleicht auch Subordination. Den großen europäischen Partnern ist man strategisch, taktisch und intellektuell alleine sowieso nicht gewachsen. Die Russlandpolitik und die Energiepolitik zeigen zudem, dass man auch sonst kaum in der Lage ist, etwas Sinnvolles und Gehaltvolles zu generieren, man liegt einfach generell sehr bemüht daneben. Was man hinbekommt sind große , sich selbst tragende Bürokratien und Ministerien. Dies ist eine Form von Aktionismus, Ausdruck einer verqueren ideologischen Wichtigkeit. Teure heiße Luft, leider in den Staatsmedien weitgehend ignoriert, wo gnadenlose Kritik angebracht wäre. Die Realität ist und bleibt der Lehrmeister. Die Wolkenschiebereien der Einfältigen werden , gottseidank, keinen Bestand haben.