Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Im Bundestag steht nach wie vor die Wahl von drei neuen Richtern für das Bundesverfassungsgericht an. Formal Routine – faktisch ein Machtspiel, das zum Drama wurde. Parteipolitisches Taktieren prägt den Prozess. Auffällig: Kaum jemand benennt, welche Haltung und Tugenden die künftigen Verfassungsrichter verkörpern sollen.
Der Fall Brosius-Gersdorf verdeutlicht diese Orientierungslosigkeit. Die Staatsrechtslehrerin zog ihre Kandidatur zurück – wegen diffuser Kriterien, die eine Debatte auslösten, die für die politischen Verantwortlichen, allen voran Kanzler Friedrich Merz, nicht schlimmer hätte verlaufen können. Ihr Rückzug wirkt wie ein symbolischer Schlussstrich unter eine Bewerbung ohne erkennbaren geistigen Bezugspunkt – ein Sinnbild für eine Rechtskultur, in der nicht Werte, sondern Machtlogik dominiert.
Das Amt eines Richters reicht weit über moderne Staatsordnungen hinaus. In den ältesten Kulturen war er nicht bloß juristischer Funktionsträger, sondern Mittler zwischen einer höheren, überzeitlichen Ordnung und den Konflikten der Menschen. In der biblischen Tradition verkörpert Mose diese Rolle: Er empfängt die Zehn Gebote von Gott – und tritt im Auftrag des Volkes vor ihn, weil dieses die direkte Begegnung scheut. Diese doppelte Auserwählung – von oben und von unten – macht ihn zu einem einzigartigen Mittler und leitete sein Richteramt ab.
Parteiproporz statt Kompetenz und Unabhängigkeit
Ein Richter ist nicht Werkzeug politischer Agenden, sondern Hüter des Rechts, das der Macht Grenzen setzt. Er braucht Urteilskraft, Verantwortung und Maß. Seit der Antike steht er zwischen weltlicher Autorität und übergeordneter Ordnung
– als Werkzeug der Macht oder deren Korrektiv. Auch die mittelalterliche Magna Carta lehrt: Unabhängigkeit lebt von der kulturellen Einsicht, dass es ein Recht über dem Herrscherwillen gibt.
Die Aufklärung veränderte das Fundament. An die Stelle göttlicher Maßstäbe trat das positive Recht: Gesetze galten, weil eine legitimierte Autorität sie erlassen hatte. Das 20. Jahrhundert zeigte dann, wie gefährlich das ist: NS-Deutschland, Stalins Sowjetunion und die DDR machten die Justiz zum Werkzeug der politischen Herrschaft – Gesetze wurden exekutiert, nicht Gerechtigkeit.
Die aktuelle Wahlposse um das Bundesverfassungsgericht zeigt, wie weit das Verfahren von seinem Ursprung abgerückt ist. Statt über Kompetenz und Unabhängigkeit zu debattieren, geht es um Parteiproporz. Der Vorschlag Markus Söders, Verfassungsrichter künftig mit einfacher Bundestagsmehrheit zu wählen, würde die Justiz vollends parteipolitischen Besetzungen ausliefern – mit allen Risiken.
Der Streit im Bundestag legt ein fundamentales Problem offen: Ohne ein gemeinsames Verständnis, dass Richter einer höheren Idee von Recht verpflichtet sind, wird das Amt zum Werkzeug politischer Macht. Unklare Auswahlkriterien garantieren die Wiederholung des Dramas. Für Bundeskanzler Merz wäre dies die Stunde, Maßstäbe zu setzen – doch alles spricht dafür, dass er sie verstreichen lässt. Die Frage ist dringlicher denn je: Institutionelle Verantwortung oder politische Opportunität? Wer Macht trägt, kann ihr nicht entkommen – egal, wie glatt er auftritt.
Peter Wendt am 14.08.25, 09:12 Uhr
Unerträglich! Unerträglich auch die Äusserungen von Brosius- Gersdorf, die der Mitkandidatin sind auch kein Haar besser. Beide sehen sehen sich als Politikerinnen in roten Robben, ohne ausreichende Qualifikation. Einzig dem Ziel verpflichtet politischen Einfluss zu nehmen, am Souverän, den Bürgern vorbei. Wirklich schuldig sind aber diejenigen die diese beiden Damen vorgeschlagen sowie die Abgeordneten der Union die viel zu spät reagiert haben.