10.03.2025

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Bestehende Solarmodule unweit vom neuen Photovoltaikfeld nahe Hornbach
Bild: Till Scholtz-KnoblochBestehende Solarmodule unweit vom neuen Photovoltaikfeld nahe Hornbach

Östlich von Oder und Neiße

Fernwärme schweißt geteiltes Görlitz zusammen

Eine grenzüberschreitende Wärmeversorgung ist erste substantielle Zusammenarbeit

Till Scholtz-Knobloch
03.03.2025

Das 1945 an der Lausitzer Neiße geteilte Görlitz nennt sich „Europastadt“. Es gibt 35 Jahre nach der Wende endlich eine Buslinie, mit der man immerhin einige wenige Meter bis in das Zentrum der polnischen Stadthälfte vordringen kann – aber schon die beiden polnischen Bahnhöfe sind an dieses gefeierte und zugleich dürftige Projekt nicht angeschlossen. Dabei haben die Polen längst elektrifiziert und viele Görlitzer auf deutscher Seite stehen immer noch vor der Frage: Und wie erreiche ich nun manche attraktive Zugverbindung nach Breslau, weil der fehlende Fahrdraht über das Neißeviadukt die deutsche Stadthälfte abtrennt? Einmal im Jahr tagten der deutsche und der polnische Stadtrat symbolträchtig zusammen, und bei Solidaritätsbekundungen drücken die Stadtoberhäupter Rafal Gronicz und Octavian Ursu für die Kameras auf der Altstadtbrücke die Hände.

Nach dem Kappen sämtlicher Versorgungsinfrastrukturen nach dem Krieg, wird es nun aber erstmals wirklich substantiell. Ausgerechnet die grüne Wärmepumpenagenda schweißt beide Seiten einmal wirklich zu einer echten Einheit zusammen. Die dazugehörige Pressemitteilung der Stadtwerke Görlitz AG vereint im Grunde sämtliche Erscheinungen der heutigen Zeit, beginnend beim englischen PR-Namen „United Heat“ – also „Vereinte Wärme“. So jedenfalls kommt nun das lange angekündigte Fernwärmesystem für die deutsche und polnische Seite von Görlitz daher, das natürlich – wie jede große Idee – nicht weniger als ein „Meilenstein“ sein soll.

Bis 2030 soll eine „vollständig klimaneutrale Wärmeversorgung“ grenzüberschreitend für die Stadt geschaffen werden. Wobei trotz aller postulierter Europastadteinheit die Stadtwerke natürlich penetrant weiter von den beiden Städten Görlitz und Zgorzelec sprechen. Aber auch darin liegt kein Unterschied zur deutschen Stadtverwaltung, die offiziell immer statt von einer „Europastadt Görlitz“ von der „Europastadt Görlitz/Zgorzelec“ spricht und damit die beschworene Einheit gleich wieder mutwillig teilt. Gleichwohl enthält das Anliegen „United Heat“ natürlich auch eine echte Substanz, denn mit dem Zusammenschluss der Netze winkt eine effizientere Versorgung – ob diese deswegen „nachhaltiger“ sein wird, wie im gleichen Atemzug in Anhäufung stets gleicher Wortschatzbausteine behauptet, einmal dahingestellt.

2020 hatten die Bürgermeister beider Seiten eine Absichtserklärung für „United Heat – Fernwärme für die Europastadt“ unterschrieben. Seither arbeiten die Stadtwerke Görlitz mit dem SEC Zgorzelec an dem Projekt. Aktuell gibt es im deutschen West-Görlitz vier separate Fernwärmegebiete, die hauptsächlich mit Erdgas betrieben werden. Ost-Görlitz [Zgorzelec] verfügt über ein zusammenhängendes Netz, das aus Braunkohleverbrennung und Erdgas gespeist wird. Bis 2030 sollen die Wärmenetze beider Stadthälften nicht nur verbunden, sondern auch vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellt werden. Geplant ist der Bau von zwölf Kilometern Fernwärmeleitungen. Die Wärmequellen umfassen Wärmepumpen, deren Bedarf teils aus dem Berzdorfer See und Klärwasser gespeist werden soll (über 30 Prozent), Solarthermie mit saisonalen Speichern (17 Prozent), Biomasse (48 Prozent) und dazu Abwärmenutzung sowie 'Power-to-Heat-Technologien' (zwei Prozent).

Anfang 2024 waren erste Förderanträge bei der EU gestellt, mit denen sowohl Planungskosten als auch Bauvorhaben gedeckt werden sollten. Auch nationale Fördermittel wurden beantragt – bisherige Rückmeldungen seien „positiv“. Ein zusätzlicher Förderantrag für weitere Erzeugungsanlagen und Leitungen sei im Januar 2025 eingereicht worden. Immerhin wird eingeräumt, dass die endgültigen Zusagen entscheidend für die Umsetzung des Projekts seien. Auf deutscher Seite wurde ein 37 Hektar großes Areal nahe des Hornbach-Marktes für Solarmodule und einen saisonalen Wärmespeicher erworben. 2025 sollen die ersten Bauarbeiten auf deutscher Seite beginnen, darunter die Erweiterung von Klärgasspeichern und der Bau einer Verbindungsleitung zwischen dem Blockheizkraftwerk Königshufen und der Kläranlage Nord. Auf polnischer Seite ist der Bau eines Biomasseheizwerks geplant.


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